Von der Uni direkt auf die Polit-Bühne: Magdalena Amhof ist 2005 in den Stadtrat von Brixen eingezogen, 2013 wurde sie erstmals in den Südtiroler Landtag gewählt, nach dem Rücktritt von Gert Lanz im April 2022 bekleidete Amhof zudem das Amt der Fraktionsvorsitzenden. Knapp 6000 Südtiroler sprachen ihr auch bei der letzten Landtagswahl im Herbst wieder ihr Vertrauen aus. Weil Deeg ablehnte, stieg sie vor Kurzem zur Landesrätin für das Ressort Arbeit, Personal und Europa auf. Was sie auszeichnet? Sie beweist Haltung, auch wenn andere sie längst über Bord geworfen haben. Pragmatismus statt Poltern, könnte man es auch nennen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994168_image" /></div> <BR /><BR /><b>Frau Amhof, und plötzlich sind Sie Landesrätin: Geht das E-Mailpostfach schon über?</b><BR />Magdalena Amhof: Es ist schon alles sehr viel zur Zeit, das Telefon klingelt fast pausenlos und die Zahl der Mails hat sich vervielfacht. Ich bin gerade dabei, meine Struktur aufzubauen, alle Mitarbeiter kennenzulernen und meinen „modus operandi“ zu finden. Aber ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe. <BR /><BR /><b>Sie haben ein Ressort inne, das eigentlich für jemand anderes vorgesehen war, Deeg nämlich. Ist das ein Problem für Sie?</b><BR />Amhof: Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen und für Südtiroler Arbeitnehmer drängende Probleme anzugehen, als SVP-Arbeitnehmervertreterin ist es wunderbar, aktiv mitgestalten zu können. <BR /><BR /><b>Trotzdem wurde das Ressort durch das Hin und Her in der Öffentlichkeit „verzwergt“. Es wurde vermittelt, dass es sich bei Arbeit, Personal und Europa um ein Ressort zweiter Klasse handelt.</b><BR />Amhof: Das ist sicher nicht der Fall. Ich war nur im ersten Moment überrumpelt von der ganzen Sache. Ich hatte mich darauf eingestellt, eine weitere Legislatur im Landtag zu verbringen und die dort begonnene Arbeit fortzuführen. Auch weil mein Wahlergebnis nicht so gut war, als dass ich daraus Ansprüche auf einen Landesratsposten ableiten konnte. Dann kam alles ganz anders. <BR /><BR /><embed id="dtext86-63381339_quote" /><BR /><BR /><b>Sie gelten als eine, die „gut mit Leuten kann“, die sehr volksnah ist. Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, den Landeshauptmann nach einem Ressort zu fragen, indem Sie diese Qualitäten besser ausspielen können?</b><BR />Amhof: Nachdem klar war, dass ich in die Landesregierung nachrücken werde, haben mir schon ein paar Freunde geschrieben, dass ich mir noch einen Bereich dazuholen sollte. <BR /><BR /><b>Welchen denn?</b><BR />Amhof: Den Sport, weil ich selbst schon ein Leben lang begeisterte Sportlerin bin. Aber das Ressort passt so für mich wie es ist, auch wenn ich in dieser neuen Aufgabe sicher nicht so viel bei den Leuten draußen sein kann als in anderen Ressorts. In puncto Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet es aber Vorteile.<BR /><BR /><b>Was sind die größten „Baustellen“, die es in den Bereichen Personal und Arbeit in Südtirol gibt? </b><BR />Amhof: Vorausgeschickt, dass die Situation am Arbeitsmarkt insgesamt sehr erfreulich ist, gibt es ein paar Herausforderungen, die wir gemeinsam angehen sollten. Ein ganz zentraler Punkt sind die Löhne. Man merkt, dass es einen nicht unerheblichen Teil in der Bevölkerung gibt, der resignierend zur Kenntnis nimmt, dass die Löhne nicht steigen, obwohl das Leben in den letzten Jahren erheblich teurer geworden ist. Da müssen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten aktiv werden. <BR /><BR /><b>Die Lohnanpassungen im öffentlichen Dienst haben sich ewig hingezogen, die Landesbediensteten wirkten fast wie Bittsteller…</b><BR />Amhof: Genau so soll es nicht sein. Mir schwebt vor, für alle öffentlich Bediensteten eine jährliche Inflationsanpassung unbürokratisch und schnell vorzunehmen. Das heißt, wir setzen uns mit den Sozialpartnern zusammen, schauen uns am jeweiligen Jahresende die Situation an, und mit dem Jännerlohn im darauffolgenden Jahr wird die Erhöhung direkt wirksam. Was die Privatwirtschaft angeht, haben wir freilich nur bedingt die Möglichkeit, die Lohnsituation zu verbessern, jedoch auch hier werde ich alles tun, was ich tun kann.<BR /><BR /><embed id="dtext86-63384420_quote" /><BR /><BR /><b>Im Koalitionsprogramm ist die Rede von Steueranreizen für Betriebe, die den Landeszusatzvertrag anwenden, also ein Lohn-Extra auf das Kollektivvertrags-Gehalt zahlen. </b><BR />Amhof: Die IRAP-Senkung, die Sie ansprechen, ist nur ein Teil. Weitere Möglichkeiten, um Betriebe zu fördern, die in diesem Sinne großzügiger sind als andere, müssen wir noch prüfen. <BR /><BR /><b>Dass diese „Musterbetriebe“ bei Landesbeiträgen und Ausschreibungen eine Vorzugsschiene erhalten sollen, wurde zwar diskutiert, aber nicht in das Koalitionsabkommen aufgenommen.</b><BR />Amhof: Weil das Risiko, dass Betriebe irgendwelche Alibi-Verträge mit ihren Mitarbeitern abschließen, nicht unerheblich ist. Wir werden uns alternative Vorschläge überlegen müssen – gemeinsam mit den Sozialpartnern, es gibt nämlich schon eine gewisse Einigkeit darüber, dass wir im Lohnbereich etwas tun müssen. <BR /><BR /><b>Ein weiteres Riesenthema im Bereich Arbeit ist die zunehmende Abwanderung von Arbeitskräften – nicht nur jüngeren. Was können Sie als Landesrätin dagegen tun?</b><BR />Amhof: Unser Ziel muss es sein, Südtirol zum „Good place to work“ zu machen. Neben den Löhnen spielen dabei noch weitere Aspekte mit hinein: das leistbare Wohnen, die Kinderbetreuung…<BR /><BR /><b>Die eher in den Kompetenzbereich Ihrer Kollegen fallen…</b><BR />Amhof: Ja, aber dieses Ziel können wir nur ressortübergreifend erreichen, und Hand in Hand mit den Unternehmen, die einen wesentlichen Teil zur Steigerung der Attraktivität des Arbeitsstandortes Südtirol beitragen. Durch flexible Arbeitszeitmodelle, Smart Working usw. Positive Beispiele gibt es genügend im Land, auf sie hinzuweisen und sie zu fördern, ist ein Weg, um auch andere dafür zu sensibilisieren. Ich bin ja Brixnerin und wenn ich sehe, was die Technologiefirmen in der Industriezone im Bereich Mitarbeiterbindung und -Rekrutierung unternehmen, ist das durchaus vorbildhaft. Leider ist die Realität aber nicht in allen Betrieben so - ich habe den Eindruck, dass nach Corona viele in alte Muster zurückgefallen sind.<BR /><BR /><embed id="dtext86-63384421_quote" /><BR /><BR /><b>Können Sie ein Beispiel nennen?</b><BR />Amhof: In Coronazeiten haben die allermeisten Betriebe in Südtirol zwangsläufig Modelle wie das Homeoffice eingeführt. Später haben sie festgestellt, dass es Schattenseiten gibt, und sie sind vielfach wieder zurückgekehrt zur Normalität vor Corona. Dabei ließe sich der größte Nachteil des Homeoffice, der fehlende persönliche Kontakt, relativ einfach beseitigen: Anstatt Mitarbeiter verteilt auf die Woche abwechselnd im Homeoffice arbeiten zu lassen, sollten Tage oder Momente des gemeinsamen Austauschs im Büro geschaffen werden. Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Arbeitsmodelle wie diese in jedem Fall sehr wichtig.<BR /><BR /><b>Kommen wir am Schluss noch kurz zum Thema Europa: Über Ihren Tisch geht künftig knapp eine Milliarde Euro an EU-Beiträgen und -Fördergeldern für Südtiroler Unternehmen, Genossenschaften usw. Wie kommt es, dass das Image der EU trotz dieses Geldregens aus Brüssel nicht sonderlich gut ist?</b><BR />Amhof: Das hängt zum Teil damit zusammen, dass es früher tatsächlich sehr umständlich war, Förderanträge zu stellen. Doch vieles von dem, stimmt heute nicht mehr. Unsere Aufgabe wird es sein, den Südtirolern die Angst vor der EU-Bürokratie zu nehmen. Ein weiterer Grund für die gewisse EU-Skepsis ist, dass wir viel zu selten betonen, woher die Gelder jeweils kommen. Aber es geht nicht nur um den finanziellen Aspekt: Ich erachte es als mindestens ebenso wichtig, dass wir den europäischen Geist stärken und hervorstreichen. Dieser kommt leider sehr oft zu kurz, die Wahrnehmung beschränkt sich häufig auf Negatives – daran sind die Nationalstaaten, die bei jeder Gelegenheit mit dem Finger in Richtung Brüssel zeigen, sicher mitschuldig. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="994171_image" /></div> <BR /><b>Persönliches:</b><BR />Magdalena Amhof, Jahrgang 1977, ist in Gsies aufgewachsen und lebt heute mit ihrem Mann Andreas und der 7-jährigen Tochter Anna in Milland/Brixen. Ihre große Leidenschaft ist der Sport: In ihrer Jugend war Amhof begeisterte Leichtathletin und sogar Vize-Italienmeisterin auf der 100-Meter-Sprintdistanz. Vom Wettkampfsport hat sie sich im Alter von 17 Jahren verabschiedet; im Sommer schwingt sie sich aufs Rennrad oder findet ihren Ausgleich beim Laufen, während sie sie sich im Winter die Bretter anschnallt. Wenn die Brixner Autorin Heidi Troi ein neues Buch veröffentlicht, ist Amhof eine der ersten, die es sich holt und darin gerne stundenlang schmökert. <BR /><BR /><BR />