Er sprach von dem Bild, das die Europäer ihren G-20-Partnern aus Übersee und aus den großen Schwellenländer in Sachen Euro-Krisenpolitik in Südfrankreich boten. Ein Mini-Euro-Gipfel kurz vor dem G-20-Treffen, der harte Worte, aber keine Klarheit brachte, ständige Gespräche zu Europa am Rande, ein krachender Misserfolg beim Einwerben von Hilfsgeldern sowie hektische Bemühungen, um Italien abzusichern – Europa lieferte eine Pleite-Show.Bezeichnend ist, dass jene Länder, die europäische Spitzenpolitiker früher gerne oberlehrerhaft zu Reformen und raschem Handel ermahnten, nun in ähnlicher Form über Europa sprechen. Sei es Südafrikas Regierungschef Jacob Zuma, Chinas Staatspräsident Hu Jintao oder andere – alle sind sich einig: die Krise im Euro-Raum stellt derzeit eine Riesen-Gefahr für die Weltwirtschaft dar. Die Mitglieder des Währungsraums müssen ihren Scherbenhaufen schnell beseitigen und müssen, bevor sie Hilfe von außen erhalten können, erst einmal selbst etwas tun. „Europa muss sein eigenes Haus in Ordnung bringen“, forderte nicht nur Australiens Regierungschefin Julia Gillard.Hilflose EuropäerDie Europäer standen dem etwas hilflos gegenüber. Eigentlich – so sah ihre Regie aus – wollten sie mit stolz geschwellter Brust nach Cannes reisen. Dort wollten sie ihr am 23. Oktober gepacktes umfassendes Anti-Krisenpaket präsentieren, das die Griechenland-Krise entschärften und mit neuen Instrumenten für den Euro-Rettungsschirm EFSF auch Ansteckungsgefahren bannen sollte. Doch Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou entzog diesem Konzept mit seinem Hin und Her um ein Referendum die Basis und stürzte damit ganz Europa in Ratlosigkeit. Vor allem aber: Nun steht, worüber man bisher offen gar nicht sprechen durfte, die Option auf dem Tisch, dass die Hellenen die Euro-Zone verlassen könnten und diese damit selbst in Gefahr käme.So war es nicht nur US-Präsident Barack Obama, der mit einigem Unverständnis die Europäer beschwörend mahnte. Sie müssten ein klares Signal geben, „dass das europäische Projekt noch lebt“, müssten den Märkten glaubhaft bedeuten, dass sie noch uneingeschränkt hinter ihrer Währung stünden.Kaum Vertrauen bei PartnernWas die Europäer besonders schmerzt: Sie genießen bei ihren Partnern kaum noch Vertrauen. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel lieferte den klarsten Beleg dafür, als sie über die Reaktion der G-20-Partner auf die neuen Möglichkeiten einging, die der Euro-Rettungsschirm EFSF für Investoren bietet. „Es gibt eigentlich kaum Länder, die jetzt bereits gesagt haben, wir machen bei der EFSF mit.“ Ähnliches hatte schon EFSF-Chef Klaus Regling erfahren, als er jüngst auf Werbetour bei den großen Investoren in China und Japan war. Alle hätten sich aber eingehend nach Details erkundigt, erzählte die Kanzlerin. Ob die Europäer auf diese Fragen erschöpfende Antworten parat hatten? Man hört da in G-20-Kreisen unterschiedliche Versionen.Jedenfalls hat Brasiliens Regierungschefin Dilma Rousseff sich schon entschieden. „Ich habe keinerlei Absicht, direkt in den europäischen Fonds etwas einzuzahlen. Warum sollte ich?“ sagte sie. Wenn sie an Unterstützung denke, dann nur über den IWF. Ähnliche Signale kamen auch von anderen G-20-Staaten mit größeren Reserven. Für die Europäer war das die ernüchternde Erkenntnis: Das Vertrauen in Sie ist nahe null.Vertrauen in den IWFWenn einer derzeit in der Krise noch Vertrauen genießt, dann ist es Christine Lagardes Internationaler Währungsfonds (IWF). Wenn die Europäer überhaupt aus den anderen Ländern finanzielle Unterstützung für die Sanierung ihrer Krisenfälle erhalten, dann ist für die meisten G-20-Partner klar: Der IWF muss mit im Boot sein. Der EFSF, ein Provisorium, genießt nicht genug Reputation und gilt als zu unsicher. Auch, dass Italien seine Sparanstrengungen nun über den IWF laufend prüfen lassen wird, bedeutet nach Angaben von Experten nichts anderes, als dass nur noch die Reputation des IWF Aussicht hat, an den Märkten für Vertrauen zu sorgen.Für eine schnelle Rückkehr der Europäer zu alter Stärke spricht derzeit wenig. Eher gilt das Gegenteil. Während die Schwellenländer ihren Aufholprozess fortsetzen und in den globalen Institutionen wie dem IWF ein stärkeres Gewicht fordern, fallen die Europäer zurück. Sie müssen es zu allererst schaffen, den Bestand der Euro-Zone zu sichern. Doch allein schon das Problem der vergleichsweise kleinen griechischen Volkswirtschaft scheint die Staaten des Währungsraums zu überfordern. Wenn nun auch noch Italien als weitaus größere Ökonomie hinzukäme, „da wird auch mir ganz anders, und ich bin Optimist“, sagt ein erfahrener G-20-Verhandler aus Europa. Gernot Heller, Reuters