Wegen der Coronakrise sind viele Arbeitnehmer ins Homeoffice gewechselt. Anfänglich als eine zeitweilige und kurzfristige Lösung gedacht, ist spätestens seit dem Beginn der zweiten Welle im Herbst 2020 klar, dass uns das Arbeiten im Homeoffice noch für eine längere Zeit begleiten wird. Die positiven gesundheitlichen Effekte stehen außer Frage, allerdings drohen steuerliche Probleme.<BR /><BR /><BR /><i>Von Gert Gasser</i><BR /><BR /><BR />Dies gilt vor allem in jenen Fällen, in denen ein internationaler Bezug besteht, wie zum Beispiel bei Grenzpendlern oder bei einer Arbeitsstelle im Ausland. Ist es dem Arbeitnehmer wegen der gesetzlichen Einschränkungen zum Schutze der allgemeinen Gesundheit nicht erlaubt, sich zum Arbeitsplatz ins Ausland zu bewegen, dann kann der verlängerte Aufenthalt in Italien, wo der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeitet, zu einer steuerlichen Ansässigkeit des Arbeitnehmers in Italien führen – mit verheerenden steuerlichen Folgen. <BR /><BR />Wer nämlich mehr als die Hälfte des Jahres (183 Tage) in Italien ansässig ist oder den Wohnsitz hat, muss in Italien Steuern zahlen. Dasselbe gilt natürlich auch spiegelverkehrt für ausländische Arbeitnehmer, die in Ihrem Heimatland im Homeoffice arbeiten und wegen der Einschränkungen nicht nach Italien einreisen dürfen, wo der Arbeitgeber sitzt. <BR /><BR /><b>Verhältnisse mit Schweiz und Österreich geregelt</b><BR /><BR />Um diese negativen Effekte zu minimieren, hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits im Frühjahr 2020 die Staaten ermahnt, Lösungen zu suchen, welche die potentiell negativen steuerlichen Auswirkungen der Coronakrise lösen könnten. <BR /><BR />Italien hat zu diesem Zweck mit der Schweiz, Österreich und Frankreich Abmachungen getroffen, welche die potentiell negativen steuerlichen Effekte eindämmen sollten. In den Abmachungen mit der Schweiz und Frankreich ist die Grundregel festgehalten, dass die Arbeitszeit im Homeoffice als in jenem Land als ausgeführt gilt, in dem der Arbeitgeber gearbeitet hätte, wenn es die Einschränkungen nicht gegeben hätte. <BR /><BR />Um ein Beispiel zu machen: Arbeitet ein Arbeitnehmer aus dem Vinschgau im Homeoffice für einen Schweizer Arbeitgeber, dann gilt die Arbeit als in der Schweiz ausgeübt und wird ausschließlich dort versteuert, ohne dass hierfür Italien ein Besteuerungsrecht erheben darf. Arbeitet ein Grenzpendler aus dem Wipptal im Homeoffice hingegen für einen österreichischen Arbeitgeber, dann gilt die Arbeit als in Österreich ausgeübt, wobei in diesem Fall aufgrund eines speziellen bilateralen Abkommens zwischen den beiden Staaten das ausschließliche Besteuerungsrecht Italien zusteht und Österreich nicht besteuert. Die Abmachung mit Frankreich sieht eine ähnliche Regelung wie jene mit Österreich vor. <BR /><BR />Speziell für die Grenzpendler wurde zudem ausnahmsweise vorgesehen, dass die Corona-Einschränkungen sich nicht auf die Einstufung des Steuerzahlers als Grenzpendler auswirkt, für welche bekanntlich Sonderregeln gelten. In anderen Worten ausgedrückt: Auch wenn der Grenzpendler im Homeoffice arbeitet, darf er die Grenzpendlerregelung anwenden. Sie sieht im Normalfall nämlich vor, dass der Grenzpendler üblicherweise an seinen Wohnsitz zurückkehrt. <BR />Soweit die guten Nachrichten.<BR /><BR /><BR /><b>Für die meisten Staaten gibt es keine Sonderregeln</b><BR /><BR />Die schlechte Nachricht ist, dass Italien – außer eben mit Österreich, Frankreich und der Schweiz – keine weiteren Abmachungen getroffen hat und in all diesen Fällen somit die normale Regelung angewendet wird. Wie das italienische Finanzamt erst kürzlich in einer Tagung mit der Fachpresse mitgeteilt hat, sind die Sonderregeln für die genannten 3 Staaten nicht auf die Verhältnisse mit anderen Staaten anwendbar.<BR /><BR />Das bedeutet somit, dass Arbeitnehmer, die in Italien im Homeoffice arbeiten und einen ausländischen Arbeitgeber (zum Beispiel in Deutschland oder in Großbritannien) haben, steuerliche Konsequenzen fürchten müssen, wenn sie im Jahr 2020 mehr als 183 Tage in Italien im Homeoffice waren. <BR /><BR />Da das Finanzamt Bozen die Fragen zur Ansässigkeit von Privatpersonen bekanntermaßen äußerst streng auslegt, wie zum Beispiel bei der Handhabung der Rückkehrer aus dem Ausland, droht hier Ungemach. <BR /><BR />Theoretisch bestünde die Möglichkeit, dass Italien noch eine generelle Norm einführt, welche die Besteuerungsregeln für 2020 in Bezug auf die steuerliche Ansässigkeit dahingehend anpasst, als dass die Kriterien zur Ermittlung der steuerlichen Ansässigkeit angesichts der Coronakrise und der darauffolgenden Einschränkungen ausnahmsweise für Homeoffice- Beschäftigungen flexibler gehandhabt werden. Angesichts der politischen Turbulenzen, die Italien jetzt erlebt, ist das jedoch eher zu bezweifeln.<BR /><BR />Dass es auch anders geht, haben andere Staaten schon längst bewiesen: So haben zum Beispiel die USA eine Sonderregel eingeführt, die vorsieht, dass für die Überprüfung der 183-Tage Regel zum Zwecke der Begründung der steuerlichen Ansässigkeit aufgrund von Covid-19 ein Zeitraum von bis zu 60 Tagen nicht berücksichtigt wird. Auch Deutschland und Österreich haben ähnliche Bestimmungen eingeführt. <BR /><BR /><b>Auch Arbeitgeber betroffen</b><BR /><BR />Die Covid-19-Einschränkungen könnten auch negative steuerliche Konsequenzen für die Arbeitgeber mit sich bringen, da die Arbeit im Homeoffice eines Mitarbeiters in einem anderen Staat eine sogenannte Betriebsstätte begründen könnte, was zu einer Besteuerung im anderen Staat führen würde. Sprich: Die Tätigkeit eines Arbeitnehmers, welche in Italien für eine ausländische Gesellschaft ausgeübt wird, kann unter Umständen zu einer Besteuerung der Gewinne der ausländischen Gesellschaft in Italien führen.<BR /><BR />Hierzu hat die OECD empfohlen, die Arbeit im Homeoffice als nicht relevant für die Begründung einer Betriebsstätte einzustufen. Doch auch zu diesem Thema hat sich Italien, trotz der Anregungen der OECD, bis dato nicht geäußert.<BR /><BR />Es bleibt zu hoffen, dass das lokale Finanzamt die Bestimmungen mit Augenmaß anwendet – nicht, dass neben der gesundheitlichen Katastrophe auch noch eine steuerliche Katastrophe hereinbricht. <BR /><BR />