Die Entscheidung in der Nacht auf Freitag viel denkbar knapp: Mit 22 Ja-Stimmen, 19 Nein und bei drei weißen Stimmzetteln verpasste das Benko-Vorhaben die nötige Mehrheit im Bozner Gemeinderat – um eine Ja-Stimme.Diese eine Stimme hätte von Silverio Barbieri (Lista x Spagnolli) kommen können. Im Gespräch mit Südtirol Online sagt er: „Ich hätte mit Ja gestimmt.“ Dumm nur, dass er seit einer Woche in Griechenland urlaubt. Für die Abstimmung nach Hause kommen, das hätte nicht geklappt, betont er.Während Barbieri auf Kos blieb, wurde in Bozen Benko versenkt. Seine erste Reaktion? „Kann ich nicht sagen“, sagt Barbieri. Nur so viel: Er habe geflucht.STOL hat den Verhinderer wider Willen am Handy erreicht.Südtirol Online: Sie waren der einzige Gemeinderat, der bei der Abstimmung zum Benko-Projekt im Bozner Gemeinderat gefehlt hat. Sie sind in Urlaub, richtig?Silverio Barbieri (Lista x Spagnolli): Genau, ich habe gefehlt. Als ich meinen Urlaub im April gebucht habe, wusste ich noch nicht mal, dass ich in den Gemeinderat gewählt werde. Und dann war ich der erste Nicht-Gewählte, ich habe nie daran gedacht, dass Bonvicini möglichweise nicht wählbar sein könnte (erst durch den Rücktritt von Matteo Paolo Bonvicini von „x Spagnolli“ zog Barbieri in den Gemeinderat ein; Anm.d.Red.). Ich hatte ja keine Ahnung! Natürlich ist jetzt alles anders. Aber leider konnte ich nicht einfach so aus Griechenland zurückkehren um abstimmen. Das ist alles. Ich weiß, dass ich im Blickfeld stehe. Aber mir scheint, dass ich derzeit doch etwas zu sehr unter Beschuss genommen werde, weil ich gefehlt habe.STOL: Ihre Abwesenheit bei der wohl wichtigsten Gemeinderatssitzung des Jahres war also keinesfalls beabsichtigt.Barbieri: Natürlich nicht. Ich hatte eben schon alles gebucht, hatte Reise und Hotel schon bezahlt. Ich wusste damals von nichts. Darüber hinaus habe ich sowohl dem Sekretariat des Bürgermeisters als auch der Frau De Lorenzo (Claudia de Lorenzo von Bürgerliste x Spagnolli; Anm.d.Red.) meine Abwesenheit in diesem Zeitraum mitgeteilt. Man hätte die Abstimmung vielleicht auch vorziehen können – aber ich glaube, in diesem Falle hätte Ladinser (Klaus Ladinser, Stadtrat der SVP; Anm.d.Red.) gefehlt.STOL: Hätten Sie für die Ratifizierung der programmatischen Vereinbarung gestimmt?Barbieri: Ja, hätte ich.STOL: Dann wäre das Benko-Projekt genehmigt worden.Barbieri: Mit Sicherheit.STOL: Wie haben Sie davon erfahren, dass das Projekt stattdessen versenkt wurde?Barbieri: Über Facebook, Mails und WhatsApp.STOL: Haben Sie auch mit den Parteikollegen gesprochen?Barbieri: Ja, mit Frau De Lorenzo und mit Barborini (Giovanni; Anm.d.Red.).STOL: Und wie war Ihre erste Reaktion?Barbieri: Kann ich nicht sagen. Ich habe geflucht, also besser, ich sag’s nicht. Mir tat’s leid. Das Projekt hätte Bozen gut getan.STOL: Waren Sie immer schon für das Benko-Projekt?Barbieri: Anfangs nicht. Und als Frau Pitarelli (Anna Pitarelli, Benko-Befürworterin, damals noch SVP; Anm.d.Red.) den Stadtrat beinahe zu Fall gebracht hätte, wollte ich mit Nein stimmen. Aber ich bin so überzeugt vom Projekt, dass ich, trotz allem, mit Ja gestimmt hätte.STOL: Haben Sie, seit der Entscheidung, schon mit dem Bürgermeister geredet?Barbieri: Nein. Ich werde ihn noch anrufen (Stand Freitagabend; Anm.d.Red.). Die Sache muss sich erst mal wieder beruhigen. Dann schauen wir weiter.STOL: Wie geht’s Ihnen gerade? Fühlen Sie sich schuldig?Barbieri: Überhaupt nicht. Warum sollte ich? Im Bozner Gemeinderat sitzen 45 Vertreter. Wenn ich sterben sollte, bleibt Bozen auch nicht stehen. Nein, ich fühle mich nicht schuldig. Ich konnte nicht heimkommen. Wäre ich in Italien gewesen, wäre ich sicher gekommen. Aber von Kos aus, ist das Heimkehren nicht ganz so einfach.Interview: Petra Gasslitter