Trotz intensiven politischen Beratungen konnten sich die beiden stärksten politischen Blöcke – die Mitte-Links-Allianz um Pierluigi Bersani und das Mitte-Rechts-Bündnis um Silvio Berlusconi – auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen.Mehrere Persönlichkeiten werden als neue Bewohner des Quirinals, dem Präsidentensitz in Rom, gehandelt.Hier die aussichtsreichsten Anwärter auf das Amt des Staatspräsidenten:Romano ProdiDer Ex-EU-Kommissionspräsident gilt als Spitzenkandidat der Mitte-Links-Allianz. Der 73-Jährige hatte als Präsident der EU-Kommission von 1999 bis 2004 historisch bedeutende Etappen des Staatenbundes, wie die Einführung der Gemeinschaftswährung und die Erweiterung auf 25 Mitgliedsländer, dirigiert.Prodi, der in seiner politischen Karriere zwei Mal als Ministerpräsident amtierte, gilt als Erzrivale des Ex-Premiers Silvio Berlusconi.Prodi habe die Italiener während seiner Amtszeit als Premier 1996 zur Zahlung einer „skandalösen Europasteuer“ gezwungen, um dem Land den Beitritt in den Euro-Raum zu ermöglichen, sagte Berlusconi kürzlich.Franco MariniDer Ex-Senatspräsident wird ebenfalls von der Mitte-Links-Allianz unterstützt, wird jedoch als überzeugter Katholik auch von gemäßigten Kreisen aktiv gefördert.Der 80-Jährige aus der Apenninen-Region Abruzzen gilt als Christdemokrat mit Leib und Seele. Ein halbes Jahrhundert hat Marini in den Reihen der katholischen Gewerkschaftsorganisation CISL, der Democrazia Cristiana und der Nachfolgepartei PPI verbracht.Hartnäckigkeit und Vermittlertalent sind die Haupteigenschaften Marinis, der unter anderem auch als Europa-Parlamentarier Erfahrung gesammelt hat.Paola SeverinoDer scheidenden Justizministerin werden gute Chancen eingeräumt, zur ersten Staatspräsidentin in der republikanischen Geschichte Italiens aufzurücken.Die parteiunabhängige Star-Rechtsanwältin könnte Unterstützung aus allen politischen Lagern erhalten. Da die 65-jährige Neapolitanerin nicht dem Mitte-Links-Block angehört, könnte ihre Kandidatur auch von Berlusconis Allianz aktiv gefördert werden.Anna FinocchiaroDie langjährige Fraktionschefin des Partito Democratico im Senat gilt als weitere starke Kandidatin, sollte sich das Parlament für eine Frau als Präsidentin entscheiden, wie mehrere Parteien in Italien zurzeit fordern.Die gebürtige Sizilianerin mit einer Karriere als Staatsanwältin wirbt um eine tiefgreifende moralische Erneuerung der Politik.Zuletzt ist sie jedoch parteiintern unter Beschuss geraten, nachdem sie von Paparazzi fotografiert wurde, während sie in Begleitung der Polizeieskorte Einkäufe bei Ikea erledigte.Gustavo ZagrebelskyDer Ex-Präsident des Verfassungsgerichts geht als parteiunabhängiger Kandidat um das Amt des Staatsoberhaupts ins Rennen. Der 70-jährige Jurist russischer Abstammung doziert Verfassungsrecht an der Universität Turin.Wegen seiner rigorosen Haltung wird Zagrebelsky auch von vielen Anhängern der Bewegung „5 Stelle“ unterstützt, die als drittstärkste Kraft im italienischen Parlament eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Präsidenten spielen wird.Giuliano AmatoDer Ex-Regierungschef, mehrmalige Minister und Finanzexperte gilt als Taktiker mit Gespür. In den turbulentesten Phasen nach dem Korruptionsskandal „Tangentopoli“, der 1992 eine ganze politische Elite in Italien hinwegfegte, hatte Amato eine Schlüsselrolle gespielt.Der Politiker, der zu den angesehensten Verfassungsrechtlern Italiens zählt, wird im Ausland hoch geschätzt. Als habilitierter Ökonom machte er auch mit juristischen Schriften zum Verfassungsrecht und zur linken Programmatik von sich reden.Emma BoninoDie 65-jährige Spitzenpolitikerin der Radikalen Partei hat internationale Erfahrung als EU-Menschenrechtskommissarin gesammelt und genießt Sympathien in Rechtskreisen.Ihre Kandidatur könnte jedoch wegen ihres Einsatzes für Scheidung, Legalisierung weicher Drogen und Abtreibung im Laufe ihrer politischen Karriere von katholischen Kreisen verhindert werden. Bonino wehrt sich außerdem heftig gegen den Einfluss des Vatikans auf die italienische Politik.Ihre Kritiker sind der Ansicht, die unkonventionelle Bonino sei für den Posten des Staatschefs ungeeignet, weil der Präsident in Italien mehr ein Moderator als ein aktiver Gestalter der Politik ist und sich den politischen Kräften des Landes gegenüber neutral verhalten muss.Stefano RodotáDer 79-jährige Jurist zählt zu den Spitzenpolitikern der italienischen Linken. Für die Kommunistische Partei und dann für den Partito Democratico della Sinistra (PDS) saß er zwischen 1979 und 1994 im römischen Parlament.Er hat sich aber vor allem als Italiens oberster Datenschützer einen Namen gemacht. Wegen seines Einsatzes für Medienpluralismus ist er öfters mit Berlusconi in Konflikt geraten.mit/sm