Die Chefin von Fratelli d’Italia hat ihre 2012 mit Ignazio La Russa gegründete Partei konsequent mit viel Geschick aufgebaut. Bei den Parlamentswahlen 2013 erreichte die Bewegung nur 2 Prozent und wuchs bis zu den Europaparlamentswahlen 2019 auf 6,4 Prozent an.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56206775_quote" /><BR /><BR /> Der Durchbruch gelang ihr jetzt, weil sie während der Regierung Mario Draghi konsequent in der Opposition blieb. Geschickt konnte sie die Unzufriedenheit der Italiener mit der hohen Arbeitslosigkeit, der kränkelnden Wirtschaft, dem Verlust der Kaufkraft und zuletzt die Teuerungen von Gas und Strom auf ihre politischen Mühlen lenken.<BR /><BR /> Die Italiener haben das bisherige politische Spektrum abgestraft und ihre Hoffnungsträgerin gewählt: „Giorgia wird alles besser machen!“ Für viele irrelevant war dabei wahrscheinlich die politische Ausrichtung von Fratelli d’Italia, die immer noch die Fiamma Tricolore der alten postfaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI) im Parteizeichen führt. Meloni hat glaubhaft kommunizieren können, dass sie mit dem Faschismus gebrochen hat und dass es ihr nur um das Wohl der Bürger geht.<BR /><BR /> Diese Glaubwürdigkeit hat sich Meloni erarbeitet. Meloni ist in einem Arbeiterviertel Roms aufgewachsen, stammt aus einfachen Verhältnissen, ist alleinerziehende Mutter einer 6-jährigen Tochter und hat sich hart nach oben arbeiten müssen, wie ihre Schwester Arianna festgestellt hat: „Was wir erreicht haben, haben wir ohne Hilfe und trotz vieler Hindernisse erreicht.“ <BR /><BR /><embed id="dtext86-56206776_quote" /><BR /><BR />Die smarte und redegewandte 45-jährige Römerin hat den Wahlsieg geschafft. Nach der Kür kommt jetzt aber die Pflicht. Wird es ihr auch gelingen, mit Matteo Salvinis Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia eine standfeste Regierung zu bilden? Die Bündnispartner sind aus der Wahl geschwächt hervorgegangen. An Salvinis Stuhl sägen die Urgesteine der Lega im Norden, die sich lieber auf ihre Anti-Rom-Politik konzentrieren wollen, um zu Hause die Regionalwahlen zu gewinnen.<BR /><BR /> Bei Forza Italia wird schon vom Ende des Berlusconianismus gemunkelt, was das Aus für die politische Bewegung bedeuten könnte. Bei der Regierungsbildung werden aber beide die Schmach der Wahlniederlage mit wichtigen Ministerposten wettmachen wollen.<BR /><BR />Zudem muss sich Meloni auch gegenüber Brüssel und den anderen europäischen Staaten in Acht nehmen. Gegen Brüssel schimpfen und gleichzeitig Millionenzuschüsse kassieren, wird sich nicht ausgehen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56206777_quote" /><BR /><BR /> Die erste Ministerpräsidentin Italiens steht vor schwierigen Aufgaben, um das Land zu regieren und erfolgreich aus der Dauerkrise zu führen. Meloni dürfte folglich anderes auf der Agenda haben, als die Südtirol-Autonomie zu beschneiden, wie die ersten Hilferufe in Südtirol glauben machen wollen. Bisher hat noch keine Rechtsregierung in Italien die Autonomie beschnitten. <BR /><BR />Die Lega ist bekanntlich autonomiefreundlich, und Silvio Berlusconi hat uns in seinen Regierungsjahren auch nicht geschadet. Zudem werden Meloni und ihre Minister unter ständiger Beobachtung in Europa stehen. <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/soeder-werde-mich-kuenftig-mehr-um-das-wohl-der-suedtiroler-kuemmern" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat ja schon angekündigt, dass er auf seine Südtiroler schauen werde, damit ihnen nichts genommen wird. </a><BR /><BR />Die SVP ist zudem mit einer starken Mannschaft wieder im Parlament präsent. Sie hat zwar Stimmen eingebüßt, die von einigen gefürchtete und von anderen gewünschte schallende Ohrfeige der Wähler ist aber ausgeblieben. 2 Senatoren und 3 Kammerabgeordnete sind ein Erfolg.<BR /><BR /> Einziger Wermutstropfen ist das um Haaresbreite verpasste Senatsmandat für Manfred Mayr. Etwas über 400 Stimmen haben gefehlt, die in Bozen/Unterland/Überetsch sicher drin gewesen wären, wenn die SVP-Wahlkampfmaschinerie wie früher funktioniert hätte. <BR /><BR />Einen Alleinvertretungsanspruch kann die SVP im Parlament aber ohnehin nicht mehr stellen. Der im Wahlkreis Süd gewählte Gigi Spagnolli (PD) hat schon angekündigt, „die Nicht-SVP-Wähler“ vertreten zu wollen. Auch von Michaela Biancofiore (für FI in Rovereto gewählt) und Alessandro Urzì (für FdI in Vicenza gewählt) werden keine SVP-unterstützenden Aktionen zu erwarten sein. <BR /><BR />Schade, dass der autonomiefreundliche Bozner Filippo Maturi (Lega) den Sprung in die Kammer nicht mehr geschafft hat; sonst gäbe es einen neuen Rekord an Abgeordneten aus Südtirol. <BR /><BR />toni.ebner@athesia.it<BR /><BR /><b>Alle Berichte zu den Parlamentswahlen in Italien <a href="https://www.stol.it/tag/Parlamentswahlen%202022" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">lesen Sie hier.</a></b>