Wie aber konnte es dazu kommen? von Franz Niedermaier <BR /><BR />Die Gründe dafür sind vielschichtig: Da ist zum einen die Nähe von Friedrich Merz zum weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, die vor allem den strammen Sozialdemokraten weltanschaulich ein Gräuel ist. Zum anderen sind da die vielen gebrochenen Versprechen des 69-Jährigen. So hatten sich Union, SPD und ausgerechnet die für viele verhassten Grünen auf ein Billionenpaket für Verteidigung und für vermeintliche Investitionen in die Infrastruktur verständigt. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse (grundsätzliches Verbot einer Neuverschuldung für Bund und Länder), an welche Merz' Union zuvor dogmatisch festgehalten hatte, hat er dafür geopfert wie eine an den Realitäten orientierte Klimapolitik. Hier hatte er den Grünen ihr lange unerreichtes Ziel zugestanden, per Grundgesetz den Staat zum Klimaschutz und zur Herstellung von Klimaneutralität zu verpflichten<BR /><BR />Den Vorwurf der Wählertäuschung ließ Merz aber nicht gelten: Er habe eine Reform der Schuldenbremse sowie Gespräche über die Änderung des Grundgesetzes nie ausgeschlossen – eine Argumentation, die bei vielen angesichts der Aussagen vor der Wahl nur ein Kopfschütteln auslöst.<BR /><BR />Doch der Machtwille des Sauerländers Merz ist gewaltig. Offenbar will er Altkanzlerin Angela Merkel, die ihn einst aus dem politischen Machtzirkel hinausgeboxt hatte, zeigen, dass auch er Kanzler kann. Doch diese späte Rache an Merkel hat Merz blind gemacht für strategisch gute Entscheidungen. Durch seine „Brandmauer“ gegen die AfD hat er sich in eine Art babylonischer Gefangenschaft der alten Ampelparteien SPD und Grüne begeben und sämtlicher Spielräume entledigt. <BR /><BR />Es verwundert deshalb auch nicht, dass viele in der Union Merz sehr kritisch gegenüberstehen, weil er damit seinen künftigen Vizekanzler, den SPD-Chef Lars Klingbeil, eine schier unermessliche Machtfülle verschaffte, obwohl dessen Partei ihr historisch schlechtestes Ergebnis seit ihrer Gründung im 19 Jahrhundert einfuhr. Nach der Nicht-Wahl beeilte sich Klingbeil zu betonen, dass die SPD geschlossen für Merz gestimmt habe. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.<BR /><BR />Unmut erzeugte Merz zudem, weil er etliche Male Fachpolitiker den Parteisoldaten vorzog. Interne Kritik war die Folge.<BR /><BR />Auch wenn es im zweiten Anlauf doch noch knapp gereicht hat für Merz: Der Start seiner mit dem Anspruch des Politikwechsels angetretenen Regierung war denkbar schlecht. Bleibt nur zu hoffen, dass die neue Regierung diese Scharte bald auswetzen kann, so Vertrauen zurückgewinnt und das Land endlich aus der von der vorangegangenen Ampel-Regierung verschuldeten Rezession herausfindet.