1920 kam Südtirol – als Folge des Ersten Weltkriegs – zu Italien und wurde Teil der Provinz „Venezia Tridentina“, ab 1923 Teil der Provinz Trient. Bei der Neueinteilung der Regionen 1927 kam es zur Bildung der Provinz Bozen; die deutschsprachigen Gebiete des Unterlandes blieben bei Trient. „Die Grenze bildeten der Kalterer See und die Friedhofsmauer in Branzoll“, erklärt der Traminer, auf dessen neuem, elektronischen Personalausweis neben Tramin das Kennzeichen TN für die Provinz Trient steht. <BR /><BR />Der Traminer, um den es geht, ist 1946 geboren – in einer Zeit, in der die Provinzgrenze noch nicht an der Sprachgrenze bei Salurn verlief. Diese änderte sich erst 1948 mit dem ersten Autonomiestatut. <BR /><BR />„Wenn ich im Computer meine Daten eingebe und – wie im Personalausweis – im Feld Provinz TN schreiben will, kommt die Fehlermeldung“, sagt der Traminer. Denn die Gemeinde sei eben nicht Teil von Trient. <h3> Das gesamtstaatliche Register liefert die Daten</h3>Der Traminer wundert sich, dass gerade jetzt – 100 Jahre später – diese Gebietsaufteilung wieder Gewicht bekommt. In all seinen Dokumenten sei bislang Tramin als Gemeinde der Provinz Bozen angeführt gewesen. Erst auf dem neuen elektronischen Personalausweis, ausgestellt am 11. März 2021, steht das Provinzkürzel TN. „Das mag gesetzlich wohl korrekt sein, es ist aber befremdend und schafft Probleme in der Praxis“, sagt der Traminer. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="941872_image" /></div> <BR /><BR />Auskunft gibt auf Anfrage Anna Oberhofer, die Leiterin des Meldeamtes in der Gemeinde Tramin: „Da wundern sich schon viele“, sagt sie. Betroffen seien die Jahrgänge vor 1949. <BR /><BR />Warum gerade jetzt die historische Situation zum Tragen kommt, hängt mit dem gesamtstaatlichen anagrafischen Bevölkerungsregister ANPR zusammen. Seit 2021 müssen sich Südtirols Meldeämter auf diese Datenquelle stützen. Mit der Übereinstimmung der Daten auf den Dokumenten dürfte es laut Oberhofer aber keine Probleme geben, denn alle Ämter – ob Steueramt oder Amt für Führerscheine – holten sich die Daten von der gesamtstaatlichen Datenbank. <BR /><BR />„Die Zuteilung der deutschsprachigen Unterlandler Gemeinden an die Provinz Trient geschah unter dem Faschismus und sollte die Italianisierung vorantreiben“, sagt Bürgermeister Wolfgang Oberhofer. Dies sei eine Ungerechtigkeit gewesen, aber jetzt müsse man nach vorne blicken. „Das, was war, ist gewesen; die Geschichte können wir nicht mehr zurückdrehen“, betont er. Die Auswirkungen dürften heute aber nicht mehr zu spüren sein. <BR /><BR /><embed id="dtext86-61347498_quote" /><h3> Hintergrund</h3>Gebietsmäßig festgelegt wurde die Provinz Trient mit Verordnung vom Jänner 1923, wobei die ladinischen Gerichtsbezirke Cortina und Buchenstein losgetrennt und zu Belluno geschlagen wurden; die Gemeinden des Gerichtsbezirks Neumarkt einschließlich Tramin wurden der Unterpräfektur Cavalese unterstellt. Pfatten blieb beim Gerichtsbezirk Kaltern. <BR /><BR />Mit Dekret vom März 1923 kam der Gerichtsbezirk Neumarkt samt Tramin zum Landgericht Trient. 1927 wurde die Provinz Bozen neu errichtet. Die Gemeinden des Gerichtsbezirks Neumarkt und Tramin blieben aber bei der Provinz Trient. Diese beanspruchte auch die Gemeinde Pfatten für sich – ohne Erfolg. Das Unterland forderte immer wieder eine Rückkehr zu Bozen. Das erste Autonomiestatut 1948 legte die Provinzgrenze neu fest und rückte sie an die Sprachgrenze bei Salurn. An Südtirol angegliedert wurde das Gebiet dann am 21. Jänner 1949.