<BR /><BR /><b>Herr Konder, Sie kommen aus der Privatwirtschaft und sind vor einem Jahr Vizebürgermeister geworden. Ihre Erfahrungen im Amt?</b><BR />Stephan Konder: Das Amt ist sehr intensiv und fordernd, aber auch vielseitig. Es geht darum, verschiedenste Projekte weiterzubringen und ich habe viel Kontakt mit den Bürgern. Das ist mir sehr wichtig, auch um zu zeigen, dass ihre Anliegen ernst genommen werden. Die Menschen kommen mit Fragen zu mir und wollen darauf möglichst schnelle Antworten, was natürlich nicht immer möglich ist, weil vieles oft genau zu prüfen ist. Wichtig ist, dass der Bürger immer eine Rückmeldung bekommt. Der Bürger ist der Kunde. Als Politiker sehe ich mich als Dienstleister. Ich beziehe mein Gehalt von den steuerzahlenden Bürgern. Darüber hinaus habe ich natürlich auch viel Kontakt mit den Beamten der Gemeinde und auch der Landesverwaltung.<BR /><BR /><BR /><b>Mit welchen Problemen kommen die Bozner auf Sie zu?</b><BR />Konder: Das ist sehr unterschiedlich. Das können lose Pflastersteine auf einem Platz sein, eine Ausfahrt, die dauernd zugeparkt ist, oder ein lockerer Kanaldeckel, der im Straßenverkehr Lärm verursacht. Oft sind es kleine Dinge, für die ich als Stadtrat und Vizebürgermeister zwar nicht immer die Zuständigkeit habe, aber dennoch Ansprechpartner für den Bürger bin. Dann gibt es auch die großen strategischen Projekte, die man aber nicht von heute auf morgen lösen kann, etwa die „Agenda Bozen“. In den vergangenen Jahren haben wir hier Zeit verloren, die wir jetzt aufholen müssen, um die Verkehrsprojekte, die im Jahr 2018 zwischen Land und Start vereinbart wurden, so schnell wie möglich umzusetzen.<BR /><BR /><BR /><b>Was ist in diesen 12 Monaten gut gelaufen, was nicht?</b><BR />Konder: Was ich vielleicht ein bisschen unterschätzt habe ist, dass oft die Dinge doch Zeit brauchen, bis sie ins Laufen kommen. Ich bin der Mensch, der versucht, Vorhaben möglichst schnell umzusetzen. Doch in der öffentlichen Verwaltung sind die Zeiten länger als in der Privatwirtschaft. Da hätte ich mir oft gewünscht, dass es schneller geht. Anderseits muss ich sagen, dass die Mitarbeiter in den Gemeindeämtern sehr gut vorbereitet und kompetent sind. Das hat mich positiv überrascht. <BR /><BR /><BR /><b>Kürzlich ist am Pfarrhof ein Camper abgebrannt, in dem ein arbeitendes Ehepaar, das sich keine Mietwohnung leisten kann, jahrelang gewohnt hat. Der Brand hat einmal mehr ein Schlaglicht auf das enorme Problem Wohnungsnotstand für Niedrigverdiener und Mittelschicht geworfen. Barcelona hat das gleiche drastische Problem und hat mit einer drastischen Maßnahme reagiert: Ab dem Jahr 2029 sind Kurzzeitvermietungen in der Stadt komplett verboten. Wie stehen Sie dazu?</b><BR />Konder: Mangelnder bezahlbarer Wohnraum ist ein großes Problem, das in ganz Europa akut ist. Die Stadt Bozen hat bei den Kurzzeitvermietungen als erste Gemeinde in Südtirol schon klare Grenzen festgelegt. Derzeit bieten Privatvermieter in der Landeshauptstadt 1500 Betten an. Ob die Einschränkungen bei Kurzzeitvermietungen in Bozen kurz- oder mittelfristig positive Auswirkungen auf den Mietmarkt haben, ist noch zu sehen. Falls nicht, sind weitere Maßnahmen nötig, natürlich in Abstimmung mit der Landesregierung. Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man dann auch vielleicht in diese Richtung geht, die Barcelona vorgibt. Die Politik wird in diese Richtung Überlegungen anstellen müssen. Denn oberstes Ziel ist es, leistbares Wohnen für die Südtiroler zu gewährleisten. In Bozen wird im Spätsommer oder im Herbst das Gemeindeentwicklungsprogramm vorliegen. Dann wird die Gemeinde konkrete Zahlen haben, wie hoch der Leerstand an Wohnungen ist, wie viele Wohnungen Bozen braucht und wo in welcher Form vor allem für den Mittelstand gebaut werden kann. Dann können im Hinblick auf den neuen Bauleitplan konkrete Entscheidungen getroffen werden, auch zu Themen, über die in Bozen schon lange geredet wird.<BR /><BR /><BR /><b>Etwa zum Bahnhofsareal?</b><BR />Konder: Ja, unter anderem. Beim Bahnhofsareal muss die Gemeinde Bozen spätestens in ein paar Monaten wissen, ob diese Fläche in den nächsten 10 bis 15 Jahren bebaut werden kann oder nicht. Wahrscheinlich wird das sehr schwierig. Alternativ könnte eine Teilfläche des Areals verwendet werden, die für geförderten Wohnbau genutzt werden kann. Zu klären ist auch, wie es mit Flächen am Bozner Boden aussieht. Das muss in den nächsten Monaten festgelegt werden. Das gilt auch für die Huber-Kaserne in der Drususstraße, die 2028 schließen soll. Wenn die Kaserne etwa im Frühjahr 2028 aussiedelt, müssten im Sommer 2028 die Bagger auffahren, um sofort mit einem Wohnbauprojekt für den Mittelstand starten zu können. Das muss aber möglichst bald gemeinsam mit dem Land geplant werden. 2028 ist es zu spät. Fakt ist, dass wir in Bozen sicherlich frühzeitig Entscheidungen treffen müssen, und wir werden diese auch treffen.<BR /><BR /><b><BR />Wie beeinflusst der Hager-Skandal die Gemeindeverwaltung, der oft vorgeworfen wird, langsam zu sein? Sie hatten dazu erklärt, die Administration werde künftig „noch vorsichtiger sein.“</b><BR />Konder: Ja, das ist ein Fakt. Dokumente werden jetzt noch genauer geprüft. Die Zeiten sind lang und sie werden eher länger als kürzer, auch weil die Bürokratie leider sehr groß ist. Wir reden schon seit vielen Jahren vom Bürokratieabbau. Leider läuft es nach wie vor in die entgegengesetzte Richtung. Viele Sachen sind eben kompliziert. Es muss aber auch gesagt werden, dass es nicht immer an den Gemeindeämtern liegt. Es kommt auch öfters vor, dass unvollständige Unterlagen eingereicht werden. Aber wir schauen schon, und da bin ich auch dahinter, dass alle Anträge schnell bearbeitet werden und weitergehen. Natürlich bei größeren und komplexeren Projekten, an denen nicht nur die Gemeinde beteiligt ist, spielen andere Faktoren eine Rolle. Aber bei Bauprojekten, die nicht zu kompliziert sind, ist es mir wichtig, dass sie mit Zug behandelt werden.<BR /><BR /><BR /><b>Thema Sicherheit: Wie hat sich die Lage in Bozen Ihrer Ansicht nach entwickelt?</b><BR />Konder: Die Sicherheit beschäftigt viele Bozner. Deshalb haben der Bürgermeister und ich regelmäßige Treffen mit dem Quästor. Dabei besprechen wir spezifische Vorfälle, Vorkommnisse und ersuchen den Quästor auch, ständig Präsenz an neuralgischen Stellen im Fokus zu behalten. Ich glaube, dass sich auch deshalb die Situation verbessert hat. Natürlich ist sie nicht optimal. Die Polizei greift oft ein, bestimmte Probleme verlagern sich manchmal aber nur von einer Zone der Stadt in eine andere. Auch die Möglichkeiten des Quästors sind begrenzt. Manche Themen müssen auf staatlicher oder europäischer Ebene geregelt werden. <BR /><BR /><BR /><b>Jetzt haben wir Mitte Jänner, die Legislatur dauert noch zweieinhalb Monate circa. Was steht bis zum Ende der Amtszeit noch an?</b><BR />Konder: In der finalen Phase ist die Sanierung der Straße nach Kohlern von Kilometer 0 bis Kilometer 1,2. Das Ende der Arbeiten war für April geplant, wahrscheinlich können die Arbeiten früher abgeschlossen werden. Im Februar steht die Schlussphase für die Realisierung der Sicherheitsmaßnahmen im Stadtmuseum an. Dann werden wir mit der Renovierung beginnen, die seit über 20 Jahren ausständig ist. Das ist für mich ein sehr wichtiges Projekt. Um die Arbeiten weiterführen und abschließen zu können, wurden zweieinhalb Millionen im Haushalt vorgesehen. Ziel ist es, innerhalb der nächsten 5 Jahren das gesamte Gebäude mit seinen wertvollen Ausstellungsstücken der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Arbeiten für die Schule in der Baristraße haben begonnen. Jetzt startet das Projekt für eine unterirdische Müllinsel in der Piavestraße, wo die Arbeiten für die Bepflasterung des Zwölfmalgreinerplatzes vor ein paar Tagen bereits begonnen haben. In der Longon Archimede-Schule stehen die Arbeiten vor dem Abschluss, ebenso in der Ada-Negri-Schule, die ab Herbst öffnet. Zum Thema Studentenheime kann ich sagen, dass die Firma Habitat am Hadrianplatz und Dalle Nogare in der Industriezone mit den Arbeiten beginnen werden. Das Heim am Hadrianplatz mit rund 210 Betten sollte schon im Herbst zur Verfügung stehen, da das Gebäude ja bereits besteht. Bereits gestartet ist die Ausschreibung für die unterirdische Garage am Siegesplatz. <BR /><BR /><BR /><b>Sie haben einleitend erklärt, das Amt des Vizebürgermeisters sei sehr fordernd. Spielen Sie als Ex-Eishockeyprofi in Ihrer Freizeit noch Eishockey?</b><BR />Konder (lacht): Dafür habe ich schon lange keine Zeit mehr. In den vergangenen 15 Jahren habe ich vielleicht 3-mal zum Spaß auf einem Weiher gespielt. Zuletzt hatte ich im Dezember auf dem Eislaufplatz vor dem Rathaus nach langem wieder einmal die Gelegenheit, meinem großen Hobby zu frönen. Auf dieses Pond Hockey-Spiel mit Pustertal und Ritten, zu dem ich eingeladen war, hatte ich mich etwas vorbereitet. Ich war Eislaufen auf der Anlage in der Genuastraße. In den ersten 10 Minuten auf dem Eis habe ich mich noch etwas unsicher gefühlt, dann ging es wieder besser. Am Tag darauf habe ich am Rathausplatz mit Hockeyhandschuhen, Hockeyschläger und Puck etwas trainiert. Beim Pond-Spiel mit Zuschauern und Stadionsprecher ist es dann recht gut gelaufen. Ich war zufrieden mit meiner Leistung, zumal deutlich jüngere Spieler, etwa der 14 Jahre jüngere Top-Crack Patrick Bona, auf dem Eis waren. Es war eine tolle Erfahrung, die mich an alte Zeiten erinnert hat. Sich als Profi auf ein Eishockeyspiel vorzubereiten und das Spiel zu gewinnen ist eine Erfahrung, die ich sonst in dieser Form im Leben nicht mehr hatte. Das Leben bietet viele andere Emotionen, aber nicht in dieser Art und Weise wie im Profisport. Abgesehen davon gehe ich in meiner Freizeit, wenn möglich, an Wochenenden Skifahren und im Sommer Kitesurfen. Im Sommer 2024 war ich ein paar Mal zum Kitesurfen am Gardasee. Aber wie gesagt, mein Amt lässt mir wenig Zeit, gibt mir dafür aber auch Genugtuungen, wenn Projekte vorangehen.