<b>von Bernd Posselt</b><BR /><BR />Syrien ist eine der ältesten Kulturlandschaften der Welt, seine Wurzeln reichen tief in die Antike zurück. Spätestens als römische Provinz bildete es, trotz oder gerade wegen seiner Vielfalt, eine starke Identität heraus, die unter keinem Regime oder Imperium verschwunden ist. Hingegen war der benachbarte Irak nach dem Ersten Weltkrieg eine eher künstliche Schöpfung der westlichen Kolonialmächte. <BR /><BR />Darum dürften die derzeitigen Wirrnisse nicht zum Zerfall der syrischen Staatsidee führen. Das Land hat 2 Gesichter, ein mediterranes und eines, das ins biblische Zweistromland blickt. Von der sunnitisch-arabischen Mehrheit haben sich im Lauf einer langen Geschichte Schiiten, Alawiten und Drusen abgespalten. Die starke christliche Minderheit hatte, trotz gewaltigen Aderlasses durch Auswanderung, immer Schlüsselpositionen in Staat und Gesellschaft inne, nicht zuletzt unter Vater und Sohn Assad. <BR /><BR />Als der Bürgerkrieg ausbrach, traf ich im Vatikan den Verantwortlichen für die orientalischen Kirchen, Kurienkardinal Ignatius Moses Daoud. Sein christliches Heimatdorf lag unweit des alawitischen der Assads, und trotz mancher Kritik betonte er, dass deren Verständnis für die christliche Volksgruppe größer sei als das der sunnitischen Mehrheit, die die Assads bekämpfte. <BR /><BR />Dies zeigt, wie kompliziert der Neuaufbau des syrischen Staates nach dem Sturz des Diktators ist. Nach 1918 sollte Syrien nach Versprechungen von Engländern und Franzosen zum Ausgangspunkt eines großarabischen Königreiches unter der Dynastie der Haschemiten werden. Vom „haschemitischen Halbmond“ aus Jordanien, Syrien und dem Irak blieb allerdings nur das Königreich Jordanien.<BR /><BR /> Ab 1950 versuchte die sozialistische und pan-arabische Baath-Partei, die in Syrien jetzt gestürzt wurde, dieses Vakuum zumindest im Zweistromland auszufüllen. Assad senior kam vom gemäßigten Flügel der Baath-Partei, entwickelte sich aber zum blutigen Tyrannen; ähnlich sein Sohn, der beim Amtsantritt 2000 noch Anlass zu vielen Hoffnungen bot. Deshalb: Vorsicht mit Vorschusslorbeeren für die neuen Machthaber!