Wirtschaftsforscher Georg Lun und Arbeitsmarktexperte Stefan Luther wagen eine Prognose. <BR /><BR />„Südtirols Wirtschaft dürfte heuer ein Wachstum von 3 Prozent des BIP erreichen“, so Lun, der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) der Handelskammer Bozen ist. Trotz Energiekrise und weiterer Erschwernisfaktoren, scheint sich Südtirols Wirtschaft also vorerst nicht von ihrem Kurs abbringen zu lassen. „Besonders der Tourismus und die Exportwirtschaft, aber auch das Handwerk und der Handel haben ein recht gutes Jahr hinter sich.“ <h3> Wirtschaft wird kaum noch wachsen</h3>Die zentrale Frage lautet nun: Wie lange kann Südtirol sein Wachstum fortsetzen, wenn die Produktionskosten unaufhaltsam steigen, der Konsum schwächelt und wichtige Handelspartner wie Deutschland in die Rezession rutschen? „Ich denke, dass die Folgen dieser negativen Rahmenbedingungen im ersten Halbjahr 2023 voll sichtbar werden. Das Wachstumstempo von 2022 werden wir sicher nicht halten können, eher rechne ich im besseren Fall mit einem marginalen Plus von 0,5 Prozent oder aber mit einem Null-Wachstum in den ersten 6 Monaten. Dass wir eine Rezession erleben, denke ich hingegen nicht“, so Lun. „Die Situation wird schwieriger werden, aber nicht dramatisch.“ <BR /><BR />Im zweiten Halbjahr 2023 könnte das Gröbste bereits wieder überstanden sein, mutmaßt Lun. Angesprochen auf die Entwicklung im Schlüsselsektor Tourismus, sagt er: „Ich denke, dass die Nachfrage in der Wintersaison nicht einbrechen wird. Südtirol ist keine Billig-Destination. Die Klientel, die nach Südtirol reist, wird sich von steigenden Preisen für Aufstiegsanlagen und Hotels nicht abschrecken lassen. Dazu kommt die anhaltende Euro-Schwäche, die Schweizern einen Südtirol-Urlaub zu vorteilhafteren Preisen beschert.“ <h3> Corona-Instrumente am Arbeitsmarkt</h3>Anlass für Schwarzmalerei sieht auch Stefan Luther, Direktor der Landesabteilung Arbeit, nicht, wenngleich er „ungemütlichere Zeiten“ am Arbeitsmarkt herannahen sieht: „Wir beobachten die Lage mit erhöhter Aufmerksamkeit. Konkrete Hinweise auf eine drastische Verschlimmerung haben wir aktuell keine, auch weil das Meldesystem beim Lohnausgleich teilweise etwas träge ist. Allerdings ist schon davon auszugehen, dass wir kurz- bis mittelfristig am Arbeitsmarkt wieder Instrumente brauchen werden wie in Coronazeiten“, so Luther. <BR /><BR />„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit dem ordentlichen Lohnausgleich getan sein wird. Es wird Sonderformen des Lohnausgleichs brauchen, um die schwierige nächste Zeit zu überbrücken und Beschäftigte in energieintensiven Branchen aufzufangen. Das wird Rom wieder sehr viel Geld kosten, was eigentlich nicht da ist. Aber diese Schritte werden unvermeidbar sein.“ Kurzum: „Wir könnten derzeit am Arbeitsmarkt die Ruhe vor dem Sturm erleben“, sagt er. <BR /><BR />„Es bleibt zu hoffen, dass ein richtiger Sturm ausbleibt, ähnlich wie bei Corona: Da wurde von vielen eine Massenarbeitslosigkeit befürchtet, am Ende waren die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt nicht annähernd so schlimm.“