<b>Herr Oberhuber, wie würden Sie Agri-Fotovoltaik beschreiben?</b><BR />Michael Oberhuber: Unter dem Begriff Agrivoltaik versteht man die Kombination aus einer Fotovoltaikanlage und einer landwirtschaftlichen Produktionsfläche, die mit einer Kulturpflanze bebaut ist oder als Weide dient. Ausschlaggebend ist, dass die Lebensmittelproduktion nicht beeinträchtigt wird und die Stromproduktion nicht als Ersatz für die landwirtschaftliche Produktion gesehen wird. <BR /><BR /><b>Inwieweit ist die Laimburg auf diesem Feld aktiv?</b><BR />Oberhuber: Erste Konzepte zu Agrivoltaik gibt es seit den 80er Jahren, die erste Pilotanlage entstand meiner Kenntnis nach im Jahr 2004. Seit 2008 betreibt die Laimburg auf Anregung von Ingenieur Czaloun, einem Südtiroler Pionier, ein Agrivoltaik-Versuchsfeld. In diesem Versuchsfeld ist eine Fotovoltaik-Anlage 6 Meter über dem Boden einer Apfelanlage installiert und stellt die wohl erste ihrer Art über der Kultur Apfel dar. Dies war ein erstes Konzept, man spricht auch von der ersten Generation. Zu betonen ist dabei, dass durch eine geringe Dichte an Solarmodulen, die Produktivität der Apfelfläche nicht beeinträchtigt wird. Aktuelle Systeme haben eine größere Dichte an Modulen und werden derzeit intensiv erforscht. Solche Anlagen der zweiten Generation gibt es beispielsweise in Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien und der Schweiz. Wir sind mit diesen Forschungszentren im Austausch und arbeiten aktuell mit dem Südtiroler Bauernbund, Eurac Research und internationalen Partnern an einer neuen Versuchsanlage im Rahmen eines EU-Projekts. Dabei denken wir einen Schritt weiter, nämlich die Fotovoltaikanlage als Kulturschutz zu verstehen und dorthin zu entwickeln.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56674390_quote" /><BR /><BR /><b>Welche neuen Möglichkeiten bietet dieses System für die Landwirtschaft und den Klimaschutz in Südtirol?</b><BR />Oberhuber: Einmal geht es um die Stromproduktion und deren Beitrag zum Klima. Richtig geplant, bringt Agrivoltaik auch der landwirtschaftlichen Kultur Vorteile, beispielsweise wird durch eine gezielte Beschattung ein Zuviel an Sonne vermieden. Je nach Bauweise und Anbringung der Module könnte ein Schutz vor Hagel und Regen, vielleicht auch ein begrenzter Frostschutz, geschaffen werden. Das sind aktuelle Forschungsfragen. <BR /><BR /><b>Bedürfen unsere Kulturpflanzen eines Schutzes?</b><BR />Oberhuber: Ja, es ist evident, dass die Kulturpflanzen einen Schutz benötigen. Agrivoltaik bietet eine gezielte Beschattung, ähnlich wie Hagelschutznetze. Mit neuen Agrivoltaik-Systemen ließe sich dieser Beschattungsschutz noch gezielter steuern und einsetzen. Aber dass ein Sonnenschutz notwendig geworden ist, ist unbestritten. Und der Klimawandel wird dieses Bedürfnis nach Sonnenschutz noch verstärken. Daneben ist ein Regenschutz interessant, denn dadurch lässt sich das Auftreten von Pflanzenkrankheiten verringern. Zudem könnten Agrivoltaik-Module in den Hagelschutz integriert werden. Ob auch ein Frostschutz-System möglich ist, muss noch evaluiert werden.<BR /><BR /><b>Wie lässt sich die Agrivoltaik konkret in der Landwirtschaft umsetzen?</b><BR />Oberhuber: Fotovoltaik-Anlagen sind derzeit in Südtirol im landwirtschaftlichen Grün verboten. Viele Länder überdenken jedoch bereits diese Gesetzgebung. Grundsätzlich braucht es für die Umsetzung gesetzliche Änderungen und technische Konzepte, vor allem was die Stromableitung aus den landwirtschaftlichen Flächen anbelangt. Es gibt einige technische Limits, welche noch gelöst werden können. Vor allem aber sind Anpassungen auf politischer Ebene gefragt. Wie bereits erwähnt, soll der Strom jedoch nur ein Nebennutzen sein, im Vordergrund steht der Nutzen für die Kulturfläche bzw. die Pflanze.<BR /><BR /><b>Welche Beeinträchtigungen könnten dadurch entstehen?</b><BR />Oberhuber: Der Haupteffekt von Agrivoltaik auf die Pflanzen ist die Beschattung. Hier gibt es verschiedene Lösungsansätze, denn einerseits ist ein gewisser Grad erwünscht, andererseits lässt sich die Beschattung durch Module mit lichtdurchlässigen Bereichen steuern. Darüber hinaus gibt es fixe oder mobile bzw. drehbare Systeme, mit denen man die Beschattung abhängig von der Sonneneinstrahlung dosieren kann. Eine andere wichtige Beeinträchtigung betrifft das Landschaftsbild.<BR /><BR /><b>Was glauben Sie, welche Zukunft wird Agrivoltaik in Südtirol haben? </b><BR />Oberhuber: Die Zukunft hängt vor allem von den gesetzlichen Rahmenbedingungen ab. Von technischer Seite ist eine Optimierung der Anlagen in Ausarbeitung, um den Pflanzen einen bestmöglichen Schutz zu bieten, unter Berücksichtigung des Agrarökosystems und des Landschaftsbilds.<BR /><BR />