Einer der mutmaßlichen Wettbetrüger behauptete in einem Verhör der Staatsanwaltschaft Cremona, dass das Erstligaduell der beiden Clubs (2:2) sowie die Spiele zwischen Lecce und Cagliari (3:3) und zwischen Genua und Lecce (4:2) manipuliert worden seien. Wie und von wem, gab der 55-jährige Arzt Marco Pirani jedoch nicht an. „Alle Angaben müssen deshalb überprüft werden“, betonte Untersuchungsrichter Guido Salvini. Die betroffenen fünf Clubs wiesen die Verdächtigungen zurück.Unterdessen haben nach dem Sportdirektor des Drittligisten Ravenna Calcio, Giorgio Buffone, auch zwei Fußballer des Zweitligisten Ascoli zumindest teilweise gestanden. Wie die „Gazzetta dello Sport“ am Dienstag berichtete, gab Vincenzo Sommese die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zumindest zum Teil zu. Er betonte jedoch, dass der Club nichts damit zu tun gehabt habe.Auch Vittorio Micolucci gab ein Teilgeständnis ab. Die Ermittler spielten ihm ein abgehörtes Gespräch von ihm mit Pirani vor, in dem sich der Verteidiger entschuldigte, beim 1:1 gegen Bergamo kein Gegentor verursacht zu haben und Wiedergutmachung für den Wettverlust versprach. Micolucci behauptete jedoch, nur zum Schein auf den Deal eingegangen zu sein und nie Spiele manipuliert zu haben.Inzwischen ermitteln bereits fünf Staatsanwaltschaften im Wettskandal. Neben Cremona sind dies die Behörden in Bari, Potenza, Reggio Calabria und Neapel, wo vor allem Verbindungen zur Camorra untersucht werden. Die italienische Regierung richtete im Einvernehmen mit dem Nationalen Olympischen Komitee Italiens (CONI) und dem italienischen Fußballverbands (FIGC) eine „Task Force“ zur Aufklärung der Affäre ein.Am Mittwoch wird der unter Hausarrest stehende Ex-Nationalspieler und Lazio-Rom-Kapitän Beppe Signori in Cremona verhört. Er ist neben Atalanta Bergamos Spielführer Cristiano Doni der prominenteste Verdächtige.Tiroler Wettanbieter: Zehn manipulierte Spiele in Serie ADas Tiroler Wettunternehmen SkySport 365 arbeitet weiter mit den italienischen Justizbehörden bei der Klärung des Manipulationsskandals zusammen, der den italienischen Fußball erschüttert. Die in Innsbruck beheimatete Gesellschaft hat den Ermittlern eine Liste von zehn Matches dieser Serie A-Saison mit verdächtig großen Wettsummen geliefert. Die Ermittler vermuten, dass diese Spiele manipuliert worden seien. Manager der Tiroler Gesellschaft sollen am Freitag als Zeugen von den Staatsanwälten in Neapel befragt werden.„Wir haben schon im vergangenen Dezember begonnen, der italienischen Polizei verdächtigte Wettströme anzuzeigen. Uns sind rund 15 Spiele der Serie A und der Serie B aufgefallen“, berichtete Giovanni Gentile, Sprecher von SkySport 365 in Italien. „Ich denke, dass die Ermittler bisher nur die Spitze eines Eisbergs entdeckt haben. Wir wollen unseren Beitrag zur Klärung dieses Skandals leisten. Wir wollen nicht, dass wegen illegaler Wetten der Ruf der Wettgesellschaften geschädigt wird“, meinte Gentile. SkySport 365 ist seit 2009 im Wettgeschäft in Italien, Österreich und Serbien aktiv.Zu den Spielen, die der Tiroler Gesellschaft wegen verdächtig großer Wettsummen aufgefallen sind, zählen Matches der Serie A-Aufsteiger Atalanta Bergamo und AC Siena. Vor allem drei Serie A-Spiele der abgelaufenen Saison sind ins Visier der Ermittler geraten. Dabei handelt es sich um das am 20. März ausgetragene Match zwischen AC Fiorentina und AS Roma (2:2), um das Meisterschaftsspiel US Lecce – US Cagliari (3:3) vom 17. April und um das Match FC Genoa – US Lecce (4:2) vom 23. April. Die Spiele seien manipuliert worden, behaupten die Ermittler.Als Drahtzieher gelten ein Zahnarzt aus Ancona, ein Tabakhändler aus Pescara und der Torwart des Drittligisten Benevento Calcio. Bis 300.000 Euro pro Spiel zahlten sie an Bestechungssummen, sie konnten bis zu fünf Millionen Euro auf ein einziges Spiel setzen. Woher diese riesigen Summen stammen, blieb bisher ungeklärt. Mitglied des kriminellen Rings war laut den Ermittlern auch der inhaftierte Ex-Stürmer der italienischen Nationalmannschaft, Giuseppe Signori, der am Mittwoch von den Staatsanwälten vernommen werden soll.Die in den Sog des Skandals geratenen Erstligisten beteuern ihre Unschuld. „AS Roma ist eine saubere Gesellschaft. Die Staatsanwälte sollen in Ruhe arbeiten, doch die Medien sollten nicht Schlamm auf uns werfen“, kommentierte Roma-Präsidentin Rosella Sensi. Auch der Chef von Fiorentina, Andrea Della Valle, schloss entschieden jegliche Verwicklung seines Clubs in die Affäre aus.Die sportlichen Auswirkungen der Korruptionsaffäre sind noch nicht abzusehen. Die in die Affäre verwickelten Serie A-Aufsteiger Atalanta Bergamo und AC Siena zittern. Weiter sind in der Serie B Sassuolo, Piacenza und Ascoli involviert. Der Fußballverband FIGC verspricht Transparenz bis Ende Juli, damit die nächste Saison planmäßig beginnen kann. Doch angesichts des Ausmaßes der Affäre scheint es unwahrscheinlich, dass in wenigen Wochen Klarheit über die Verantwortung der Clubs geschaffen werden kann. dpa/apa