Das „Original“ in Bozen: Die Selbstbestimmung – eine „Selbstverständlichkeit“ „Dem Land Tirol die Treue“: Ein Plakat, gehalten in den FPÖ-Farben, mit Front-Mann Strache im weißen Hemd und übergroßen Lettern, die die Selbstbestimmung und doppelte Staatsbürgerschaft für Südtirol auch auf gedrucktem Papier fordern.Davor sitzt das Original: Es ist 12.45 Uhr am Freitagnachmittag, Heinz-Christian Strache und seine Getreuen aus Nordtirol und Wien haben im Bozner Hotel „Mondschein“ zur Pressekonferenz geladen.Im Eiltempo trägt der FPÖ-Obmann rhetorisch perfekt seine Südtiroler Anliegen vor: Es geht ihm um das Selbstbestimmungsrecht, eine „Selbstverständlichkeit in einer EU der offenen Grenzen“, und um die doppelte Staatsbürgerschaft, „ein Recht, das den Südtirolern zusteht“, auch wenn das die österreichische Polit-Führungsriege etwas anders sehe.Kritik gibt es in Sachen faschistische Relikte, laute Zustimmung für die Forderung der Lega Nord und ihre Sezessionsbestrebungen.Gegen das „imperialistische Abenteuer“, für die „Landeseinheit Tirol“ Von allem ein bisschen ist dabei, aber nur ein bisschen, wenn Strache das Wort ergreift und zum Freiheitskämpfer für Südtirol wird: Das „imperialistische Abenteuer“, die Brennergrenze, ist ihm ein Dorn im Auge, die Landeseinheit Tirol ein „Herzenswunsch“.Er wolle sich aber nicht in die Südtiroler Angelegenheiten einmischen, so Strache – außer er werde darum gebeten.Und es scheint einige zu geben, die etwas von ihm wollen: Strache zählt Landeshauptmann Luis Durnwalder auf, der ihn nach Südtirol eingeladen habe, die Südtiroler Schützen, viele Bürger, „die über meine Facebook-Seite den Kontakt zu mir suchen“ und die deutsche Opposition in Südtirol.Auf das etwas unterkühlte Verhältnis zu der Schwesternpartei, zu den hiesigen Freiheitlichen, kommt er nur zu sprechen, wenn er dazu aufgefordert wird.„Es geht mir um die Sache, nicht um persönliche Befindlichkeiten“ Zuerst geht es ihm nämlich um „die Sache“, nicht um „persönliche Befindlichkeiten“: Und die Sache ist „Südtirol zuerst“.Laut propagiert der 42-Jährige die Freistaat-Idee – die auch im Parteiprogramm der Südtiroler Freiheitlichen steht – als Vorstufe zur Selbstbestimmung.Aber auch die Rückkehr in das „Vaterland Österreich“ nennt er als Option. Beide Vorstellungen sind für ihn realpolitisch möglich und bei vorhandenem Willen – der müsse allerdings vorhanden sein –, nicht schwer umzusetzen.Laut Strache stehen die Chancen dafür nicht schlecht: Italien sei ein „taumelndes Staatsschiff“ und die EU ein Staatengebilde der offenen Grenzen, das von der Krise geschüttelt nach neuen Wegen suchen müsse.„Das Schicksal könnte schon bald ein Fenster für Südtirol öffnen“ Wer glaubt, dass Strache in der Krise ein Problem für Südtirols Anliegen sieht, liegt falsch. Im Gegenteil: Sie sei Südtirols Chance.Das Schicksal könne schon bald ein Fenster für die Südtiroler öffnen, meinte der Chef der österreichischen Blauen in Anlehnung an den langjährigen Nordtiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner. Aufbruch-Stimmung könne sich südlich des Brenner breit machen.Dann wird Strache konkreter: Die EU nähre mit dem Schutzschirm ein krankes System, dem Italien anhafte. Straches Fazit: Der Crash droht, die Hyperinflation auch.Den FPÖ-Chef, der in Umfragen zuletzt mit seiner Partei auf Platz eins in der Wählergunst lag, wundert es daher nicht, dass die Idee der Lega Nord eines unabhängigen Padanien in Norditalien immer mehr Anhänger findet. Eine Entwicklung, die für Südtirol förderlich sei und es den Südtirolern ermögliche, den Freistaat von selbst – ganz ohne österreichisches Eingreifen – herbeizuführen, meint er, um auf die doppelte Staatsbürgerschaft überzuleiten.Doppelte Staatsbürgerschaft: „Wir sind die Einzigen, die sich dafür einsetzen“ Heute sei die FPÖ die einzige Partei, die sich in Österreich aktiv für die doppelte Staatsbürgerschaft einsetze. Zu groß sei die Angst der anderen Parteien vor Rom und einem diplomatischen Super-Gau.„Die EU hat 27 Mitgliedsstaaten, 22 davon bieten die doppelte Staatsbürgerschaft an. Sie auch für Südtirol durchzusetzen, dürfte daher nicht schwierig sein“, wiegelte er Einwände ab.Es gehe nicht darum, in Rom schlechtes Klima zu verbreiten, sondern um einen „positiven, nicht übertriebenen Patriotismus“. Außerdem sei Südtirol kein "inner-italienisches" Anliegen, sondern ein regionales, europäisches und österreichisches.Die FPÖ und die Südtiroler Freiheitlichen 45 Minuten sind vorbei, Heinz-Christian Strache hat gesprochen: Er ist in guter Stimmung, das sagt er selbst, am Abend trifft er sich mit „Freunden“, im Haus Unterland in Neumarkt. Auch dort geht es wieder um Südtirol und die Zukunft des Landes. Im Unterland will er, Strache, „Tempo machen", damit etwas weitergeht.Etwas war da aber noch: die Südtiroler Freiheitlichen. Strache weiß, dass er auf das Verhältnis seiner FPÖ mit der Partei von Pius Leitner und Ulli Mair antworten muss. Und er ist vorbereitet auf Fragen zum Thema.Einst unter Jörg Haider beste Freunde, scheint das Verhältnis seit 2008 merklich unterkühlt. Freiheitlichen-Chef Pius Leitner gibt das offen zu, Strache spricht von „falschen Darstellungen“, einseitigen Enttäuschungen.Die FPÖ suche das Gespräch, in Südtirol werde es verweigert. „Was soll man da tun?“ fragte Strache in den Saal und meinte damit Leitner. Er streitet aber ab, dass das Verhältnis generell schlecht sei.Viele Südtiroler Freiheitliche suchten das Gespräch mit ihm, der freiheitliche Landtagsabgeordnete Sigmar Stocker sei es gewesen, der die Kundgebung am Freitag im „Haus Unterland“ federführend organisiert habe. Und überhaupt: Die FPÖ suche und habe in Südtirol zu allen Parteien ein Verhältnis, nicht zu einer allein.Die derzeitige "blaue" Misstimmung sei allein Verschulden von Parteiobmann, Leitner, bekräftigt Strache dann noch einmal. Aber in Wien sei man nicht nachtragend, "wir würden sie, die Freiheitlichen Südtirols, jederzeit mit offenen Armen willkommen heißen."„… stehe abseits von Extremismen“ Mit einem Lächeln verabschiedet er sich: Er scheint zufrieden. Einen Satz will er aber noch loswerden, bevor er – auch in Südtirol – ins rechte Eck gerückt werden könnte. „Ich stehe abseits von Extremismen. Ich gehe nur konsequent den Weg für Freiheit.“Johanna Gasser