Wenn NGO-Mitarbeiter Hilfen aus dem Ausland nicht offenlegen, müssen sie mit Geld- oder sogar Haftstrafen rechnen. Menschenrechtler befürchten, dass sie als Spione ausgegrenzt und verfolgt werden. Die Beratungen in der Duma wurden von Protesten vor dem Parlamentsgebäude begleitet.In der von der Regierungspartei Geeintes Russland dominierten Staatsduma stimmten 320 Abgeordnete in erster Lesung für den Entwurf, wie die Agenturen Interfax und RIA Novosti meldeten. 226 Stimmen hätten gereicht. Es gab zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung. Von den insgesamt vier vertretenen Parteien in der Duma verweigerte lediglich die populistische Partei Gerechtes Russland ihre Unterstützung.Für eine Verabschiedung des Gesetzes sind in der Duma drei Lesungen sowie die Unterschrift von Präsident Wladimir Putin notwendig. Das weitere parlamentarische Verfahren gilt allerdings nur noch als Formsache. Nach Angaben der Moskauer Tageszeitung „Wedomosti“ (Freitag) tragen Behörden bereits NGOs in ein Sonderregister ein, obwohl das Gesetz noch nicht gilt.Neben schärferen Kontrollen sieht das NGO-Gesetz vor, dass jede Geldtransaktion aus dem Ausland an die Adresse einer russischen Nichtregierungsorganisation, die über 200.000 Rubel (knapp 5000 Euro) liegt, der Staatsaufsicht unterliegt. Das Finanzministerium hat der Staatsduma jährlich über die Betätigung dieser Nichtregierungsorganisationen zu berichten. Für Verstöße legt das neue Gesetz Geldstrafen von bis zu einer Million Rubel (fast 25.000 Euro) und bis zu vier Jahren Haft fest.Nach offizieller Darstellung dient das Gesetz dazu, ausländische Staaten daran zu hindern, auf die Innenpolitik Russlands Einfluss zu nehmen. Beobachtern zufolge zielt das Gesetz etwa auf die Wahlbeobachterorganisation Golos, die Unregelmäßigkeiten bei den jüngsten Wahlen in Russland angeprangert hatte, und auf die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International. Betroffen sein dürften aber auch Umweltorganisationen sowie Aktivisten, die sich für Menschen- und Freiheitsrechte stark machen.Das neue Gesetz werde die Spaltung der russischen Gesellschaft verschärfen, kritisierte Ilja Ponomarjow von Gerechtes Russland das Vorhaben in einer Rede vor der Duma. Anhänger der nicht im Parlament vertretenen liberalen Oppositionspartei Jabloko hielten vor dem Gebäude ein Spruchband hoch, auf dem sie das Vorhaben als „Schritt auf dem Weg zu einem faschistischen Staat“ verurteilten. Das Gesetz sei „außerordentlich diskriminierend“, erklärte ihrerseits Tatjana Morschtschakowa, eine der Autorinnen der russischen Verfassung. Auch vom Menschenrechtsrat, der den Kreml berät, kam Kritik. Der Menschenrechtsratsvorsitzender Michail Fedotow warnte, dass selbst die Russisch-Orthodoxe Kirche als „ausländischer Agent“ eingestuft werden könnte.Die Regierung hingegen verteidigte den Gesetzesentwurf. Außenminister Sergej Lawrow sagte, dass das neue russische NGO-Gesetz sich in Vielem an das US-Recht anlehne. Unter anderen sei der Begriff „Auslandsagent“ entlehnt worden. Das Vorhaben diene dazu, die Institutionen der Zivilgesellschaft zu verbessern, meinte der Fraktionschef der Regierungspartei, Andrej Worobjow. Die einflussreiche orthodoxe Kirche sprach von einem „wichtigen Instrument gegen antirussische Politik“.Erst vor wenigen Wochen hatte die Duma drastischere Geldstrafen für Verstöße gegen das Demonstrationsrecht erlassen. Bürgerrechtler klagen, dass Präsident Putin seit seiner Rückkehr in den Kreml im Mai schärfer gegen Kritiker vorgehen lässt. Putin sieht sich derzeit einer beispiellosen Protestbewegung gegenüber, für die er den Westen mitverantwortlich macht. Die nun angestoßene Verschärfung des NGO-Gesetzes sei „innerhalb weniger Wochen der zweite schwere Schlag für die Zivilgesellschaft in Russland“, kritisierte der Russland-Koordinator der deutschen Regierung, Andreas Schockenhoff. apa/dpa/afp/ria