Dass Alexander Van der Bellen am Sonntag gleich im ersten Wahlgang wiedergewählt wurde, heißt auch, dass der Ex-Grüne in den turbulenten Zeiten seiner 6 Amtsjahre nicht so viel falsch gemacht haben kann. Und dass sich die Österreicher nach Stabilität und einer ruhigen Hand, wenigstens in der Präsidentschaftskanzlei, sehnen.<BR /><BR />Der Amtsinhaber siegte mit 56,69 Prozent der Stimmen; das ist sogar mehr als bei der Stichwahl im Jahr 2016 mit 53,8 Prozent. Am „nächsten“ kam ihm noch der Herausforderer der rechten FPÖ, Walter Rosenkranz (17,68 Prozent). Die übrigen Kandidaten, gemeinhin Spaß-Kandidaten genannt, erreichten unter ferner liefen zwischen 8,31 und 1,59 Prozent. <BR /><BR />Aber vielleicht liegt der klare Sieg des alten Bundespräsidenten vor allem auch an der Qualität seiner Konkurrenten. Denn Van der Bellen, der in heiklen Zeiten zwar sehr wohl das eine oder andere Mal mahnend das Wort erhob, hat sich im kaum stattfindenden Wahlkampf einige Unsicherheiten geleistet. <BR /><BR />In einem TV-Duell gegen einen ernsthaften Konkurrenten hätte der 78-jährige, stets bedächtig wirkende ehemalige Wirtschaftsprofessor wahrscheinlich seine Probleme gehabt. Aber dazu kam es ja nicht, „VdB“ („Van der Bellen“) konnte es sich leisten, nicht gegen seine Mitbewerber anzutreten. <h3> Jux-Partie</h3>Denn die waren, mit Ausnahme des FPÖ-Kandidaten, keine politischen Gewichte: ein Anwalt und im vorigen Jahrhundert stecken gebliebener selbsternannter Weltenretter (Tassilo Wallentin), ein Kabarettist und Gründer einer Bierpartei (Dominik Wlazny), ein Wutblogger und Ex-Parteihopper (Gerald Grosz), ein Impfverweigerer (Michael Brunner) und ein grantiger Schuhfabrikant (Heinrich Staudinger); ein insgesamt jämmerlicheres Personal hat es bei einer Wahl fürs Staatsoberhaupt noch nie gegeben. Frau war auch keine dabei.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56435211_quote" /><BR /><BR />Die Jux-Partie hat sich jedenfalls gegenseitig kannibalisiert und vor allem mit dem Anwalt Wallentin, dem Wutblogger Grosz und dem Impfgegner Brunner das rechte Stimmenlager zersplittert. Und das ständige Ringen im Wahlkampf darum, wer im Falle eines Wahlsieges bei welcher Gelegenheit die Regierung ablösen würde (ein theoretisches Recht des Bundespräsidenten) spielte auch ganz klar Van der Bellen in die Hände.<BR /><BR />Jetzt ist er für weitere 6 Jahre, wenn es die Gesundheit des passionierten Rauchers zulässt, in die Wiener Hofburg entsandt, und die Nation tut gut daran, diese Wahl als wenig demokratiewürdig schnell zu vergessen. Nicht nur wegen der schwachen Wahlbeteiligung von 65,19 Prozent. Die ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP wiederum täten gut daran, sich zu überlegen, ob sie mit dem Nichtantreten bei der Präsidentschaftswahl nicht noch einmal an Glaubwürdigkeit verspielt und der Republik tatsächlich einen guten Dienst erwiesen haben. Denn aus Angst vor einer Niederlage gar nicht erst anzutreten, ist Ausweis schwächster politischer Ambition.