Joachim Löws Experiment mit neuem Spielsystem und dem Zauberduo Mesut Özil und Mario Götze wäre am Freitag beim 3:3 (1:3) gegen die Ukraine beinahe fehlgeschlagen. Im Finalstadion der EURO 2012 in Kiew sorgten erst die eingewechselten Simon Rolfes (65.) und Thomas Müller (77.) für den am Ende glücklichen Ausgleich.Torwart Ron-Robert Zieler war bei seinem Debüt vor der Pause machtlos gegen die Gegentreffer von Andrej Jarmolenko (28.), Sergej Konopljanka (36.) und Sergej Nasarenko (45.). Der starke Toni Kroos (38.) hatte vor 69.720 Zuschauern für den Anschluss der deutschen Mannschaft gesorgt, die am Dienstag in Hamburg gegen die Niederlande den letzten Test in diesem Jahr absolviert.„Ich habe die Dreierkette deswegen getestet, um den Ernstfall vor dem Ernstfall zu proben. Ich habe gesehen, dass die junge Mannschaft das Spiel drehen wollte und mit Selbstvertrauen aus der Kabine kam“, urteilte Löw über die Steigerung in den zweiten 45 Minuten. „Es ist natürlich sehr schade, dass die erste Halbzeit so gelaufen ist. Aus Torwartsicht wünscht man sich das anders. Aber so ist Fußball“, sagte Ron-Robert Zieler, der bei seinem Debüt im deutschen Tor einen bitteren Abend erlebte. Der 50. Neuling unter Löw hatte kaum Gelegenheit sich auszuzeichnen und musste doch dreimal hinter sich greifen.233 Tage vor dem EM-Finale an gleicher Stätte schickte der experimentierfreudige Bundestrainer in Kiew die jüngste Mannschaft in seiner Amtszeit auf den Rasen und probierte ein neues taktisches System aus. Das erstmals angewandte 3-4-2-1 sorgte allerdings vor allem in den eigenen Reihen für Verwirrung. Durch naive und anfängerhafte Fehler im Defensivverhalten wurde der Gegner regelrecht zum Toreschießen eingeladen – in der Unordnung behielt allein Mats Hummels einigermaßen die Übersicht.Und auch das Spiel nach vorne hatte sich Löw sicher anders vorgestellt. Die erstmals gemeinsam in der Startelf aufgebotenen Götze und Özil zeigten wenig Harmonie im Zusammenspiel und wurden beide Mitte der zweiten Halbzeit ausgewechselt. Özil unterliefen viele Abspielfehler, Götze lief sich häufig fest. So wurde Kroos zum Aktivposten und Spielmacher der deutschen Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von 22,72 Jahren. Der Münchner überzeugte mit klugen Pässen und suchte selbst den Abschluss.Bei Minusgraden und leichtem Schneefall waren die Gastgeber als erste auf Betriebstemperatur. Allerdings wurden ihnen das Toreschießen von der Deutschen auch leicht gemacht. Nach einem weiten Pass von Konopljanka hatte Rakizki auf der rechten Seite freie Bahn. Seine Hereingabe drückte Jarmolenko zur Führung über die Linie. Acht Minuten später ließ sich die viel zu weit aufgerückte deutsche Abwehr von Konopljanka düpieren, der von der Mittellinie aus loszog und als letzten auch noch Zieler umspielte. Doch die deutsche Mannschaft steckte den Schock schnell weg: Kroos gelang mit einem Schuss von der Strafraumgrenze der Anschluss. Drei Gegentore in einer Halbzeit hatte es unter Löw bis dahin jedoch nicht gegeben.Mit einem Sonntagsschuss aus gut 30 Metern stellte der eingewechselte Nasarenko noch vor der Pause den alten Abstand wieder her. Fünf Minuten nach Wiederbeginn verhinderte Zieler mit seiner besten Tat gegen Schewtschenko das drohende 1:4. Erst danach begannen Löws Wechsel zu greifen. Andre Schürrle brachte frischen Wind in die Partie und auch die später gebrachten Müller und Lukas Podolski sorgten für Belebung. Nach Zuspiel von Hummels traf Rolfes zum 2:3, ehe Müller mit einem satten Schuss aus 16 Metern die drohende erste Auswärtsniederlage seit dem 1:4 gegen Italien am 1. März 2006 in Florenz abwendete.dpa