Doch die Hürden sind für den gebeutelten Medienzaren alles andere als bewältigt und der Premier kann sich vorerst keinen Urlaub gönnen. Streit mit seinen Verbündeten, die Verhaftung eines Parlamentariers seiner Koalition, neue Justizermittlungen gegen ihn und die chronische Müllkrise in Neapel belasten den 74-jährigen Medienzaren, der einen heißen Sommer wie schon lange nicht mehr erlebt.Kammer stimmte für Festnahme Am Mittwochabend hätte die Enttäuschung für Berlusconi nicht größer sein können. Das Abgeordnetenhaus in Rom entzog einem Parlamentarier seiner Regierungspartei PdL die Immunität. Damit konnte der Abgeordnete Alfonso Papa wegen Korruption verhaftet werden und hat bereits seine erste Nacht im Gefängnis hinter sich. Die mit Berlusconi verbündete rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord hatte den Anweisungen des Premiers getrotzt und für die Verhaftung des Parlamentariers gestimmt. Sie verpasste damit Berlusconi einen Denkzettel, nachdem dieser vor der Abgeordnetenkammer behauptet hatte, dass er niemals einen Parlamentarier hinter Gitter schicken würde Tägliche Reibereien mit der Lega NordTägliche Reibereien mit der Lega Nord belasten generell Berlusconis Nerven und nagen an der Stabilität seines Kabinetts. Zankapfel ist unter anderem ein umstrittenes Regierungsdekret zur Bewältigung der chronischen Müllkrise in Neapel. Kernproblem ist die Möglichkeit, Müll von einer Region in eine andere zu transportieren und dort zu entsorgen. Dagegen wehrt sich die Lega Nord vehement. Zum Müllnotstand in Neapel stellte Lega-Nord-Minister Roberto Calderoli eine Bedingung an die Regierung: Die Lega werde für das Dekret stimmen, wenn die Abfälle im Süden bleiben. Berlusconi kämpft gegen die ZeitBerlusconi kämpft gegen die Zeit. Das Dekret muss noch vor der Sommerpause des Parlaments Ende Juli in ein Gesetz umgewandelt werden, denn es bleibt nur noch bis zum 30. August in Kraft. Sollte es bis zu diesem Zeitpunkt nicht zum Gesetz werden, muss das Kabinett einen neuen Text verfassen, was sich angesichts der Spaltung in der Regierungskoalition als besonders schwierig erweisen könnte. Inzwischen türmen sich weiter riesige Müllberge auf den Straßen Neapels. „Die Situation der Umwelt und die gesundheitliche Lage ist gravierend, es besteht konkrete Gefahr für die Gesundheit der Bürger“, sagte Neapels Bürgermeister Luigi De Magistris.Und die Probleme mit der Justiz Auch Justizprobleme belasten Berlusconi, gegen den wegen mutmaßlicher Beeinflussung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt RAI ermittelt wird, wieder. Der Regierungschef soll versucht haben, eine regierungskritische Sendung aus dem Programm zu verbannen. Im Zentrum der Ermittlungen steht demnach die Sendung „AnnoZero“ des Berlusconi-kritischen Journalisten Michele Santoro. Berlusconi soll versucht haben, Druck auf den früheren RAI-Generaldirektor Mauro Masi und den ehemaligen Chef der Kommunikationsbehörde Agcom, Giancarlo Innocenzi, auszuüben.In dieser schwierigen Situation zeigt sich der Premier kämpferisch. Er will sich persönlich um einen Neustart seiner Mitte-Rechts-Partei PdL bemühen, die bei den letzten Kommunalwahlen im Mai schwere Stimmenverluste erlitten hat. „Ich werde jede italienische Region bereisen und für einen Neustart der Partei hart arbeiten“, erklärte Berlusconi. Bis Dezember sollen Kongresse für die Direktwahl der PdL-Koordinatoren auf Provinzebene beginnen. „Die 20 Monate, die uns bis zum Ende der Legislaturperiode trennen, genügen, um für einen neuen Wahlsieg zu arbeiten“, versicherte Berlusconi. Er beschwerte sich, dass der Premier in Italien zu wenig Kompetenzen habe. „Ich bin nicht einmal in der Lage, einen Minister auszutauschen“, klagte Berlusconi. mit/apa