<b>STOL: Sie sagen, es ist die richtige Herausforderung zum richtigen Zeitpunkt: Es ist aber kein einfacher. Die Reform des Dritten Sektors belastet die Südtiroler Vereinswelt sehr.</b><BR />Klaus Gufler: Es ist eine schwierige Zeit, die Arbeiten für die Ehrenamtlichen werden komplizierter und aufwendiger. In den Vereinen gibt es eine große Unsicherheit, wie sie die Auflagen der Reform umsetzen sollen. Man muss sich vor Augen halten: Die Verantwortungsträger in den Chören machen alles ehrenamtlich. Wir im Verband spüren ihre große Verunsicherung und versuchen sie zu unterstützen, wo es nur möglich ist. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="883010_image" /></div> <BR /><BR /><b>STOL: Kann der Verband helfen?</b><BR />Gufler: Große Hilfe ist notwendig. Die Unsicherheit im Land ist groß. Es ist nicht klar, was alles genau notwendig ist, um die Vereinstätigkeit weiterzuführen. Auch die Digitalisierung hat die formellen Auflagen erschwert: Obleute und Vorstände brauchen eine Spid-Identität, eine Pec-Adresse, die digitale Unterschrift, die Eintragung ins Vereinsregister und die Aktivierung der 5 Promille aus den Steuererklärungen sind umständlich. Das alles ist nicht hilfreich. Ich bin Obmann eines Männerchors: Mit aller Hilfe, die vonseiten des Landes geboten wird, war ich selbst einen halben Tag dran, die notwendigen Dinge zu aktivieren und die Formalitäten zu erledigen.<BR /><BR /><b>STOL: Für die Chöre waren schon die vergangenen 3 Jahre keine einfachen: Corona, Nachwuchssorgen und jetzt das. Haben schon Chöre aufgegeben?</b><BR />Gufler: Die Lust zu singen und die Freude an der Tätigkeit im Verein sind da, mehr denn je. Gerade nach Corona – als alle Tätigkeit praktisch lahmgelegt war – spüren die Menschen, wie wichtig es ist, sich in der Freizeit mit Gleichgesinnten zu treffen und Musik zu machen. Das tut der Seele gut.<BR /><BR /><b>STOL: Vizeministerin Maria Teresa Bellucci hat am Dienstag in einer Videokonferenz angekündigt, dass Rom für den Sommer <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/ehrenamt-bis-zum-sommer-will-rom-erleichterung-schaffen" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">ein Dekret plant, das Vereinfachungen für die Vereine bringen soll – zum Beispiel die Anhebung der Schwellenwerte.</a> Ist das die Lösung?</b><BR />Gufler: Grundsätzlich ist es ein Ansatz. Man muss sehen, wie die Änderungen dann ausfallen und welche Erleichterungen sie tatsächlich bringen. Die gesamten Formalitäten müssten vereinfacht werden und die Kompetenzen wieder ans Land gehen: Immerhin spielt das Vereinswesen in Südtirol eine größere Rolle als im restlichen Italien. Chöre mit kleinem Tätigkeitsprogramm, deren Mitglieder einfach Spaß am Singen haben, müssen denselben Formalismen entsprechen wie große staatliche Vereine und Vereinigungen. Die Leute machen das in ihrer Freizeit, nicht als wirtschaftliche Tätigkeit – das ist so nur schwer oder gar nicht machbar. Vielfach sind die Sänger ältere Leute. Der Chor ist für sie Freizeitgestaltung, das Singen Pflege eines wichtigen Kulturguts. Das sollte man nie vergessen.<BR /><BR /><b>STOL: Haben Sie das Gefühl, das wird zu wenig berücksichtigt?</b><BR />Gufler: Vielleicht haben wir in Südtirol die Schwierigkeit, dass das Ehrenamt in Italien nicht so ausgeprägt ist wie bei uns. Deswegen gibt es in Rom vielleicht wenig Verständnis für unsere Probleme. Mit den Vereinen kommt aber auch die Kultur und das Ehrenamt des Landes in Gefahr: Wir hören von Mitgliedern, die sagen, solange alles so formalisiert ist, können sie die Tätigkeit nicht mehr weiterführen.<BR /><BR /><BR /><b>Zur Person:</b><BR /><BR />Klaus Gufler (53) war seit 1994 in verschiedenen Funktionen in der Raiffeisenorganisation tätig. Die Freude am Singen haben ihm schon seine Eltern in die Wege gelegt. Gufler ist selbst Sänger bei Choriosum und beim Männerchor Neustift, dem er als Obmann vorsteht. Seit März ist er Geschäftsführer des Südtiroler Chorverbandes; die Stelle war seit Jänner vakant. Er sagt: „Mich hat die Herausforderung gereizt, etwas für das Chorwesen, die Kultur und das Soziale im Land zu tun. Das ist etwas, womit ich mich identifizieren kann, sodass ich jeden Tag mit Freude zur Arbeit gehe.“ Gufler wohnt in Brixen und hat 3 Söhne.<BR />