„Das war Polit-Propaganda, die Wahrheit werden wir erst dann kennen, wenn sich die EU und der Internationale Währungsfonds zu Wort melden“, sagte nicht nur der Ökonom Alvaro Santos Pereira. Alle wissen, dass der Sozialist Sócrates bei den Neuwahlen am 5. Juni wieder ins Rennen gehen will.Sócrates zählte in Siegerpose lediglich jene Belastungen auf, die den Portugiesen nicht aufgebürdet werden sollen. Medien wie die Nachrichtenagentur „Lusa“ erhielten aber am Mittwoch Zugang zum Abkommens-Entwurf und enthüllten das wahre Ausmaß der in den nächsten drei Jahren zu leistenden Opfer: Demnach werde es kräftige Steuererhöhungen und deutliche Senkungen der Sozialausgaben geben, Entlassungen würden erleichtert werden.Besonders viel Empörung löste die Konjunkturprognose aus: Demnach soll die portugiesische Wirtschaft in diesem und auch im nächsten Jahr um zwei Prozent schrumpfen. „Unser größtes Problem ist die Konjunktur. Wir müssen sparen, aber wir brauchen auch wachstumsfördernde Maßnahmen“, mahnte Ökonom Santos Pereira. Das schwache Wachstum der vergangenen zehn Jahre von im Schnitt 0,6 Prozent habe zu Rekordarbeitslosigkeit von über 11 Prozent sowie zur „zweitgrößten Auswanderungswelle der letzten 160 Jahre geführt“.Linke Parteien sagten schon den „Untergang“ des Landes voraus. Aber auch die konservative Opposition geht gegen das Paket auf die Barrikaden. „Der Sozialstaat soll demontiert werden“, klagt Fernando Nobre, der als Arzt Gründer der angesehenen Hilfsorganisation AMI ist und der rechtsliberal orientierten Partei der Sozialdemokratie PSD angehört.Portugal ist besonders strukturschwach und kaum wettbewerbsfähig. Das Mindestgehalt in Irland liegt etwa bei über 1400 Euro, in Portugal nur bei mageren 475 Euro. Und dieser Betrag soll laut Hilfsabkommen in den nächsten Jahren trotz allgemein steigender Preise nicht erhöht werden. “Man kann den Familien keine Opfer mehr abverlangen. Die meisten haben schon alles gegeben, was sie geben konnten, sogar etwas mehr„, warnt Eugenio Fonseca, Präsident des Wohlfahrtsverbandes Cáritas Portugal.