Luis Kröll war 15 Jahre lang Bürgermeister von Schenna. Ein Triumph sei für ihn die Rettung der Bergschule in Tall gewesen – und niederschmetternd die Verhaftungswelle Rechtsradikaler, erzählt er im Interview.<BR /><BR /><i>Interview: Lisa Ehrenstrasser</i><BR /><BR /><b>Herr Kröll, Sie sind nun ein sogenannter Altbürgermeister. Erinnern Sie sich noch, wann alles begann?</b><BR />Luis Kröll: Ja, vor 25 Jahren, obwohl mich die Gemeindepolitik schon vorher interessiert hatte. Ich war bereits zuvor in der HGV-Ortsgruppe und im SVP-Ortsausschuss tätig. 1995 habe ich mich entschlossen, für den Gemeinderat zu kandidieren. Ich wurde gleich in den Gemeindeausschuss berufen und war für Wirtschaft und Tourismus zuständig.<BR /><BR /><b>Und dann ging es Schlag auf Schlag?</b><BR />Kröll: Ja. Nach meiner Wiederwahl im Jahr 2000 war ich Vizebürgermeister, Wirtschaftsreferent und für die Trinkwasserversorgung zuständig. 2005 wurde ich zum Bürgermeister gewählt.<BR /><BR /><b>Wollten Sie schon immer Bürgermeister der Gemeinde Schenna werden?</b><BR />Kröll: Nein, diese Vorstellung hatte ich nicht. Es hat sich so ergeben, weil Bürgermeister Albert Pircher nicht mehr kandidieren wollte. Ich wurde von Bürgern ermutigt und wurde dann auch sehr, sehr gut gewählt.<BR /><b><BR />Was waren Ihre Leitlinien?</b><BR />Kröll: Das Bürgermeisteramt war eine große Verantwortung, die mir die Bevölkerung übertragen hat. Das öffentliche Interesse stand für mich immer über dem Privaten. Wir hatten eine sehr gute Zusammenarbeit in der Gemeinde, dadurch ist viel passiert. Alleine kann man nichts umsetzen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-46873382_quote" /><BR /><BR /><b>Und ist der Abschied nun schwer gefallen?</b><BR />Kröll: Nein, auch wenn mit mir 3 Gemeindereferenten ihre politische Karriere beendet haben. Aber ich weiß, dass ich mit Annelies Pichler eine gute Nachfolgerin bekommen habe und wir eine gut aufgestellte Gemeinde hinterlassen. In den Ämtern arbeiten fachkundige, kompetente Bedienstete. Mir war immer wichtig, dass die Gemeinde gute Dienstleistungen bietet. Und für mich ist ja auch noch nicht endgültig Schluss: Ich bin noch Präsident der Bezirksgemeinschaft.<BR /><BR /><b>Finanziell steht die Gemeinde Schenna auch nicht schlecht da.</b><BR />Kröll: Ja, wir sind gut aufgestellt, was den Schuldenstand betrifft. Wir haben ihn von 10 Millionen Euro auf 3,7 Millionen Euro abgebaut. Wir hatten Glück, weil wir aufgrund der regen Bautätigkeit viele Einnahmen aus der Baukostenabgabe und den Erschließungsbeiträgen hatten, die wieder in die Infrastrukturen im Dorf investiert wurden. Wir haben über 2020 hinaus keine Investitionsgelder in Anspruch genommen. Die neue Verwaltung hat sämtliche Investitionsgelder zur Verfügung. Das war mir wichtig. <BR /><b><BR />Was ist Ihnen während all der Jahre, in denen Sie für Schenna gearbeitet haben, besonders am Herzen gelegen?</b><BR />Kröll: Eine gesicherte Trinkwasserversorgung. Auch die Ortsbildgestaltung war mir wichtig. Wir sind sehr weit gekommen, haben sichere Straßen, Gehsteige und ein schönes Erscheinungsbild, was für eine Tourismusgemeinde wichtig ist. Große Projekte waren der Bau des Kindergartens und der Grundschule in Verdins sowie der Neubau der Kita und des Kindergartens in Schenna.<BR /><BR /><b>„Wichtig, dass Carabinieri im Dorf sind“</b><BR /><BR /><b>Ein wichtiges Thema war für Sie immer die Mobilität: Der Küchelbergtunnel, dessen Bau im Herbst beginnen wird und an dessen Zustandekommen sie stark mitgewirkt haben, aber auch eine straßenunabhängige Verbindung nach Meran und Dorf Tirol.</b><BR />Kröll: Während der Küchelbergtunnel vor der Umsetzung steht, haben wir leider noch keine Lösung für eine straßenunabhängige Verbindung Schenna–Meran–Tirol. Mit den EU-Covid-Geldern könnte dieses Vorhaben wieder eine Chance auf Umsetzung haben. Das Land muss die Machbarkeitsstudie prüfen und entscheiden, ob das Projekt im öffentlichen Interesse ist.<BR /><BR /><b>Ein großes Projekt steht vor der Umsetzung: die neue Carabinieri-Kaserne.</b><BR />Kröll: Mir war es immer wichtig, dass die Carabinieri im Dorf sind. Die Menschen schätzen diese Sicherheit. Ich bin froh, dass der Neubau auf der Feuerwehrhalle in Schenna im November beginnen konnte und finanziert ist.<BR /><BR /><b>Was ist Ihnen gelungen, über das Sie sich immer noch freuen?</b><BR />Kröll: Dass die Bergschule in Tall erhalten werden konnte. 2006/07 war das ein schwieriges Unterfangen. Es gab damals 6 oder 7 Gemeinden, in denen die Schulen mangels Schülern aufgelassen werden sollten. Auch in Tall wäre es fast soweit gekommen. Ich habe den damaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder überzeugt, dass die Bergschule erhalten werden muss. Eine Schule stiftet Identität in einem so kleinen Dorf wie Tall.<BR /><BR /><b>So gut wie keine Abwanderung</b><BR /><BR /><b>Wie hat sich das Leben in den Ortsteilen entwickelt?</b><BR />Kröll: Sehr gut. Die Schulen binden die Menschen an ihren Heimatort. Die Vereine sind wichtig für das Dorfleben. Wir haben Glück, dass wir so gut wie keine Abwanderung haben. Am Schennaberg und im Hirzergebiet ist der Tourismus wichtig, damit die Menschen bleiben.<BR /><BR /><b>Worauf haben Sie immer Wert gelegt?</b><BR />Kröll: Mir war immer die gegenseitige Wertschätzung in der Bevölkerung, in den Vereinen und Verbänden wichtig.<BR /><BR /><b>Was ist für Schenna für die Zukunft wichtig?</b><BR />Kröll: Die Erschließung mit Breitband muss ausgebaut werden. Ich kann mir vorstellen, dass Frauen auf entlegenen Höfen so leichter Arbeit im Homeoffice finden werden.<BR /><BR /><b>Können Sie sich an einen besonders schlimmen Moment in ihrer politischen Karriere erinnern?</b><BR />Kröll: Ja, 2008 die Hausdurchsuchung und die Verhaftungswelle von Rechtsradikalen in Schenna. Es war gefühlt der schwierigste Moment, und ich bin froh, dass sich alles zum Guten entwickelt hat.<BR /><BR /><b>„Brauchen Beruhigung in allen Bereichen“</b><BR /><BR /><b>Was braucht Schenna?</b><BR />Kröll: Wir bräuchten mehr Parkraum im Ortszentrum. Wir hatten eine fast überhitzte Entwicklung, was Hotelbauten betrifft. Es braucht Beruhigung in der Entwicklung in allen wirtschaftlichen Bereichen.<BR /><BR /><b>Was wünschen Sie sich?</b><BR />Kröll: Ich wünsche mir, dass das Vereinsleben so rege bleibt wie vor Corona. Die Förderung des Vereinslebens war mir immer wichtig. Die sozialen Kontakte und der Zusammenhalt im Dorf gehen über die Vereine. Es freut mich, dass auch der Jugendtreff gut genutzt ist.<BR /><BR /><b>Und was bringt die Zukunft?</b><BR />Kröll: Ich werde weiter wie bisher im Hotel helfen. Ich habe einen Garten, in dem ich Gemüse anbaue. Ich will mehr Wandern und Radfahren. Außerdem möchte ich Zeit für meine 3 Enkel haben.