Er behauptet auch gerne, dass beide Länder daran arbeiten, ihre Steuersysteme aufeinander abzustimmen. Das stimmt allerdings nur bedingt. Das französische Interesse am deutschen Steuersystem ist erheblich höher als umgekehrt. Das hat nicht zuletzt innenpolitische Gründe: „Die Deutschen machen es auch so“ ist für ihn ein gutes Argument, um eine radikale Wende in seiner Steuerpolitik zu rechtfertigen.Als Sarkozy 2007 ins Amt kam, führte er einen sogenannten Steuerschutzschild ein: Niemand sollte mehr als die Hälfte seines Einkommens für Steuern zahlen. Sarkozy wollte damit verhindern, dass sich besonders wohlhabende Steuerzahler ins Ausland absetzten - so wie beispielsweise der von vielen Franzosen verehrte Altstar Johnny Hallyday, der sich aus Steuergründen in der Schweiz niederließ.Die Mission „Hol den Johnny zurück“ misslang, der Rockstar kam trotz der Deckelung nicht zurück. Und Sarkozys schöne Absichten kamen bei der Bevölkerung nie richtig an. Viele teilten die Auffassung der Opposition, dass der Schutzschild lediglich ein Steuergeschenk für die Reichen sei und den Staat unnötig Geld koste. Vor diesem Hintergrund sah es auch nicht besonders gut aus, dass ausgerechnet die reichste Frau Frankreichs, L’Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, wegen dieser Regelung im vergangenen Jahr 30 Millionen Euro zu viel gezahlte Steuern wieder zurückbekam. Selbst Haushaltsminister Francois Baroin räumte nun ein, dass die 50-Prozent-Regel zu einem „Symbol der Ungerechtigkeit“ geworden ist.Paradoxerweise hatte Sarkozy schon bei der Einführung des Steuerschutzschildes auf das Vorbild Deutschland verwiesen. Mehrfach behauptete er, dass Deutschland eine vergleichbare Regelung sogar in der Verfassung festgeschrieben habe. Dass das nicht den Tatsachen entsprach, haben französische Medien erst später aufgedeckt. Sarkozy hatte sich wohl fälschlich auf ein Urteil des Verfassungsgerichts von 1995 berufen.