Mit dem Gesetz Nr. 238/2010 wurde bekanntlich eine Steuerbegünstigung für Akademiker eingeführt, um die Rückkehr nach Italien von im Ausland tätigen Arbeitern und Studenten steuerlich zu fördern und so dem Abfluss von jungen und qualifizierten Arbeitskräften, den sogenannten „brain drain“, aus Italien entgegenzuwirken. <BR /><BR />Die Steuerbegünstigung bestand in einer signifikanten Reduzierung des steuerbaren Einkommens, wonach Frauen nach einer Rückkehr nach Italien nur noch 20 Prozent Ihres Einkommens und Männer 30 Prozent besteuern mussten– das restliche Einkommen war hingegen von der Einkommensteuer IRPEF befreit. Viele Südtiroler, die im Ausland studiert oder gearbeitet hatten, haben in den vergangenen Jahren bekanntlich die Steuerbegünstigung in Anspruch genommen.<BR /><BR />Trotz der klaren Ausgangslage hat das Finanzamt Bozen die gesetzliche Bestimmung allerdings äußerst restriktiv ausgelegt und in vielen Fällen bedauerlicherweise die Anwendung der Begünstigung aberkannt, was zu einer Vielzahl von Gerichtsverfahren vor dem Steuergericht Bozen führte. <BR /><BR />Die 2 Hauptargumente, die das Finanzamt bei den Ablehnungen regelmäßig angeführt hat, waren zum einen (1) die fehlende Verlegung des Hauptwohnsitzes ins Ausland bzw. die fehlende ins Verzeichnis der Auslandsitaliener (AIRE), sowie (2) die Ausübung eines Sommerjobs bzw. eines Praktikums während der Semesterferien. <BR /><BR />Im letzten Halbjahr sind circa 10 Urteile des Steuergerichtes Bozen ergangen, von denen einige durch unsere Kanzlei betreut wurden, die eine klare Tendenz der Rechtsprechung zugunsten der Steuerzahler erkennen lassen.<h3> Nebenwohnsitz zulässig</h3>Die Richter bestätigen in den letzten Urteilen zum wiederholten Male die Auffassung, dass das Vorhandensein eines Nebenwohnsitzes, so wie es in Österreich oft üblich ist, und die Beibehaltung des formellen Wohnsitzes in Italien bzw. die Nichteintragung in das AIRE-Register nicht hinderlich sind, um die Steuervorteile anzuwenden. <BR /><BR />Was für die Inanspruchnahme der Steuervorteile schlussendlich zählt, ist die effektive Absolvierung eines Studiums im Ausland und der Umstand, dass dies hinreichend dokumentiert werden kann. Der Nachweis der Tätigkeit und des Aufenthaltes im Ausland kann durch die Vorlage von Arbeitsverträgen, erzielten Studientiteln, Mietverträgen oder ähnlichem erfolgen.<BR /><BR />Pikant dabei: dass die formelle Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland nicht erforderlich ist, wurde bereits mehrmals vom zentralen Finanzamt in Rom in Rundschreiben erlassen, die die Notwendigkeit der Eintragung in das AIRE-Register für nicht erforderlich ansehen, was die Frage aufwirft, wieso das lokale Finanzamt in Bozen weiterhin im Widerspruch zur Zentrale dieses Argument einbringt. <h3> Sommerjobs kein Hinderungsgrund</h3>Zudem hat das Steuergericht in mehreren Urteilen bestätigt, dass kurze Arbeitstätigkeiten in Form von Sommerjobs oder Praktikas während der Semesterferien kein Hindernisgrund für die Inanspruchnahme der Steuervorteile darstellen, sofern es sich hierbei um Jobs handelt, die in den natürlichen Unterbrechungen des akademischen Jahres ausgeübt werden. <BR /><BR />Das Gericht wendete dabei die authentische Interpretation an, welche mit dem Haushaltsgesetz für das Jahr 2021 durch die Intervention der 3 SVP- Parlamentarier Renate Gebhard, Albrecht Plangger und Manfred Schullian eingeführt wurde, welche genau diese Unterbrechungen als nicht relevant einstuft. <h3> Stipendium aus Südtirol kein Ausschlussgrund</h3>Ein weiterer positiver beschiedener Fall der neuen Rechtsprechung betrifft den Erhalt eines Stipendiums von der Autonomen Provinz Bozen – bekanntlich beziehen doch einige Studenten während ihres Studiums Stipendien.<BR /><BR />Das Finanzamt war der Ansicht, dass ein Stipendium, welche aus steuerlicher Sicht ein Einkommen aus italienischer Quelle darstellt, grundsätzlich im Widerspruch zur Anwendung des Steuervorteils steht. Ein italienisches Einkommen weise laut Auffassung des Finanzamtes indirekt auf eine Anwesenheit des Steuerzahlers in Italien hin, was einen Hinderungsgrund darstellen würde. <BR /><BR />Dieser Auffassung erteilt das Steuergericht eine Absage. Das Steuergericht argumentiert in diesem Fall, dass Stipendien, die eigens für im Ausland Studierende vorgesehen sind, sehr wohl mit der Inanspruchnahme der Steuervorteile vereinbar sind, da es gibt diesbezüglich kein Gesetz gibt, dass die Inanspruchnahme der Stipendien und gleichzeitige Anwendung des Steuerbonus untersagt.<h3> Einkommen in Italien stellt kein Ausschlussgrund dar</h3>Dass Einkommen aus italienischer Quelle nicht im Widerspruch zur Anwendbarkeit zur Begünstigung stehen, wurde auch in einem weiteren Urteil bekräftigt, in dem der rekurrierende Steuerzahler während der Auslandstätigkeit zeitgleich eine Tätigkeit als Verwaltungsrat im familieneigenen Betrieb in Italien ausgeübt hatte. <BR />Auch in diesem Fall kam das Gericht zum Schluss, dass die Tätigkeit in Italien nicht die Anwendung der Steuerbegünstigung ausschließt, zumal im konkreten Fall die Einkommen aus italienischer Quelle bedeutend geringer waren als jene aus ausländischer Quelle. <h3> Fazit</h3>Die letzten Urteile des Steuergerichts von Bozen in erster Instanz zementieren dementsprechend die Legitimität der Ansprüche der Steuerzahler, welche nach einem nachgewiesenen Aufenthalt im Ausland nach Italien zurückgekehrt sind, was absolut zu begrüßen ist. Die immer wieder gleichen vom Finanzamt angeführten Behauptungen wurden nun letzthin fast immer vom Steuergericht abgeschmettert. Der Wind zu Gunsten der Steuerzahler hat sich gedreht!<BR /><BR /><i>* Gert Gasser ist Steuerberater und arbeitet in der Kanzlei Gasser, Springer, Perathoner, Eder & Oliva  in Bozen, Lana und Naturns.</i><BR />