Wenn die Inflation schneller steigt als die Löhne angepasst werden, spricht man von Reallohnverlust. Das schadet der Wirtschaft, weil den Haushalten Kaufkraft entzogen wird.<BR /><BR /> Genau das passiert derzeit in Südtirol. „Es handelt sich um eine übergreifende Entwicklung, die die Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftssystems infrage stellt“, sagt Afi-Präsident Stefano Mellarini. <BR /><BR /><b> <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/loehne-in-suedtirol-tschenett-so-ist-armut-vorprogrammiert" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Löhne in Südtirol: „So ist Armut vorprogrammiert“ – Das sagt der Gewerkschafter Tony Tschenett im großen Interview. HIER können Sie es lesen. </a></b><BR /><BR /> Laut aktuellen Daten des Astat sind im Privatsektor die Reallöhne in den vergangenen zehn Jahren um 8,5 Prozent gesunken. Im öffentlichen Dienst betrug der Rückgang 4,5 Prozent innerhalb von fünf Jahren.<BR /><BR />Selbst Kollektivverträge bieten keinen Schutz vor diesem Trend: Beschäftigte in den drei wichtigsten Vertragssektoren mussten ebenfalls deutliche Einbußen hinnehmen – minus 7,5 Prozent im Tourismus, minus 6,5 Prozent im Handel und minus 5,3 Prozent in der Metallverarbeitung im Zehnjahreszeitraum.<h3> Führungskräfte weniger betroffen</h3>Zwischen den Berufsgruppen zeigen sich erhebliche Unterschiede. Während bei Angestellten die Reallöhne um mehr als acht Prozent zurückgingen, belief sich der Rückgang bei Führungskräften lediglich auf 1,2 Prozent. Bedeutet: Bei Führungskräften sind die Gehälter deutlich besser an die Preissteigerungen angepasst.<BR /><BR />Eine weitere Erkenntnis der Analyse: Die Kluft zwischen Nominal- und Reallöhnen hat sich vor allem in den vergangenen Jahren vertieft – insbesondere in den Inflationsjahren 2022 und 2023. Auf die starken Preissteigerungen seien keine entsprechenden Lohnerhöhungen erfolgt, obwohl Fachkräftemangel und eine theoretisch stärkere Verhandlungsposition der Arbeitnehmenden bestanden hätten, betont das Afi.<h3> Der fehlende Blick auf die Niedriglohnbranche</h3>Wie aus einer früheren Astat-Studie hervorgeht, verdient jeder achte Arbeitnehmende in der Südtiroler Privatwirtschaft nicht einmal 9 Euro brutto die Stunde. Dieses Phänomen wird als „Working Poor“ bezeichnet – Menschen, die trotz Vollzeitbeschäftigung in einer Situation relativer Armut leben. Als Problembranchen gelten laut Fachliteratur vor allem Pflege, Küche, Abfallwirtschaft und Reinigung.<BR /><BR />„Von unseren Stakeholdern haben wir den Auftrag erhalten, uns 2026 näher mit diesen Niedriglohnbeziehern zu befassen und vor allem auch die Niedriglohnbranchen näher in den Blick zu nehmen“, betont Afi-Direktor Stefan Perini. <BR /><BR />In manchen Fällen trage auch die öffentliche Hand zur Misere bei: Durch übertriebene Preisabschläge bei öffentlichen Vergaben werde die Billiglohnpolitik zusätzlich verstärkt – und damit das Problem weiter verschärft, so das Afi.