Das Thema bewegt die Bürger, weil sie die Teuerung ihrer Stromrechnungen- trotz Regierungshilfen - deutlich zu spüren bekommen. <h3> Versorgungskrise</h3> Italien produziert nur 25 Prozent der benötigten Energie, die restlichen 75 Prozent werden in Form von Gas, Erdölprodukten und Kohle aus dem Ausland importiert. Die in den letzten 20 Jahren getroffenen Entscheidungen haben der Produktion erneuerbarer Energien einen starken Impuls gegeben, die ein beachtliches, aber noch nicht ausreichendes Niveau erreicht hat. Der russisch-ukrainische Konflikt zeigt Italien jetzt deutlich, dass die Energie-Abhängigkeit aus dem Ausland das Land hohen Versorgungsrisiken und einer instabilen und spekulativen Dynamik aussetzt. Kein Wunder, dass die neue Regierung um Giorgia Meloni die Rückkehr zur Atomenergie, auf die die Italiener infolge einer Volksabstimmung 1987 verzichtet hatten, als mögliche Lösung für die Energieabhängigkeit des Landes betrachtet.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="839054_image" /></div> <BR />Prominentester Verfechter der Wiederaufnahme der Atomproduktion ist Infrastrukturminister Matteo Salvini. „Ich werde hartnäckig für unsere Rückkehr zur Atomenergie arbeiten. Italien könnte in 7 Jahren ein Atomkraftwerk besitzen und damit Energie zu niedrigeren Kosten als heute erzeugen“, proklamiert Salvini. So überzeugt ist der Lega-Chef von seinem Projekt, dass er sogar den Bau eines Kernkraftwerks in seiner Heimatstadt Mailand begrüßen würde.<BR /><BR /><embed id="dtext86-57231658_quote" /><BR /><BR /><BR />Auf die Einwände der Umweltschützer, Italien sei ein dicht bevölkertes und von Naturkatastrophen stark gefährdetes Land, auf dessen Boden man lieber keine Atommeiler bauen sollte, erwidert Salvini, dass weltweit 440 Kernreaktoren in Betrieb sind, mehrere davon im seismischen Japan und ein Dutzend davon in Frankreich, gleich hinter der italienischen Grenze.<BR /><BR /> Wer mit dem Comeback der Atomenergie liebäugelt, scheint vergessen zu haben, dass die Italiener bereits 2 Mal per Referendum Kernkraftwerke abgelehnt haben, einmal 1987, ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, und ein zweites Mal 2011. <BR /><BR /> Der starke Widerstand gegen Atommeiler in Italien, der nach der Tschernobyl-Katastrophe einen Höhepunkt erreicht hatte, ist zwar unter dem Druck der Energiekrise geringer geworden, dies ist aber kein guter Grund, um der Öffentlichkeit Kernkraft als die ideale Lösung für alle inzwischen chronischen Energieversorgungsprobleme Italiens hinzustellen. Meloni sollte das egoistische „Nimby“-Phänomen nicht unterschätzen. Das englische Akronym steht für: „Not in my backyard“, nicht in meinem Garten. Viele Italiener sind prinzipiell zwar für Atomenergie, aber bitte nicht in ihrem Hinterhof. Dass das Nimby-Phänomen stark verbreitet ist, bezeugen bereits die hartnäckigen Anrainer-Proteste gegen den geplanten LNG-Terminal im toskanischen Hafen von Piombino.<h3> Keine einfachen Wege</h3> Einfache Wege zur Bewältigung unserer Energieabhängigkeit sind nicht vorhanden, das muss klar sein und die Regierung Meloni sollte sich davor hüten, die Rückkehr zur Atomenergie der Öffentlichkeit als billige und schmerzlose Lösung darzustellen. Der Flirt mit dem Atom-Comeback könnte mehr Auseinandersetzungen auslösen, als sich die Premierministerin derzeit vorstellt.