Die Südtiroler Volkspartei reagiert mit Unverständnis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EuGHMR) in Straßburg, laut welchem Kruzifixe in Klassenzimmern eine Verletzung der Religionsfreiheit darstellen. „Dies ist schlichtweg nicht nachvollziehbar", erklärte Parteiobmann Richard Theiner am Dienstag in einer Aussendung. „Wir treten für gegenseitigen Respekt und für Toleranz ein, erwarten uns aber auch von anderen Religions- und Glaubensgemeinschaften dasselbe. In diesem Sinne legen wir Wert darauf, dass unsere Kultur und unsere Tradition wie auch unsere Symbole respektiert werden", so Theiner weiter. „Dazu gehört für uns auch das Kreuz." Gerade die heutige Gesellschaft habe mehr denn je eine Diskussion und Besinnung auf Werte nötig. „Dieses Urteil entspricht dem keineswegs und führt geradewegs in die entgegen gesetzte Richtung", betont der SVP-Obmann abschließend.Knoll entrüstet über UrteilSven Knoll, Landtagsabgeordneter der Süd-Tiroler Freiheit, zeigt sich entrüstet über das Urteil, „das die Entfernung aller Kreuze aus den Schulen anstrebt. Es ist ein Armutszeugnis für ein Kulturland wie Europa und veranschaulicht letztlich nur die Unfähigkeit, die eigene Kultur auch für Einwanderer als Bereicherung anzuerkennen", schreibt Knoll in einer Aussendung.Das Kreuz in den Schulen hindere niemanden daran, seinen eigenen Glauben auszuleben. „Wer nicht daran glaubt, für den hat es auch keine Bedeutung", so der Landtagsabgeordnete.Vielmehr müsse darüber nachgedacht werden, wie es um die Integrationsbereitschaft Andersgläubiger bestellt sei, „wenn diese in der angestammten Kultur - zu der die Religion ebenso gehört - eine Provokation sehen". Wer als Katholik in ein religiös mehrheitlich anders geprägtes Land ziehe, könne schließlich ebensowenig erwarten, dass die dort üblichen religiösen Symbole entfernt werden.„Südtirol darf sich dieser Diktion nicht unterwerfen, zumal der EuGHMR kaum Möglichkeiten hat, eine Nichtbefolgung dieses Urteilsspruchs zu sanktionieren", fordert Knoll und kündigt an, dass die Süd-Tiroler Freiheit im Landtag eine Anfrage einreichen und gleichzeitig einen Begehrensantrag vorbereiten werde, mit denen die Beibehaltung der Kreuze in den Schulen eingefordert werde.Leitner: „Kniefall europäischer Institutionen gegenüber dem Islam"Auch Pius Leitner, Landesparteiobmann der Freiheitlichen, zeigt sich in einer Stellungnahme empört. „Dieses Urteil ist ein weiterer Kniefall europäischer Institutionen gegenüber dem Islam. Es grenzt an Selbstaufgabe, wenn ein über Jahrhunderte gewachsenes kulturelles Zeichen entfernt wird, nur weil sich Angehörige anderer Religionen und anderer Kulturkreise daran stoßen", schreibt der Landtagsabgeordnete. „Dass das christliche Kreuz auch ein Kulturgut ersten Ranges ist, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten, der die geschichtliche Entwicklung kennt. Daher rufe ich die Politik im Lande auf, diesem Urteil nicht Rechnung zu tragen, es nicht umzusetzen und an der bisherigen Tradition festzuhalten", verlangt Leitner. Man dürfe sich nichts vormachen: „Heute ist es das Kreuz, morgen der Nikolaus und andere christliche Bräuche, die man uns streitig machen will. Wo das enden wird, ist leicht vorhersehbar, wenn wir den Anfängen nicht wehren", so der Freiheitliche weiter. Pöder: „Bezug zur Realität verloren" Als diskriminierendes Urteil gegenüber allen Christen bezeichnet der Parteiobmann und Landtagsabgeordnete der Union für Südtirol, Andreas Pöder, die Entscheidung des EuGHMR.„Wer in Europa ein derartiges Urteil fällt, hat wohl jeden Bezug zur Realität und zum gesellschaftlichen Leben verloren", so Pöder.„Wenn sich jemand in Europa von Kruzifixen gestört fühlt, dann stört ihn Europa und die europäische Wertegemeinschaft generell, unabhängig ob es sich um einen Europäer oder einen Einwanderer handelt."Durch das Urteil würde „eine vermeintliche Diskriminierung von Nicht-Christen durch eine echte Diskriminierung aller Christen in Europa ersetzt. Eine Umsetzung eines solchen Urteiles kommt nicht in Frage", erklärt Pöder abschließend.Grüne erinnern an Laienstaat Die Grünen fordern in ihrer Stellungnahme zu einem sachlichen Umgang mit dem Thema auf. "Wir erinnern vor allem daran, dass Italien spätestens seit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes Nr. 203 vom 12. April 1989 ein Laienstaat ist und dass seit dem Konkordat von 1984 alle Religionen in diesem Land die gleiche Wertung haben", so die beiden Landesvorsitzenden der Grünen, Brigitte Foppa und Sepp Kusstatscher. "In diesem Sinne finden wir das EU-Urteil kohärent, auch weil wir immer mehr eine Gesellschaft der Vielfalt sind (...). Wir befürworten durchaus, dass in den Schulklassen das Kreuz als christliches Symbol hängt. Wir fordern aber gleichzeitig, dass Sensibilität geschult wird und dass auch der Symbolik anderer Religionen Platz gegeben wird." TED: Was sagen Sie zur Entscheidung des EuGHMR?