<b>von Janos I. Szirtes</b><BR /><BR />Putin ist nun für Direktverhandlungen mit der Ukraine. Allerdings ist die Rede nur von „Verhandlungen“, während man einen Waffenstillstand ablehnt, weil sich Russland auf der Erfolgswelle wähnt. Die angedrohten umfangreiche Waffenlieferungen und neue Sanktionen trugen dazu bei.<BR /><BR />Direkte Verhandlungen aufzunehmen, ist neu. Erwarten darf man allerdings davon nicht viel, denn während Putin an seiner Maximalforderung gegenüber der Ukraine festhält, was einer Kapitulation schlimmer als zwischen Frankreich und Deutschland von 22. VI. 1940 in Compiègne wäre, kämpft die überfallene Ukraine um seine Souveränität und territorialer Integrität.<BR /><BR />Tatsächlich benötigen beide Seiten eine Waffenruhe. Dafür wird aber Putin erneut unannehmbare Vorbedingungen stellen. Die Ukraine hat bereits eingesehen, dass bei sinkender US-Unterstützung und das Fehlen der Bereitschaft westliche Langstreckenwaffen in Russland einsetzen zu können gepaart mit der ungleichen Soldatenzahl und der Tatsache, dass der menschliche Nachschub nicht gesichert werden kann, zumindest einen Waffenstillstand entlang der vorhandenen Frontlinie erforderlich macht.<BR /><BR />Für Putin, der zwar langsam, aber sicher unter großen menschlichen und Materialverlusten Gebietseroberungen erzielt, stellt sich die Frage anders. Zwar kann er die Menschen- und Materialverluste derzeit verkraften, aber die Mittel für die Kriegsführung gehen ihm mit Ende dieses Jahres aus. Das offizielle Defizit des Staatsbudgets von verkündeten zwei Prozent, was bisher aus den Mitteln des staatlichen Wohlfahrtsfonds finanziert wurde, geht 2025 aus. Der Fond hat seine neun Billionen Dollar Vermögen zweckentfremdet für den Krieg verwendet. Anleihen kann Russland wegen der Sanktionen nicht aufnehmen. Die Reserven sind im Ausland eingefroren. <BR /><BR />Der Verkauf von Rohstoffen und damit der Kriegsfinanzierung sinkt sowohl mengenmäßig wegen Abnahme der Nachfrage, als auch wegen sinkender Preise des Weltmarktes und der Notwendigkeit den Kaufwilligen große Rabatte gewähren zu müssen. Bleibt der Ausweg über die Steuererhöhung. Dieser wurde bislang wegen der innenpolitischen Wirkung nicht angewendet. Die Bevölkerung ist nämlich in Russland so lange apolitisch, bis sich seine Lebensumstände nicht verschlechtern. Kommt es dazu, kommen Widerstände auf die Tagesordnung, was man mit diktatorischen Mitteln nicht mehr verhindern kann. Für Putin würde ein Waffenstillstand entlang der „Realitäten“ mit anschließenden Friedensverhandlungen verkaufbar sein.<BR /><BR />Für eine erfolgreiche Friedensverhandlung, ob direkt, oder mit Vermittlern, sind die Bedingungen ungünstig. Putin will, Selenskyj kann die besetzten Gebiete nicht aufgeben, doch auch wirksame Garantien sind nicht möglich. Realistisch ist eine eingefrorene Frontlinie mit gelegentlichen Verletzungen des Waffenstillstandes und Endlosverhandlungen über einen Friedensvertrag das höchste des derzeit möglichen. Für die Welt nichts Neues: es gibt z. B. zwischen Japan und Russland deswegen keinen Friedensvertrag, weil Moskau die im Zweiten Weltkrieg besetzte japanische Inseln nicht zurückgeben will, doch auch die Demarkationslinie in Korea ist Jahrzehnte alt.<BR /><BR />Waffenstillstand mit dem Ende des systematischen Mordens und weiterer Vernichtung der ukrainischen Infrastruktur ist erreichbar, Friedensvertrag geht in die Endlosschleife.