Um sich diese Frage zu stellen, muss man kein „Komplott schmieden“, wie es der Landeshauptmann den Medien und Teilen seiner SVP unterstellt, sondern nur Zeitungen lesen. Im Interview mit der Wochenzeitung „ff“ sagt Durnwalder diese Woche selbst, von der Bürgschaft von Franz Pircher für die „Stein an Stein“ etwa „vor drei Wochen“ erfahren zu haben. „Ich habe ihm gesagt: Leg die Karten auf den Tisch, die Heimlichtuerei hat keinen Sinn. Im Grunde ist ja nichts dahinter, nichts Illegales, meine ich“, so Durnwalder wörtlich.Auf Anfrage der „Dolomiten“ erklärte Durnwalder gestern, „nicht die Bürgschaft gemeint zu haben“, von der er nichts gewusst habe. Vielmehr habe er Pircher vor etwa drei Wochen gefragt, ob er an der „Stein an Stein“ beteiligt sei. Pircher habe verneint. „Er hat mir aber von einer Zahlung in Höhe von 20.000 Euro erzählt“, so Durnwalder. Diese habe Pircher geleistet, als die Beteiligungsfirma EVB 2007 mit 30 Prozent in die „Stein an Stein“ bzw. das Kraftwerk Mittewald einstieg. Die 20.000 Euro habe Pircher „sogar in der Steuererklärung“ angeführt. Wie dem auch sei, allemal hat Durnwalder von dieser Zahlung weder Landesrat Michl Laimer informiert, der damals nach den Hintermännern forschte, noch SVP-Obmann Richard Theiner. „Wie beim Bozner Bunga-Bunga-Sexskandal zirkulierten in Sachen SEL vorletzte Woche immer mehr Namen: Jeder soll mitgemischt haben und jeder hat gesagt: Ich nicht“, so Theiner. Von den Bürgschaften hätten er und Laimer aber erst am Dienstag von den Medien erfahren. „Wie so vieles“, fügt Laimer hinzu.So auch von einem Schreiben, das unmittelbar nachdem die Dienststellenkonferenz am 22.?Mai 2009 die Erweiterung des Kraftwerks Mittewald abgelehnt hatte, beim Landeshauptmann anlangt. Für die „Stein an Stein“ bittet darin jemand mit Nachdruck und drei Rufezeichen um die „möglichst positive Erledigung“ des Erweiterungsprojektes. Jemand, weil das Schreiben nicht unterzeichnet war und der Landeshauptmann sich „beim besten Willen nicht erinnert“, wie es in sein Büro kam.Ein Promemoria ohne Unterschrift sei für ihn nichts Ungewöhnliches. „Ich bekomme täglich zehn bis vierzig Promemoria. Manche sind nicht unterschrieben. Ich bin eben für viele der Luis.“ Im konkreten Fall wolle er niemanden eintunken, weil er es „wirklich nicht mehr“ wisse. „Es könnte schon sein, dass das Schreiben von Franz Pircher abgegeben wurde. Schließlich hatte er den Auftrag von Paul Schweitzer, das Projekt voranzutreiben“, so Durnwalder. Selbst wenn es Pircher gewesen wäre, wäre aber „nichts dabei: Jeder Bürger hat das Recht, sich nach seinen Akten zu erkundigen.“Er jedenfalls habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. Über seine Sekretärin Martina Graf habe er das Schreiben am 27. Mai 2009 „nur an Amtsdirektor Ernesto Scarperi vom Gewässerschutz mit der Bitte um Stellungnahme weitergeleitet“, sagt Durnwalder. Diese bekam er am 10. Juni. Scarperi habe die Gründe für die Ablehnung des Projektes aufgelistet und angekündigt, mit dem Projektanten Kontakt aufzunehmen, damit es zu einem Variante-Projekt komme. Kurios ist allerdings, dass das ominöse Schreiben von der Finanzpolizei in „keinem Landesamt, sondern außerhalb“ sichergestellt wurde. Noch kurioser: Am selben Ort fand man auch der internen Vermerk des Landeshauptmanns an Scarperi. Wo dies war, darüber halten sich die Fahnder bedeckt. Größere Beschlagnahmen wurden jedenfalls in den Büros der Wirtschaftsberater Paul Schweitzer und Franz Pircher gemacht.Wie interne Vermerke nach außen geraten können, weiß der Landeshauptmann auch nicht. Allemal sei Scarperi bei seinem Nein zur Erweiterung geblieben. „Wenn ich wirklich, wie man mir unterstellen will, für die Stein an Stein interveniert hätte, dann hätte das Gutachten am Ende positiv sein müssen“, so Durnwalder. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Den am 18. Juni eingereichten Rekurs der Antragsteller gegen ihr erstes Nein lehnte die Dienststellenkonferenz des Landes am 24. Juli 2009 ab. Trotzdem erhält die Erweiterung des Kraftwerkes Mittewald am 24. August 2009 einstimmig grünes Licht von der Landesregierung, die sich über das negative Gutachten der Amtsdirektoren hinwegsetzt. Ein Varianteprojekt legten die Antragsteller nicht vor. Vielmehr seien die von ihnen vorgebrachten Gegenäußerungen laut Landesregierung „stichhaltig“ gewesen. bv/rc/D