Ein Kommentar zur kniffligen Kür des deutschen Kanzler-Kandidaten.<BR /><BR /><BR /><i>Von Florian Stumfall, München</i><BR /><BR />Was dem biederen Bürger sein Horoskop in der Tageszeitung, das ist dem Politiker die Demoskopie der verschiedensten Institute. Glaubt man beispielsweise einem der jüngsten Ergebnisse einer solchen Umfrage aus dem Privat-Fernsehen, dann sollte die Entscheidung der beiden Unions-Parteien CDU und CSU, wer der gemeinsame Kanzler-Kandidat sein solle, längst entschieden sein. <BR /><BR />Dabei nämlich wurde nach den Präferenzen der Wähler bundesweit gefragt und das Ergebnis war dergestalt, dass der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Vorsitzende Laschet nur auf einen Punkt kam, wo der Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzende Söder deren neun verzeichnen konnte. Eine klare Sache, möchte man meinen: Danach ist Söder weitaus beliebter und genießt mehr Zuspruch als Laschet, und deshalb gebietet es die politische Vernunft, ihn zu nehmen.<BR /><BR />Ja, wenn es denn immer die Vernunft wäre, welche die Politik lenkt! Dann wäre manches einfacher, nicht nur die Suche nach einem Kanzler-Kandidaten. Freilich sagt man da bei der CDU, eine Umfrage sei noch keine Wahl und eben nur ein momentanes Stimmungsbild, das sich noch grundlegend ändern werde, und was man sich alles für solche Gelegenheiten zurechtgelegt hat. <BR /><BR />Kann ja sein, aber dennoch steht die CDU vor einer schweren Frage: Will sie einen aussichtsreichen Kandidaten, der aber von der CSU und somit aus Bayern kommt, oder vielleicht nicht doch lieber einen, der zwar wenig Aussichten auf den Sieg hat, aber doch wenigstens aus den eigenen Reihen stammt? Bisher hat man ja einen bayerischen Kanzler verhindern können, und sei es auch mit der Hilfe einer dritten Partei.<BR /><BR /><embed id="dtext86-48649621_quote" /><BR /><BR /><BR />Was aber Söder angeht, so hätte er, immer vorausgesetzt, man glaube an solche Vorhersagen mehr als an die Meteorologie, tatsächlich gute Aussichten auf einen Sieg bei den Bundestagswahlen im September. Eine andere Umfrage nämlich ergibt, dass Laschet als Kanzler-Kandidat mit nur 13 Prozent der Stimmen rechnen könnte, Söder aber mit 37. Das hat innerhalb der CSU eine strategische Überlegung laut werden lassen. Man solle, so heißt es, den gemeinsamen Kandidaten nicht durch elitäre Partei-Zirkel, sondern durch die Mitglieder beider Parteien bestimmen lassen.<BR /><BR />Das aber fürchtet die CDU wie der Teufel das Weihwasser. Denn wenn schon bei einer allgemeinen Umfrage Söder einen so deutlichen Vorsprung hat, dann wäre dieser, weil ja alle linken Stimmen des Wahlvolkes hier nicht zum Tragen kämen, bei einer Abstimmung innerhalb der Mitglieder der beiden Parteien umso größer. Darum heißt es bei den CDU-Granden wohl weiterhin: Gebt dem Aussichtslosen eine Chance!<BR /><BR /><BR />