Das Arbeitsförderungsinstitut AFI mischt sich mit Nachdruck in die Debatte rund um die geplante Wohnreform 2025 in Südtirol ein. Nach intensiven Analysen und Fachdiskussionen am institutseigenen „Arbeitstisch Wohnen“ hat das Institut neun konkrete Anregungen und ein offenes Fragezeichen formuliert. Ziel ist es, laut AFI-Direktor Stefan Perini, „einen konstruktiven Beitrag zur politischen Diskussion zu leisten – damit Wohnen für Normalverdienende in Südtirol wieder leistbar wird.“<h3> 1. Gamechanger gesucht: Mehr Mittel für den gemeinnützigen Wohnbau</h3>Der gemeinnützige Wohnbau gilt als dritte, bislang vernachlässigte Säule am Wohnungsmarkt. Der Gesetzentwurf sieht aktuell jährlich fünf Millionen Euro Fördermittel vor – zu wenig, um echten Wandel zu schaffen, warnt das AFI. Die Forderung: Deutliche Budgetaufstockung und aktive Beteiligung von Land und Gemeinden als Bauherrn – nach österreichischem Vorbild.<h3> 2. Sanieren statt zubauen</h3>Um Flächenfraß zu vermeiden, braucht es klare Prioritäten: Sanierung, Verdichtung und Bauen im Bestand sollen höher gefördert werden als Neubauten. Konkrete Vorschläge liegen vor: 50 Prozent mehr Förderung für Sanierungen und 25 Prozent für mehrgeschossige Neubauten.<h3> 3. Leerstand aktivieren – statt verfallen lassen</h3>Mit Nachdruck fordert das AFI die Reaktivierung des Bestandsnutzungsfonds. Ziel: Leerstände in bewohnbare Wohnungen umwandeln. Dafür braucht es gezielte Förderung, Beratung und personelle Ressourcen – etwa durch kommunale „Kümmerer“.<h3> 4. Mieterschutz UND Vermietersicherheit</h3>Der geplante Garantiefonds für Vermieter:innen dürfe nicht zum Preistreiber werden, mahnt das Institut. Anspruch auf Fondsleistungen soll nur haben, wer zu fairen Bedingungen vermietet. Als Alternative bringt das AFI auch bewährte Vermittlungsmodelle aus Vorarlberg und Parma ins Spiel.<h3> 5. Schluss mit Schlupflöchern: 100 Prozent für Einheimische</h3>Neue Wohnbauzonen sollen vollständig konventioniert werden – also ausschließlich Einheimischen vorbehalten sein. Nur so könne Spekulation verhindert und tatsächlicher Bedarf gedeckt werden. Nach fünf Jahren sei eine Evaluierung denkbar, aber bis dahin brauche es klare Regeln statt Kompromisse.<h3> 6. Zugang erleichtern – aber gerecht</h3>Bürokratieabbau beim Zugang zu gefördertem Wohnraum ja – aber nicht zu Lasten der sozialen Gerechtigkeit. Wer bereits angemessenen Wohnraum besitzt, soll keinen Anspruch auf zusätzlichen, konventionierten Wohnraum haben.<h3> 7. Missbrauch bekämpfen – mit innovativen Lösungen</h3>Effektivere Kontrollen sind wichtig, aber nicht genug. Das AFI plädiert für digitale Plattformen oder spezialisierte Agenturen, um leerstehende Wohnungen rascher wieder zu vermitteln. Auch Non-Profit-Organisationen könnten hier eine tragende Rolle spielen.<h3> 8. Vorkaufsrecht sozial austarieren</h3>Das Vorkaufsrecht des WOBI müsse in Regionen mit Wohnungsknappheit ausgewogen gestaltet sein. Ziel sei eine faire Verteilung zwischen Sozialwohnungen und Wohnraum für den Mittelstand – insbesondere in Städten wie Bozen, wo Wohnraummangel besonders akut ist.<h3> 9. Stopp dem „Stadel-Artikel“</h3>Scharfe Kritik äußert das AFI am sogenannten „Stadel-Artikel“, der in der zweiten Gesetzgebungskommission eingeführt wurde. Dieser könne Zersiedelung fördern und Spekulation anheizen. Das klare Urteil: Der Artikel gehört gestrichen – ersatzlos.<h3> Das Fragezeichen: Mitarbeiterunterkünfte – Chance oder Risiko?</h3>Ein besonders komplexes Thema sieht das AFI in der neuen Wohnkategorie „Mitarbeiterunterkünfte“. Diese könnten in touristisch geprägten Gemeinden zur Entlastung des Wohnungsmarkts beitragen – doch es bleiben viele offene Fragen. Welche Auswirkungen ergeben sich auf den sozialen Wohnbau, den Arbeitsmarkt und die Raumordnung? Eine vertiefte Analyse sei dringend notwendig.