Die beiden Leistungssportler erzählen, wie sich Beine nach 200 Kilometern anfühlen und warum es manchmal besser ist, auf den Körper zu hören. <BR /><BR /><BR /><BR />Wer hier ins Ziel kommen will, braucht nicht nur Muskeln, sondern auch Nerven aus Stahl. Denn es müssen ganze 265 Kilometer und 15.000 Höhenmeter überwunden werden, um das Rennen zu beenden. Dass diese Zahlen sogar Leistungssportler an ihre Grenzen bringen, ist daher keine Überraschung. <BR /><BR />Zu den Teilnehmern des Etappenrennens gehörten in diesem Jahr auch die 2 Südtiroler Ivan Favretto (29) aus Klausen und Philipp Plunger (29) aus Gufidaun. Sie sind beide keine unbekannten Namen in der Berglauf-Szene. Philipp Plunger schaffte es vor etwa einem Jahr, den Weltrekord im „Everesting“ zu Fuß aufzustellen. Beim Everesting geht es darum, die 8848 Höhenmeter des höchsten Berges der Welt – des Mount Everest – an einer beliebigen Steigung in einem Stück zu absolvieren. Philipp Plunger brauchte nur 9 Stunden und 25 Minuten dafür. <BR /><BR /><b>Flaues Gefühl im Magen</b><BR /><BR />„Normalerweise sind meine Rennen aber kürzer“, erklärt er. „Ich mache Rennen, die von einer halben Stunde bis zu zwei Stunden dauern.“ Und so hatte Philipp Plunger ein besonders flaues Gefühl im Magen, als er sich am 3. September mit seinem besten Kollegen und TransAlpin-Partner Ivan Favretto nach Hirschegg in Österreich aufmachte. <BR /><BR />Ivan Favretto war hingegen die Ruhe selbst, während sie geschlagene 1,5 Stunden warten mussten, um die Startnummern vor Ort abzuholen. Zwar hatte er noch nie am TransAlpin Run teilgenommen, doch Rennen, die sich über Stunden ziehen, sind sein Spezialgebiet. „Die Rennen bei denen ich teilnehme fangen erst ab 4 bis 5 Stunden an und sind nach oben hin offen“, lacht Ivan Favretto. Und diese scheint der 29-Jährige zu dominieren. Erst im April diesen Jahres holte er sich beim „The Abbots Way“-Rennen über 125 km und 5200 Höhenmetern den ersten Platz und sicherte sich sogar den Streckenrekord. <BR /><BR /><b>Von ganz unten bis ganz nach oben</b><BR /><BR />Doch der TransAlpin Run ist dann doch eine Nummer größer. Das wurden den Beiden bereits bei der ersten Etappe klar. Los ging es in Hirschegg, Österreich. „Nach der ersten Etappe hatte ich eine ziemliche Krise“, erinnert sich Philipp Plunger. „Ich glaube, es war einfach der ganze Stress am Tag vorher und die Aufregung. Dazu sind dann auch noch Magenprobleme gekommen.“ Das Südtiroler Team musste bei diesem ersten Rennen auch in der zweiten Gruppe starten, eine halbe Stunde hinter den ersten 100 Teams. „Das Überholen im Steig hat ziemlich viel Kraft gekostet“, erinnert sich Ivan Favretto. <BR /><BR />Egal wie trainiert und wie erfahren – auch Leistungssportler kämpfen mit sich selbst. Doch trotz allem fand Philipp Plunger die Motivation, weiterzumachen. Beigetragen zu der wiedererlangten Motivation hat sicherlich auch sein Team-Kollege Ivan Favretto. „Wir sind gute Kollegen. Deshalb wusste ich, wie ich ihm zureden musste“, erinnert er sich. „So macht man das als Team.“ <BR /><BR />Und als Team schafften sie es bald darauf auch bis ganz nach vorne. „In der zweiten Etappe konnten wir bereits mit der ersten Startgruppe starten. Das hat sehr geholfen. Bei der dritten Etappe haben wir uns den dritten Platz erlaufen können“, erzählt Philipp Plunger. Die beiden flogen fast über die 34 Kilometer und 2450 Höhenmeter und von der anfänglichen Unsicherheit war nichts mehr zu sehen. „Das war schon ein toller Moment. Die Landschaft und das Wetter waren der Wahnsinn. Das gibt einem schon echt viel“, so Ivan Favretto. <BR /><BR /><b>Die letzte harte Probe</b><BR /><BR />Gut umsorgt blickten die Beiden gespannt auf die noch anstehenden Etappen. Ein leckerer Kaiserschmarren nach dem Rennen und eine Massage zum Auslockern der Muskeln war ein Muss, um Körper und Seele weiterhin fit zu halten. Und nach den darauffolgenden starken Etappenergebnissen schien ihnen der 4. Gesamtplatz fast sicher. Doch wie es im Leben – und vor allem auch im Leistungssport – so oft ist, wurden die Beiden am Ende des Rennens auf eine weitere harte Probe gestellt. Eine Probe, die sie schließlich zum Abbruch des Rennens zwang. <BR /><BR />Trotz des rasant steigenden Kilometerkontos der beiden schienen diese ihnen nichts anhaben zu können. Auch nach über 200 Kilometer fühlten sich die Beine der beiden Leistungssportler noch immer fit an. Doch bei einem Rennen wie dem TransAlpin Run kommt den Sportlern ein noch so kleiner Fehltritt teuer zu stehen. „Am vierten Tag bin ich am Ende der Etappe umgeknickt. Es hat nicht groß weh getan und unsere Masseurin Nicole hat sich direkt nach dem Rennen darum gekümmert“, erinnert sich Philipp Plunger. <BR /><BR /><b>Entzündete Sehne</b><BR /><BR />Auch bei der vierten und fünften Etappe schmerzte der Knöchel nicht besonders und er konnte die Etappen mit der richtigen Behandlung ohne größere Probleme hinter sich bringen. „Ich weiß nicht, ob es bis zum Schluss die Überbelastung war oder etwas Anderes“, sagt Philipp Plunger heute und hat dabei noch immer einen enttäuschten Unterton in der Stimme: „Aber in der Nacht vor der letzten Etappe konnte ich nicht mehr schlafen. Plötzlich hat der Knöchel angefangen zu pochen. Die Sehne war entzündet.“ <BR /><BR />Philipp Plunger haderte lange mit der Entscheidung. „Es ist so, als würdest du den Gipfel schon sehen und dann musst du aufgeben, bevor du da bist.“ Doch seine Gesundheit stand auf dem Spiel. „Ich hatte auch schon Rennen, bei denen ich nicht ins Ziel gekommen bin. Dieser Punkt kann immer kommen. Ich habe Philipp gesagt, dass es nichts bringt, das Rennen fertig zu machen, um danach noch monatelang verletzt zu sein“, sagt Ivan Favretto. <BR /><BR /><b>Dankbar trotz der Enttäuschung</b><BR /><BR />Und so entschieden sich Philipp Plunger und Ivan Favretto schweren Herzens nicht zur 7. und letzten Etappe des Rennens anzutreten. Die Enttäuschung ist zwar auch heute, etwa eine Woche nach dem Rennen, noch da. „Wegen Ivan, aber auch unseren Helfern und unseren Sponsoren tut es mir Leid, dass wir das Rennen nicht beenden konnten.“ Denn wie die beiden erklären sind die Kosten und die Betreuung, die ein solches Rennen den Athleten abverlangt, nicht ohne Hilfe zu stemmen. <BR /><BR />Doch trotz der Enttäuschung überwiegt im Rückblick die Dankbarkeit und Freude über die Erfahrung. „Ich habe so viel gelernt“, freut sich der Everesting-Weltrekordhalter. Und sein Teamkollege fügt hinzu: „Nicht viele bekommen die Gelegenheit ein solches Erlebnis mit seinem besten Kollegen zu teilen.“<BR /><BR />Dass die beiden im nächsten Jahr ein weiteres Mal beim TransAlpin Run antreten ist keineswegs ausgeschlossen, denn wie die beiden erklären, ist „die Motivation jetzt schon zurück.“ Und wahrscheinlich sogar noch größer als zuvor. <BR />