<b>Von Miriam Roschatt</b><BR /><BR />Sie war die allererste Frau in ganz Südtirol, die 1987 laut Landesverband der Handwerker (lvh) eine Kaminkehrerausbildung begonnen hat: Evelyne Schaller aus Brixen. Ob das immer schon ihr Traumberuf war? Sie schmunzelt. Ursprünglich hatte die heute 55-Jährige nämlich eine ganz andere Berufspassion: Als gelernte Konditorin zauberte sie Torten, anstatt Schornsteine zu fegen. <BR /><BR />Doch das Kaminkehrerhandwerk liegt in Schallers Genen – ihr Vater Engl Schaller († 2020) gründete 1961 in Brixen den Kaminkehrdienst „Schaller“, in dem auch ihr Bruder Florian arbeitet. Eines Tages verletzte sich dieser, und so kam Evelyne ins Spiel. „Ich musste ganz spontan aushelfen“, erzählt sie rückblickend. Aus der kurzfristigen Aushilfe wurde dann aber (schnell) mehr: Evelyne Schaller entdeckte ihre Liebe für das „Glückshandwerk“ und tauschte kurzerhand den Backlöffel gegen die Rußschaufel. <BR /><BR />1987, also mit 18 Jahren, begann sie in der Berufsschule Brixen die Schulbank zu drücken. Die verpflichtenden praktischen Stunden absolvierte sie bei ihrem Vater im Unternehmen – wo auch sonst? Heute, knapp 37 Jahre später, steht die mittlerweile zweifache Mutter kurz vor ihrer Pensionierung und sagt stolz: „Wenn Kaminkehrerinnen vor Ihrer Haustür stehen, können Sie sich glücklich schätzen. Denn wir hinterlassen unseren Arbeitsplatz in der Regel sauberer als unsere männlichen Kollegen!“ <I>(lacht)</I><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1077453_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Heute ist Evelyne Schaller eine von (lediglich) drei Frauen, die im lvh als Kaminkehrerinnen verzeichnet sind. „Wir sind wenige, aber es gibt uns – und das ist wichtig zu kommunizieren“, sagt sie.<BR /><BR />Ein typischer Arbeitstag der kecken Brixnerin, der wie aktuell in der Hochsaison acht bis zehn Stunden beträgt, verspricht viel Abwechslung: von der Reinigung von Kaminen, Öfen und Herden in Privathäusern, über die Überprüfung von großen Heizkesseln und Abgasanlagen in großen Industrieanlagen bis hin zur Beratung von Architekten, Bauherren und Heizungsinstallateuren bei der Auswahl und Positionierung von Schornsteinen und Abgasanlagen. <BR /><BR />Manch einer mag jetzt vielleicht denken: „Für diesen Job braucht es einen Mann!“ Doch wie heißt es so schön? Ausnahmen bestätigen die Regel. Kaminkehrerin Evelyne Schaller jedenfalls beherrscht alles, was ihre männlichen Kollegen auch können. Ihre zierliche Statur erweist sich dabei als echter Vorteil: Mit Leichtigkeit gelangt sie in enge, schwer zugängliche Bereiche, um Schornsteine und Abgasanlagen gründlich zu reinigen. <BR /><BR />Und trotzdem: Der Beruf sei nach wie vor eine Männerdomäne, bestätigt Evelyne Schaller. Das erlebe sie tagtäglich, auch in ihrem Familienunternehmen, in dem sie aktuell die einzige weibliche Kaminkehrerin ist. <BR /><BR />Übrigens: Mit ihrer Passion fürs Handwerk hat sie auch ihren Mann angesteckt, der 1994 als gelernter Mechaniker in den Familienbetrieb eingestiegen ist und heute als „schwarzer Engel“ gemeinsam mit Evelyne und Bruder Florian das Geschäft stemmt. <h3> „Bei den Bauarbeitern muss ich mir Respekt verschaffen“</h3>Von ihren Kollegen wird Schaller respektiert. Und auch von Kunden. Also eigentlich alles gut – wären da nicht die Baustellen. Regelmäßig ist sie nämlich auf dem Bau unterwegs, wo sie als Kaminkehrerin u.a. Architekten, Bauherren und Heizungsinstallateure bei der Auswahl und Positionierung von Schornsteinen und Abgasanlagen berät. So weit, so gut. „Allerdings“, erzählt sie, „gibt es einige Bauarbeiter, bei denen ich mir als Kaminkehrerin immer noch Respekt verschaffen muss.“<BR /><BR />Mittlerweile hat sie sich aber ein dickes Fell zugelegt und schreckt vor solchen Herausforderungen nicht zurück – genauso wenig wie vor den körperlichen Anforderungen, die der Beruf mit sich bringt. Diese müsse man nicht fürchten, wenn man gesund und fit sei, „genauso wenig wie die Männer“, lacht die Brixner Frohnatur. „Aber eines“, betont sie dann doch, „das darf man als Frau in diesem Beruf auf keinen Fall haben: Höhenangst und Angst vor Schmutz! Am Ende eines Arbeitstags sehen wir nämlich oft aus wie ein Kaminkehrer aus dem Bilderbuch – bedeckt von Schmutz, Ruß und Asche.“ Damit hat Schaller aber kein Problem. Sie bereut ihre Entscheidung für diesen Beruf nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Sie würde ihn jederzeit wieder wählen, wie sie selbst sagt.<h3> Evelyne inspirierte eine weitere Frau fürs Handwerk</h3>Mit diese Einstellung hat Evelyne Schaller vor einigen Jahren eine weitere Brixnerin dazu gebracht, den Beruf der Kaminkehrerin einzuschlagen: Maria Luise Profanter. Eigentlich wollte die 45-Jährige immer Zimmerin werden. Ihre Mutter hatte ihr damals aber davon abgeraten. „Die Balken sind ja viel zu schwer für dich“, legte sie ih<?TrVer> rer Tochter nahe, die nur die Augen verdrehte und dachte: „Ach, danke auch!“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1077456_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Als wenig später Kaminkehrer Florian Schaller (zur Erinnerung: der Bruder von Evelyne Schaller) bei den Profanters vorbeischaute, um den Herd zu reinigen, erzählte er der jungen Maria Luise, dass auch seine Schwester als Kaminkehrerin arbeite. Diese Nachricht ließ die junge Mittelschulabsolventin aufhorchen – der Startschuss ihrer Karriere. 1994 begann sie eine Lehre im Familienunternehmen Schaller und war in der Folge 14 Jahre für die Schallers tätig. In der Berufsschule, die sie neben der Lehre besuchte, war sie die einzige weibliche Schülerin. Wie ihre Schulkollegen auf die junge Frau reagierten? „Eigentlich ganz gut“, sagt sie, erinnert sich dann aber doch an einige männliche Lehrpersonen, die gemeint hätten: „Das ist ein Männerberuf, da hat eine Frauen nichts zu suchen!“<BR /><BR />Heute arbeitet Profanter für den Kaminkehrer Moritz Kostner in Vahrn. Auch sie ist auf Dächern, in Industriegebäuden und natürlich auch in Privathäusern unterwegs. „Dort“, erzählt sie, komme es oft zu sehr persönlichen Gesprächen: „Für die Kunden bin ich oft eine Art Psychologin, sie vertrauen nicht nur meinem handwerklichen Geschick, sondern auch mir als Mensch.“ Es komme auch häufig vor, dass Kunden sie alleine in ihren Wohnungen arbeiten lassen. Dieses Vertrauen sei für Profanter die schönste Form der Wertschätzung. In ihrem Arbeitsalltag komme aber nicht nur Vertrauen, sondern manchmal auch Glück ins Spiel. „Einmal“, plaudert die Brixnerin dann noch aus dem Nähkästchen, „stieg ich bei einer hochschwangeren Kundin die Leiter hinauf, als genau in diesem Mo<?TrVer> ment ihre Fruchtblase platzte. Das war unglaublich. Ich habe dann die Rettung gerufen.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1077459_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Dass Profanter, die selbst Mutter von drei Kindern ist, ihren Traumjob ausübt, verdankt sie nicht nur ihrem sehr zuvorkommenden Team, sondern auch der Flexibilität, den dieser Beruf mit sich bringt. „Ich habe meine Kunden und kann mir meine Zeit autonom einteilen“, erklärt sie. <BR /><BR />Anderen Frauen, die Interesse an ihrem Job haben, rät sie: „Probiert es aus!“ Und was den Schmutz anbelangt? Da lächelt sie nur und sagt: „Es gibt Wasser und Seife. Und nur so zur Info: Mein Sohn macht gerade die Schlosserlehre und der kommt – ehrlich gesagt – abends oft dreckiger nach Hause als ich .“ <I>(lacht)</I>