Mario Draghi hat gestern den Auftrag von Staatspräsident Mattarella zur Bildung einer neuen Regierung angenommen. Hier ein Überblick, über die Lage der Dinge in der seit mittlerweile 3 Wochen andauernden Regierungskrise und über die kommenden Schritte! <i><BR /><BR /><BR /><BR />Von Rupert Bertagnolli</i><BR /><BR /><BR /><b>Hat Italien jetzt keine Regierung mehr?</b><BR />Doch, denn auch eine im Parlament gescheiterte Regierung bleibt immer so lange geschäftsführend im Amt, bis eine neue Regierung vereidigt wird. Neue Gesetzesvorschläge kann eine solche Regierung aber nicht mehr im Parlament einbringen. <BR /><BR /><b>Warum bestimmt eigentlich Staatspräsident Mattarella den neuen Premier?</b><BR />Die italienische Verfassung sieht keine Direktwahl des Ministerpräsidenten vor. Dieser wird vom Parlament gewählt und muss kein Parlamentarier sein; so ist ja zum Beispiel Ministerpräsident Giuseppe Conte selbst kein Abgeordneter. Jedenfalls: Hat ein Premier im Parlament keine Mehrheit mehr, hat der Staatspräsident grundsätzlich die Möglichkeit, eine Persönlichkeit seiner Wahl mit einer Regierungsbildung zu beauftragen, von der er annimmt, dass sie eine Mehrheit im Parlament erhalten kann – so wie jetzt eben Mario Draghi. Üblicherweise erhält aber nach einer Parlamentswahl der Chef der Partei mit den meisten Abgeordneten im Parlament bzw. der Premierkandidat dieser Partei den Regierungsauftrag vom Staatspräsidenten. <BR /><BR /><b>Kann Draghi als Premier jetzt gleich loslegen?</b><BR />Nein, er muss in den kommenden Tagen Gespräche mit allen Parteien im Parlament führen, um zu klären, ob eine Mehrheit der Parlamentarier in Kammer und Senat ihn bzw. eine von ihm geführte Regierung überhaupt unterstützt. Conte hatte nach dem Ausscheiden Mitte Jänner von Italia Viva aus der Regierungskoalition keine solche Mehrheit mehr, daher ist seine Regierung gescheitert. <BR /><BR /><b>Und was passiert, wenn Draghi bei seinen Gesprächen scheitert?</b><BR />Dann wird der 73-jährige Wirtschaftswissenschaftler seinen Auftrag für die Bildung einer Regierung - den er gestern wie in solchen Fällen üblich „unter Vorbehalt“ angenommen hat – bei Staatspräsident Mattarella zurücklegen und wie schon zuvor wieder ein einfacher Bürger. Denn auch Draghi ist kein Parlamentarier. <BR /><BR /><b>Was macht Mattarella dann?</b><BR />Der Staatspräsident hat dann laut Verfassung letztlich 2 Möglichkeiten: 1.) Er beauftragt eine andere Persönlichkeit seiner Wahl mit einem Regierungsauftrag. 2.) Er löst das Parlament auf und ruft Neuwahlen aus. <BR /><BR /><b>Und was passiert, wenn Draghi in den kommenden Tagen bei seinen Gesprächen eine Mehrheit der Parlamentarier von seinem Programm überzeugen kann?</b><BR />Dann wird Draghi zum Staatspräsidenten gehen, den Regierungsauftrag offiziell annehmen und Mattarella eine Ministerliste vorlegen.<BR /><BR /><b>Kann Draghi dann sofort als Ministerpräsident loslegen?</b><BR />Nein, der Staatspräsident muss ein Dekret für dessen Nominierung unterschreiben und Draghi muss, zusammen mit seiner Regierungsmannschaft, vor dem Staatspräsidenten den Amtseid auf die italienische Verfassung ablegen. Damit gilt die Vorgängerregierung als abgelöst.<BR /><BR /><b>Also kann Draghi damit seine Arbeit als neuer Regierungschef beginnen?</b><BR />Draghi muss dann innerhalb von 10 Tagen dem Parlament sein Programm vorlegen und eine Mehrheit der Parlamentarier müsste für die Regierung Draghi stimmen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass seine Regierung arbeiten bzw. ihr Programm über Gesetze - die vom Parlament in Kommissionen und im Plenum diskutiert genehmigt werden - umsetzen kann. <BR /><BR />