Im Interview spricht Rosmarie Pamer über dringende Lösungen für Familien, neue Modelle bei der Pflege und warum die Grundsicherung neu aufgestellt werden soll.<BR /><BR /><b>Schon angekommen in der Landespolitik?</b><BR />Rosmarie Pamer: Nach den Landtagswahlen habe ich natürlich ein wenig Zeit gebraucht, mein altes Leben abzuschließen. Ich habe ja noch bis 10. November in der Mittelschule unterrichtet und war bis dahin auch Bürgermeisterin. Bis zu meiner Ernennung zur Landesrätin war ich mit den Kollegen Luis Walcher und Peter Brunner in einem Großraumbüro untergebracht. Jetzt habe ich das große Glück, dass ein Großteil des bisherigen Teams meiner Vorgängerin bleibt. Ich bin jedenfalls froh, dass wir jetzt endlich starten. <BR /><BR /><b>Sie sind als pragmatische Frau bekannt. Wie oft haben Sie in den letzten Tagen und Wochen die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen?</b><BR />Pamer: Was da bei der Wahl von Landeshauptmann, Landesregierung und Landtagspräsidium passiert ist, war eine Show. Natürlich will jeder die Chance nutzen, sich in Szene zu setzen. Als ich 1995 in den Gemeinderat kam, waren alle total zerstritten, im Vereinssaal saßen 200 Leute, die von den Rängen gebrüllt haben, die Carabinieri standen vor der Tür ... Ich denke, dass ich schon weit Schlimmeres mitgemacht habe, als das, was da im Landtag gelaufen ist.<BR /><BR /><b>Sie sind nicht mehr Landesrätin für Soziales, sondern für sozialen Zusammenhalt. Warum diese Umbenennung?</b><BR />Pamer: Diese Namensänderung ist ganz bewusst passiert. Mit Soziales waren immer nur Beiträge und Dienstleistungen für Bedürftige verbunden, also rein sozioökonomische Hilfen. Mit sozialem Zusammenhalt werden jetzt 2 Aspekte verbunden: der klassische Bereich, aber eben auch der Zusammenhalt, bei dem es um Werte wie Solidarität, Zusammenhalt und Chancengerechtigkeit geht. Wenn wir es schaffen, dass die Stärkeren den Schwächeren helfen, schaffen wir damit auch sozialen Frieden. Der Zusammenhalt, den wir immer beschwören, ist nämlich nicht mehr so, wie er einmal war.<BR /><BR /><b>Vielen Familien im Land bereitet die Sommerbetreuung ihrer Kinder Sorgen. Schon Ideen für eine Lösung?</b><BR />Pamer: Die Zahl der Angebote ist deutlich gestiegen, aber eben auch die Bedürfnisse der Eltern, da die Berufstätigkeit beider Elternteile aufgrund der Teuerungen deutlich zugenommen hat. Unsere Aufgabe ist, die finanzielle Unterstützung für die Anbieter der Sommerangebote zu garantieren. Ziel muss sein, ein Angebot aufzubauen, das alle Ferienwochen abdeckt. Gemeinsam mit allen Akteuren sollte das auch gelingen. Dafür müssen wir unbedingt eine bessere Koordination in die Gemeinden bekommen, um den Eltern damit mehr Planungssicherheit zu gewährleisten. Heute ist die Sommerbetreuung nämlich von Gemeinde zu Gemeinde verschieden geregelt. <BR /><BR /><b>Vor den Wahlen gab es die Forderung nach einem Sommerkindergarten. Wie sieht's da aus?</b><BR />Pamer: Die Forderung nach einem Ganzjahreskindergarten steht auch im Koalitionsprogramm. Es braucht eine Lösung für die Vernetzung zwischen Bildungseinrichtungen und Betreuungsmöglichkeiten. Das ist unser klares Ziel, und das habe ich mit dem Kollegen Achammer auch schon so besprochen. <BR /><BR /><b>Sie wollen eine Betreuung für jedes Kind schon ab dem ersten Lebensjahr. Wie realistisch ist, dass das klappt?</b><BR />Pamer: In Bayern funktioniert das schon. Natürlich ist das bei uns ein langfristiges Ziel. Da müssen wir die Gemeinden mit ins Boot holen, Kooperationen zwischen Kindergärten und Kleinkindbetreuung suchen.<BR /><BR /><b>Für all das muss ordentlich viel Geld in die Hand genommen werden. Wie viel ist denn im Haushalt derzeit für Ihre Ressorts vorgesehen?</b><BR />Pamer: Mit den 70 Mio. Euro., die heute in der Landesregierung an Aufstockung beschlossen werden, sind es rund 700 Mio. Euro. Das ist zwar schon mehr als im Vorjahr, aber mit dem Nachtragshaushalt muss sicher nachgebessert werden. Da mache ich mir keine Sorgen, dass wir das nötige Geld dann auch bekommen.<BR /><BR /><b>Ihre Vorgängerin hat stets angemahnt, der Bereich Soziales sei unterfinanziert. Haben Sie einen besseren Draht zum Finanzlandesrat, sprich zum Landeshauptmann? </b><BR />Pamer (lacht): Nein, das glaube ich nicht. Wir haben aber ein klares Regierungsprogramm mit entsprechenden Zielen. Und wenn man die erreichen will, braucht es eben das nötige Geld dafür. Wer weiß, vielleicht rede ich in einem Jahr ganz anders.<BR /><BR /><b>Weiterer dicker Brocken in Ihrem Ressort ist die Pflege. Wie sieht es dort aus?</b><BR />Pamer: Wir haben in dem Bereich schon große Anstrengungen unternommen und noch größere stehen noch an. Nicht so sehr finanzieller Natur, sondern beim Fachkräftemangel. Wir wissen, dass in den Seniorenwohnheimen pro Jahr 100 Leute in Pension gehen werden. Bei der Ausbildung wollen wir jetzt verstärkt auch in die Peripherie hinausgehen, Kurse in Mals, Toblach, Ulten, St. Leonhard anbieten. <BR /><b><BR />Damit allein wird's nicht getan sein oder?</b><BR />Pamer: Sicher nicht. In der Pflege müssen wir, wo immer möglich, künstliche Intelligenz einsetzen. In einigen Altersheimen gibt es schon Pilotprojekte wie z.B. bei der Medikamentenausgabe. Statt 4 Personen braucht man dank KI für diese Arbeite nur mehr eine. Deutlich forcieren müssen wir den Bereich betreutes Wohnen. Und neue Wege müssen wir bei denen gehen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Mir schwebt da ein Modell vor, wonach die Pflegenden z.B. vom Altersheim angestellt werden. Damit wären sie dann für die Pflegezeit auch rentenversichert. Die häusliche Pflege brauchen wir jedenfalls unbedingt, sonst bricht uns bei der vorliegenden demographischen Entwicklung das ganze System zusammen.<BR /><BR /><b>Ihr Motto lautet: Weg von der Gießkanne, hin zu wirklichen Hilfen. Wie soll das aussehen?</b><BR />Pamer: Das soziale Mindesteinkommen ist unbedingt auf neue Beine zu stellen. Dafür haben in den vergangenen Jahren nicht mehr so viele angesucht – auch weil in die Berechnung fürs Mindesteinkommen sogar noch das Sparbuch der Kinder mit einberechnet wird. Mir würde vorschweben, längerfristig eine neue Grundsicherung aufzubauen.<BR /><b><BR />Was heißt das konkret?</b><BR />Pamer: Nun, die Forderung, alle Renten auf 1000 Euro anzuheben, ist populistisch zwar toll, aber trügerisch. Längst nicht alle Mindestrentner sind wirklich arme Leute. Die Hilfe muss die treffen, die es wirklich brauchen. Möglich, dass es die eine oder andere Beihilfe, die heute ausgezahlt wird, morgen nicht mehr gibt. <BR /><BR /><b>Der Aufschrei darüber dürfte enorm sein.</b><BR />Pamer: Wenn die Menschen spüren, dass es sich um gerechte Lösungen handelt, dürfte der nicht einmal übermäßig groß sein. Dass man sich vielfach auf Unterstützung und Beiträge ausrichtet, ist sicher nicht der richtige Ansatz. Wir müssen uns dieses System, das wir uns in Südtirol aufgebaut haben, gut anschauen.<BR /><h3> Zur Person</h3><BR /><div class="img-embed"><embed id="992734_image" /></div> <BR /><BR /> In St. Martin in Passeier aufgewachsen, absolvierte Rosmarie Pamer (52) nach der Matura an der Uni Innsbruck ein Diplomstudium in Biologie, unterrichtete danach an der Mittelschule St. Martin Mathematik und Naturkunde. Der politische Werdegang Pamers begann 2010. Damals wurde sie zur Bürgermeisterin der Gemeinde St. Martin i.P. gewählt. Dieses Amt legte sie nach ihrer Wahl in den Landtag im November letzten Jahres ebenso nieder wie jenes als Referentin für Soziales in der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, das Pamer ebenfalls von 2010 bis 2023 inne hatte. <BR /><BR />Seit 2022 ist sie Obfrau des SVP-Bezirkes Burggrafenamt. Pragmatisch, mathematisch, gut organisiert – so beschreibt sie sich selbst. Rosmarie Pamer lebt mit ihrem Partner Florian Zipperle zusammen und ist Mutter von Max, mit 15 Jahren der jüngste Mesner im Land. In ihrer freien Zeit engagiert sie sich bei der Psairer Lebensmitteltafel, deren Präsidentin sie ist. <Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><BR /><BR /><BR /><BR />