Weder habe es Folter in den Gefängnissen gegeben, noch Opfer aufgrund der Gewalt gegen verhaftete „Terroristen“, schreibt er. Bei dem was in den Gefängnissen passiert sei, könne man nämlich nicht von „Folter“ sprechen, heißt es in der Aussendung. Sollte grundlos Gewalt angewendet worden sein, wäre dies natürlich falsch gewesen. „In der damaligen Situation der sozialen Unordnung war es aber vielmehr verfassungsmäßig geschütztes Recht des Staates, Gewalt einzusetzen, um das Problem zu lösen“, sagte Bertoldi der Tageszeitung „Dolomiten“ auf Nachfrage. In Anbetracht der damaligen Umstände seien die Qualen für diese Terroristen noch viel zu gering gewesen, so Bertoldi. „Vor allem deshalb, weil sie, für das was sie angerichtet haben, bis heute noch nie zur Rechenschaft gezogen worden sind und noch keinen Tag ihrer Strafe abgesessen haben“, schreibt der Koordinator der PdL-Jugend. Sie als Freiheitskämpfer zu bezeichnen, sei erschütternd, so Bertoldi. „Geradezu Ekel erregend hingegen ist es, wenn sich Landtagspräsident Mauro Minniti bei Eva Klotz dafür entschuldigt, dass er die ,schrecklichen' Gewalttaten gegen diese ,armen' Mörder nicht anerkannt habe“, schreibt der Nachwuchspolitiker.EmpörungDiese Aussagen haben zu mehreren Reaktionen geführt. Scharfe Kritik an Bertoldi kommt von der SVP.„Die Aussagen zeugen nicht nur Ignoranz und geschichtlicher Unwissenheit, sondern auch von einem fehlendem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit“, so Parteiobmannstellvertreterin Martha Stocker und Landessekretär Philipp Achammer am Donnerstag.Die SVP fordert den PdL dazu auf, sich von solchen menschenverachtenden Aussagen zu distanzieren. „Es ist einfach nur enttäuschend, wenn ein junger Südtiroler, der zudem noch eine politische Funktion bekleidet, die Geschichte leugnet und damit die gesamte deutsche Volksgruppe provoziert“, so Stocker und Achammer.FreiheitlichePius Leitner, Obmann der Freiheitlichen, spricht von „unsäglichen Aussagen“.Bereits seit einiger Zeit sei spürbar, dass einzelne Politiker nicht an Lösungen orientiert seien, sondern mehr an Schlagzeilen.„Mit Alessandro Bertoldi scheint nun ein junger Italiener die politische Bühne zu betreten, der wider besseres Wissen auf reine Provokation setzt. Er bestreitet zwar nicht absolute Folterungen wie einige seiner älteren Parteifreunde, nein, viel schlimmer, er rechtfertigt sie auch noch aus der Distanz von 50 Jahren“, so der Landtagsabgeordnete.Die Aussage, dass die Qualen für die Attentäter viel zu gering gewesen seien, zumal aus dem Mund eines Jugendlichen, der in einer Zeit aufgewachsen sei, als Folter weltweit verbrämt werde, sei einerseits unglaublich, andererseits aber wohl auch politisches Kalkül. „Man muss leider davon ausgehen, dass es nun über längere Zeit große Schlagzeilen gibt, die eine friedliche Entwicklung stören. Jedenfalls hat es die Landesregierung verabsäumt, die Feuernacht und deren Folgen für Südtirol auf einer breiten Basis und im Lichte der Objektivität aufzuarbeiten. Dadurch hat sie politischen Akteuren und Provokateuren eine Spielwiese hinterlassen, auf der nach wie vor vergiftetes Gras wachsen kann“, schließt Leitner. Südtiroler FreiheitAls schockierend bezeichnet der Landtagsabgeordnete der Südtiroler Freiheit, Sven Knoll, die Aussagen Bertoldis. „Angesichts der Tatsache, dass einige der Freiheitskämpfer von den Carabinieri bis zum Tode gefoltert wurden und viele der Gefolterten schwere körperliche Schäden davongetragen haben, ist diese Aussage eine ungeheuerliche Verhöhnung der Opfer“, so Knoll.Folter und Mord seien durch nichts zu rechtfertigen, vor allem dann nicht, wenn diese von Polizeibeamten im Wissen und im Auftrag eines vermeintlich demokratischen Staates erfolgten.„Derartige verbale Entgleisungen müssen entschieden verurteilt werden, da sie nicht nur eine Respektlosigkeit und Provokation gegenüber der Südtiroler Bevölkerung sind, sondern durch gezielte Falschaussagen auch die Italiener in Südtirol aufhetzen. Wenn Bertoldi behauptet, dass die gefolterten Südtiroler Freiheitskämpfer keinen einzigen Tag im Gefängnis verbracht haben, zeugt das entweder von Dummheit, oder von bewusster Geschichtsverzerrung, um die Italiener gegen die Südtiroler aufzuhetzen“, betont der Landtagsabgeordnete.HeimatbundFür den Heimatbund sind die Aussagen des PdL-Jugendkoordinators ein „Skandal in Europa“.„Wenn laut Bertoldi ‚ein Staat das volle Recht hat, und nur er, die Gewalt zur sofortigen Lösung von Problem einzusetzen‘, so ist das Nazifaschismus in Reinkultur“, betont Lang."Bezeichnend für die Unkenntnis der damaligen Ereignisse ist auch die Aussage des PdL- Jünglings, dass die Freiheitskämpfer keinen Tag im Gefängnis gesessen sind." Scheinbar habe Bertoldi noch niemals etwas von den Mailänder Prozessen gehört. Gefolterten Menschen ins Gesicht zu schleudern, sie hätten noch mehr geschunden gehört, sei ein Skandal. "Bertoldi sollte sich schämen, einige Tage nach dem Internationalen Tag der Folter Gewalt an wehrlosen Opfern gutzuheißen. In seiner Stellungnahme werden die Folterungen nicht nur als Tatbestand in Zweifel gezogen, sondern er versteigt sich ausdrücklich zur verbalen Rechtfertigung", kritisiert Lang.Die Rechtfertigung der unzulässigen Gewaltanwendung, mit dem Zusatz, diese sei sogar noch zu wenig gewesen, stelle nicht nur eine ausdrückliche Gutheißung dar, sondern auch eine eindeutige Gewaltverherrlichung, da die angewendete Gewalt sogar noch mit Bedauern als zu gering geachtet werde, so der Obmann des Südtiroler Heimatbundes. Es sei ungeheuerlich, dass ein „Demokrat“ sich zu solchen Äußerungen versteige. „In diesem Falle müsste eigentlich das Gericht von Amtswegen gegen diese Gewaltrechtfertigung und – Verherrlichung vorgehen“, betont Lang.