<b>von Franz Niedermaier</b><BR /><BR />Es war ein viel zitierter Satz, der Angela Merkel unsterblich machte – und Deutschland spaltete: „Wir schaffen das.“ Gesagt am 31. August 2015, mitten in der eskalierenden Flüchtlingskrise. Heute, zehn Jahre später, zeigt sich: Der Optimismus der Kanzlerin war größer als die Realität.<BR /><BR />„Wir“ – das meinte die deutsche Gesellschaft. „das“ – damit spielte sie auf die Aufnahme und Integration von Millionen Menschen an, vor allem aus Syrien, Afghanistan und Irak. Merkel setzte auf Humanität, Pragmatismus und den Wohlstand eines starken Landes, der den Zugewanderten aus meist archaisch strukturierten Kulturen zugute kommen sollte. Für den Moment funktionierte es: Zelte, Notunterkünfte, Helfer in Turnhallen. Die Willkommenskultur war da, Zweifler und Kritiker wurden dagegen als Unmenschen behandelt.<h3> Eine ernüchternde Bilanz</h3>Doch wie sieht die Bilanz nach einer Dekade aus? Und was hat sie mit dem Land gemacht? Vordergründig fanden Hunderttausende Schutz vor Krieg und Verfolgung. Zwischen 2015 und 2025 stellten über 2,2 Millionen Menschen Asylanträge. Viele besuchten Sprachkurse, einige fanden Jobs. Branchen wie Pflege oder Handwerk profitierten von der Zuwanderung. Humanitär betrachtet blieb Deutschland seiner Rolle treu.<BR /><BR />Doch die Aufgabe wurde bald zu groß, die Kosten explodierten: Allein 2023 flossen 29,7 Milliarden Euro Bundesmittel, seit 2015 summierten sich Hunderte Milliarden. <BR /><BR />Besonders brisant: Kriminalitätsstatistiken des BKA zeigen seit 2015 einen überproportionalen Anstieg von Tatverdächtigen unter Asylbewerbern. Gewalt, Diebstahl, Sexualdelikte – Themen, die das Vertrauen vieler Bürger untergraben. Weihnachtsmärkte hinter Betonpollern, Security in fast allen Krankenhäusern und abgesagte Faschingsumzüge haben das Land verändert. Gleichzeitig zerbrach die politische Mitte: Die AfD wuchs, die Gesellschaft polarisierte sich, Ressentiments verfestigten sich.<BR /><BR />Besonders deutlich zeigt sich das Scheitern des verhängnisvollen Satzes im deutschen Bildungssystem. Was als Appell zur Zuversicht gedacht war, hat sich im Schulalltag längst ins Gegenteil verkehrt: Die Integration der Geflüchteten ist – wie der aktuelle IW-Bildungsmonitor ohne Umschweife belegt – im Bildungsbereich krachend gescheitert.<BR /><BR /> Die Zahlen sind dramatisch: Der Bereich „Integration und Bildungschancen“ ist seit 2013 um 43,7 Punkte eingebrochen – ein unbekannter Absturz in der hundertteiligen Skala. Experten sprechen von einer „Wasserscheide“ um das Jahr 2015: Bis dahin Fortschritte, danach der rasante Niedergang, ausgelöst durch die Überforderung des Systems angesichts der großen Migrationsbewegung. Die Bildungsintegration der Geflüchteten ist damit nicht bloß lückenhaft – sie ist nach Ansicht der Bildungsforscher der Knackpunkt, an dem sich das komplette System nachhaltig verschlechtert hat.<h3> Wir haben es nicht geschafft</h3>Haben „wir“ „es“ also geschafft? Die ehrliche Antwort lautet: Nein. Humanitäre Hilfe ja – aber Integration, Kostenkontrolle und Sicherheit bleiben ungelöst. Merkel unterschätzte die Dimension. Was als moralischer Imperativ begann, entwickelte sich zu einer dauerhaften Belastungsprobe für Staat und Gesellschaft. Die Politik will das Tabuthema nicht angehen und schmeißt Arbeits-, Armuts- sowie Asylmigration undifferenziert in einen Topf. Damit erweist man dem Asylsystem keinen Gefallen und zerstört es langfristig.<BR /><BR />Die Lehre nach zehn Jahren wäre, weniger auf naive Durchhalteparolen und mehr auf Steuerung und qualifizierte Migration zu setzen. <BR /><BR /> Doch das Schlimmste an der Misere ist: Mit ihr wurde eine unselige Moralisierung genährt, die den in der Demokratie so wichtigen Diskurs unmöglich macht. Stattdessen wird die Moralisierung über alle möglichen Themen ausgedehnt. Sie nimmt das Land in Geiselhaft und raubt ihm so sämtliche Perspektiven.<BR /><BR />Es wäre an der Zeit, die Realitäten wieder anzuerkennen. Doch damit verbunden ist das Eingeständnis, einen Fehler gemacht zu haben. Das Zugeben von Fehlern fällt dem Menschen jedoch schwer - erst recht, wenn die Fehler und deren Folgen wahrhaft gewaltig sind.