Immer mehr Südtiroler verzichten selbst bei kleinen Beträgen auf Cash. Das zeigt ein Blick aktuelle Daten zum Zahlungsverhalten. Und dennoch: Ganz aus der Mode wird das Bargeld so schnell nicht kommen.<BR /><BR /><BR /><BR /><i>von Rainer Hilpold</i><BR /><BR /><BR /><BR />Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war noch nicht klar, ob der Trend zum Bezahlen mit Karte nur ein vorübergehendes oder ein bleibendes Phänomen werden würde. Jetzt ist klar: „Aus dem Trend wurde Gewohnheit, die Entwicklung hat sich weiter verstärkt“, bringt es Georg Mair am Tinkhof, Chief Operating Officer (COO) der Volksbank, auf den Punkt. <BR /><BR /><BR />Einige Zahlen dazu: „Wir haben 2020 insgesamt einen Nettozuwachs von 8000 neuen Karten verzeichnet, das entspricht einem Plus von 25 Prozent gegenüber dem Wachstum 2019.“ Vor allem aber habe sich die Nutzung dieser bargeldlosen Zahlungsmittel verändert: „Der Großteil unserer Kunden hatte bereits eine Bankomat- oder Kreditkarte. Während es für einige von ihnen schon vor Corona ganz normal war, damit zu bezahlen, war dies besonders für ältere Menschen keineswegs üblich. Das ist nun anders: 2020 bezahlten auch ältere Menschen vermehrt bargeldlos, gewannen Vertrauen und erkannten, dass es im Alltag durchaus praktische Vorteile haben kann.“ <BR /><BR /><BR />Wobei Karte nicht gleich Karte ist. „Das Volumen bei Kartenzahlungen hat insgesamt um 10 Prozent abgenommen. Während bei Kreditkarten jedoch das Minus bei 20 Prozent lag, blieb das Volumen bei Zahlungen mit Bankomatkarte im Krisenjahr gleich, und das obwohl die Ausgaben und der Konsum in Südtirol merklich zurückgingen.“ <BR /><BR /><BR />Die Unterschiede zwischen Kredit- und Bankomatkarte hängen nach Aussagen des Experten damit zusammen, dass Branchen, in denen viel mit Kreditkarte bezahlt werde, stark unter den Folgen der Pandemie leiden. „Das Volumen der Kartenzahlungen im Bereich Reisen verringerte sich um 45 Prozent, bei Restaurants und Hotellerie um 40 Prozent und bei der Bekleidung um 25 Prozent. Wachsen konnten nur die Segmente Lebensmittel und Gesundheit sowie der Online-Handel.“<BR /><BR /><BR /><b>Ohne Bargeld zum Bäcker</b><BR /><BR /><BR />Ebenfalls eine Erkenntnis des Coronajahres 2020 sei, dass die Bankomatkarte auch für kleinere Beträge als Bargeldalternative genutzt werde: „Viele Südtiroler haben keine Berührungsängste mehr und begleichen selbst die Rechnung beim Bäcker im Umfang von ein paar Euro mit ihrer Karte.“ <BR /><BR /><BR />Demgegenüber sei auch die Bereitschaft bei kleineren Händlern gestiegen, eine Kartenzahlung zu akzeptieren: „Das war bis Corona durchaus nicht immer gang und gäbe.“ Seit einigen Jahren muss ein Händler oder Freiberufler dem Konsumenten das Recht einräumen, auch mit Karte bezahlen zu können – allerdings bleibt es für den Anbieter auch heute noch folgenlos, wenn er dies nicht tut. <BR /><BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-47744857_quote" /><BR /><BR /><BR /><BR />Eine wichtige Rolle beim Alltagseinsatz von Karten spielt laut Mair am Tinkhof das Cashback-System des Staates, das seit Dezember läuft: „Da wurde ein sehr attraktiver Anreiz geschaffen. Einerseits kann man Geld sparen, konkret bis zu 150 Euro pro Halbjahr bei mindestens 50 Operationen, andererseits ist damit ein spielerisches Element verbunden.“ Zur Erklärung: Den 100.000 eifrigsten Kartennutzern in Italien winkt ein Sonderpreis von 1500 Euro, der so genannte Super Cashback. Die Strategie, Anreize für Alternativen zu schaffen anstatt Bargeld zu verteufeln, scheint bislang also aufzugehen. <BR /><BR /><BR /><BR />Auch wenn das Cashback-System von den Kunden sehr gut angenommen werde, weise es doch einige Schwachstellen auf, so Mair am Tinkhof: „Eines der größten Probleme ist aus meiner Sicht, dass es kein Call Center gibt, an das sich Nutzer mit ihren Fragen und Anliegen wenden können. So bleibt vieles an uns Banken hängen. Zum Beispiel ist unklar, warum die Zahlung via Smartphone über Google Pay oder Apple Pay bis heute nicht funktioniert. Zu Fragen wie dieser können wir als Bank keine Auskünfte erteilen, weil wir am Cashback-System nicht direkt beteiligt sind.“ <BR /><BR /><BR /><b>„Bargeld wird weiter zurückgedrängt, verschwindet aber nicht“</b><BR /><BR /><BR />Seit 1. Februar ist zudem bereits das nächste Projekt des Staates zur Förderung von Kartenzahlungen aktiv: die Kassenbonlotterie. Auch wenn es nach Angaben der gesamtstaatlichen Handelsvereinigung Confcommercio derzeit noch nicht überall reibungslos funktioniert: „Eines von 3 Geschäften hat das Kassensystem noch nicht an die Kassenbonlotterie angepasst.“ Spätestens in einem Monat soll es dann flächendeckend möglich sein, mit jeder Kartenzahlung an der Lotterie teilzunehmen. Die erste Ziehung findet am 11. März steht, dabei geht es um 10 Mal 100.000 Euro.<BR /><BR /><BR />Bleibt die Frage, wohin also die Reise geht im Zahlungsverkehr? Mair am Tinkhof ist sich sicher, dass der Anteil elektronischer Zahlungsmittel weiter zunehmen wird, auch wegen der steigenden Nutzung des Smartphones, das den Vorgang an der Kasse noch einfacher und schneller mache. „Elektronische Alternativen könnten das Bargeld also immer weiter zurückdrängen, ganz verschwinden wird es aber nicht. Und das ist auch gut so.“<BR /><BR /><BR />Wobei sich auch die Art und Weise, wie sich die Kunden das Bargeld bei der Bank beschaffen, geändert hat: „2019 gingen noch 13,5 Prozent in die Filiale, um Geld vom Konto abzuheben. 2020 waren es nur noch 7,5 Prozent der Kunden, 92,5 Prozent besorgten sich das Geld via Karte vom Automaten.“<BR /><BR />