Digitale Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts. Mit diesem Ansatz verbindet Landesrätin Hagle im Bundesland Tirol ein Bündel von Maßnahmen, das im Schulbereich, aber auch im Ausbildungsbereich der Pädagoginnen und Pädagogen umgesetzt werden muss. <BR /><BR /><b>Corona hat den Schulalltag stark verändert. Welche Erfahrungen ergeben sich für Sie, die Sie für das Schulwesen im Bundesland Tirol zuständig sind, aus dieser Krise?</b><BR />Cornelia Hagele: Das stimmt, Corona hat den Schulalltag verändert. Aber nicht nur im negativen Sinne. Durch Maßnahmen wie das Homeschooling musste und konnte die Digitalisierung in der Schule wesentlich weiterentwickelt werden. Von 2018 bis 2024 stellt das Land Tirol 7 Millionen Euro für die Digitalisierung von Schulen zur Verfügung. Mit den Fördergeldern können die Schulen in ihre Infrastruktur- und IT-Ausstattung, in digitale Lehr- und Lernlabors und in die Fortbildung des Lehrpersonals investieren. <BR />Unser Ziel ist es, flächendeckend alle Tiroler Schulen in diesem Bereich optimal auszustatten. Kinder, die im digitalen Zeitalter geboren werden, benötigen digitale Kompetenzen. Sie sollen nicht nur die technischen Möglichkeiten kennenlernen, sondern vor allem die Fähigkeit erwerben, Medien den eigenen Bedürfnissen und Zwecken entsprechend zu nutzen und verantwortungsvoll und kritisch damit umzugehen. Digitale Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts. Dazu gehört, dass auch die Lehrpersonen diesen Weg mitgehen. Deshalb sind Aus- und Weiterbildungen für unsere Pädagoginnen und Pädagogen in digitaler und mediendidaktischer Unterrichtsgestaltung genauso wichtig.<BR /><BR /><b>Das Schulwesen hat sich aber bereits zuvor verändert. Die Pädagoginnen und Pädagogen haben neben der fachlichen Ausbildung sich als Lehrpersonen auch anderen Herausforderungen zu stellen. Sind die bestehenden Strukturen hier ausreichend? Was müssen – Ihrer Meinung nach – Tirols Schulen besser machen?</b><BR />Hagele: Die Schule ist der Ort, an dem unsere Kinder und Jugendlichen den Großteil ihrer Zeit verbringen. Dadurch kann dort auch eine Vielzahl von Belastungen für die Schülerinnen und Schüler auftreten – von Konflikten im Klassenverband über Mobbing und Diskriminierung bis hin zu familiären Problemen. Durch eine hochwertige pädagogische Ausbildung werden unsere Lehrkräfte darauf jedoch entsprechend vorbereitet. Neben der fachlichen Ausbildung, ist vor allem auch die Schulpraxis essenziell, um gut ausgerüstet in den Lehrberuf zu starten. Zudem stehen gut etablierte Hilfssysteme durch Schulpsychologen, Beratungslehrer und Schulsozialarbeiter als niederschwellige Anlaufstelle vor Ort für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte im Schulalltag unterstützend zur Seite.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="912100_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Die pädagogische Ausbildung der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer spielt hier eine wesentliche Rolle. In welche Richtung muss sich die Ausbildung der Aus- und Fortbildungseinrichtungen verändern?</b><BR />Hagele: Der Lebensraum Schule entwickelt sich ständig weiter – Globalisierung, Digitalisierung und mentale Gesundheit sind als zentrale Themen in der Gesellschaft in den letzten Jahren auch immer mehr in den Fokus der Schulbildung gerückt. Die pädagogische Ausbildung wird an diese gesellschaftlichen Entwicklungen stetig angepasst, um unsere Lehrkräfte auf die aktuellen Herausforderungen und Chancen bestmöglich vorzubereiten. Die pädagogischen Hochschulen leisten hier wertvolle und gute Arbeit in dem Bereich der Aus- und Fortbildung sowie der Qualitätsentwicklung und Weiterentwicklung der Lehre in Tirol. Mit Schwerpunktsetzungen im MINT-Bereich, in der frühkindlichen Bildung, inklusiven Pädagogik, Bildungs- und Berufsorientierung und frühsprachlicher Förderung ist die pädagogische Ausbildung am Puls der Zeit.<BR /><BR /><b>Es droht ein Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen, Erzieherinnen und Erziehern, sprich Pensionierungswelle einerseits, mangelndes Interesse andererseits. Wie wollen Sie diese Berufsfelder wieder attraktiver für junge Leute machen?</b><BR />Hagele: Die heurige Hauptausschreibung von Lehrer-Stellen in Tirol zeichnet ein ganz anderes Bild, das mich auch sehr freut. Insgesamt haben sich 1031 Personen für eine Stelle in einer allgemein bildenden Pflichtschule sowie in einer mittleren und höheren Schule beworben und damit deutlich mehr als gedacht. Ich denke also nicht, dass wir hier vor einem mangelnden Interesse sprechen können. Natürlich ist die Besetzung von Stellen im pädagogischen Bereich ein sehr komplexes Thema. Freie Stellen und Fächerkombinationen können nicht über alle Schulen hinweg gleichmäßig verteilt werden.<BR /> Ich glaube was es braucht, ist das Bewusstsein bereits vor Antritt der Ausbildung zu schaffen, welche Fächerkombination welche Möglichkeiten eröffnen und die Entscheidung demnach zu treffen. Dies wird bereits durch die Bildungsdirektion sowie die pädagogischen Hochschulen den Studierenden verstärkt kommuniziert. Grundsätzlich glaube ich jedoch schon an die intrinsische Motivation jeder angehenden Lehrerin und jedes angehenden Lehrers, in der die Vermittlung von Wissen und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Vordergrund steht. Diese wird, denke ich, in jedem Fach und in jeder Schule durchaus erfüllt, was den Beruf sehr attraktiv macht.<BR /><BR /><embed id="dtext86-60153252_quote" /><BR /><BR /><b>Vor diesen Herausforderungen stehen Sie ja auch in Bereich Pflege und Gesundheit, die ebenfalls in Ihre Regierungsverantwortung fallen. Welchen Plan haben Sie hierfür?</b><BR />Hagele: Der Fokus meiner Arbeit liegt vor allem darin die verschiedenen Bereiche gut miteinander zu verknüpfen. Die einzelnen Themen losgelöst vom Rest zu betrachten, bringt uns langfristig nicht weiter. Wir müssen in der Pflege wie in der Gesundheit wie in der Bildung darauf schauen, dass wir die uns zur Verfügung stehenden Mittel so effizient wie möglich einsetzen können. Wenn ich die Öffnungszeiten in der Kinderbetreuung ausbaue und die Kinderkrippe bereits um 7 Uhr öffnet, haben wieder mehr Pflegekräfte die Möglichkeit ihre Kinder vor der Schicht im Krankenhaus abzugeben und können dadurch wieder mehr Stunden übernehmen. Wenn wieder mehr Pflegekräfte zur Verfügung stehen, können dadurch mehr Betten in den Krankenhäusern und Pflegeheimen bespielt werden. Wenn man die Tagespflege, das Betreute Wohnen und die qualifizierte Kurzzeitpflege weiter ausbaut, stehen wieder mehr Betten in den Krankenhäusern zur Verfügung, die momentan belegt sind, weil es keinen anderen Platz gibt. Was es also braucht, ist vernetzt zu denken und alle Bereiche bei Lösungsansätzen miteinzubeziehen.<BR /><BR /><b>Auch hier spitzt sich ja die Problematik zu. Im Bereich der Pflege werden die Anforderungen, aber auch die Intensivität anwachsen. Welchen Ansatz verfolgen Sie hier?</b><BR />Hagele: Wir sind momentan dabei den Strukturplan Pflege für die nächsten 10 Jahre aufzusetzen. Dabei setzen wir verstärkt auf alternative Versorgungsformen wie die Tagespflege, Betreutes Wohnen und Wohngemeinschaften. Das sind Angebote, die weniger Ressourcen binden, wie es in Heimen der Fall ist. Zudem müssen wir einen stärkeren Fokus auf pflegende Angehörige legen, denn sie sind eine wichtige Ergänzung für die Pflegelandschaft in Tirol. Rund 80 Prozent aller zu Pflegenden werden nach wie vor zu Hause betreut. Zudem setzen wir verstärkt auf möglichst breit gefächerte und niederschwellige Ausbildungsmöglichkeiten in der Pflege. Das sind mittel- bis langfristige Lösungen, die wir hier anstreben. Um die Pflege kurzfristig zu entlasten, müssen wir jedoch mit den Ressourcen arbeiten, die uns jetzt zur Verfügung stehen. Und das ist die Arbeitszeit. Derzeit arbeiten so viele Köpfe in der Pflege wie noch nie. Wenn wir es schaffen, dass ein Teil von ihnen ihr Beschäftigungsausmaß erhöht, könnten wir möglichst schnell und effizient die Pflege entlasten. Ich weiß die Pflege ist ein physisch und psychisch sehr belastender Beruf, aber auch ein Beruf, der einem sehr viel zurückgibt. Künftig muss es uns gelingen, die positiven Seiten des Pflegeberufs wieder verstärkt vor den Vorhang zu holen, um junge Menschen aber auch Pflegerinnen und Pfleger wieder für diesen Beruf zu begeistern.<BR /><BR /><b>Sie haben sich mit Ihrem Südtiroler Amtskollegen Philipp Achammer schon zu einem Erfahrungsaustausch getroffen. In welchen Bereichen wollen Sie die Zusammenarbeit verstärken?</b><BR />Hagele: Wir wollen künftig weiterhin bestehende und gut funktionierende Kooperationen im Bildungsbereich weiterführen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Euregio-Jugendfestival, das seit 2011 jährlich den überregionalen Austausch zwischen Jugendlichen aus Tirol, Südtirol und dem Trentino stärkt. Bisher haben bereits über 700 Schülerinnen und Schüler an der Aktion teilgenommen. Solche Kooperationen stärken nachhaltig den Zusammenhalt zwischen unseren Ländern, fördern die Sprachkenntnisse und erweitern den Erfahrungshorizont der Jugendlichen.<BR /><BR />ZUR PERSON<BR /><BR />Cornelia Hagele ist am 14. Jänner 1975 geborgen und ist in Telfs wohnhaft. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. <BR />Von 1994 bis 2000 absolvierte sie das Studium der Rechtswissenschaften und Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck, das sie 2001 mit dem Doktorat der Rechtswissenschaften abgeschlossen hat. Von 2002 bis 2008 arbeitet sie unter anderem als Prokuristin und stellvertretende Geschäftsführerin bei der Hofer KG. Von 2008 bis 2022 war sie Kanzleimanagerin. <BR />Von 2018 bis 2022 war sie Abgeordnete zum Tiroler Landtag. Seit 25. Oktober 2022 ist sie Mitglied der Tiroler Landesregierung.<BR />