Vor rund 3 Wochen wurde bekannt, dass zahlreiche italienische Großbanken im Hinblick auf den Ankauf neuer Steuerguthaben zunehmend vorsichtig zu Werke gehen. <BR /><BR />In der Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 ore“ hieß es sogar, der gesamte Markt marschiere auf eine Totalblockade zu. „Offensichtlich wächst die gigantischen Menge an Steuerguthaben von Monat zu Monat, während aber die Zahl derjeniger, die diese Guthaben kaufen können, abnimmt“, so das Wirtschaftsblatt. <h3> Beschränkungen bremsen das System</h3>Was ist passiert? Zur Erinnerung: Der Superbonus wurde 2020 eingeführt, um die coronageschwächte Bauwirtschaft anzukurbeln. Konkret handelt es sich um einen Steuerabzug von 110 Prozent, das heißt, wer beispielsweise 100.000 Euro ausgibt, bekommt über 5 Jahre verteilt 110.000 Euro vom Staat als Steuergeschenk zurück. Damals wurde auch die Möglichkeit eingeführt und auf die anderen Sanierungsboni ausgedehnt, dass der Bauherr das Steuergeschenk nicht nur als Steuerabzug nutzen kann, sondern dass er es in Form eines Steuerguthabens verkaufen darf, zum Beispiel an ein Unternehmen oder eine Bank. Der Käufer verrechnet dieses Guthaben dann entweder selbst innerhalb der nächsten 5 Jahre mit seinen Steuerschulden oder er tritt das Guthaben wiederum ab. Möglich ist auch, den Steuerbonus an die Baufirma abzugeben, die die Sanierungsarbeiten durchführt und die im Gegenzug einen Preisnachlass gewährt.<BR /><BR />Warum das praktisch ist? Zum einen hat derjenige, der den Bonus verkauft, das Geld schneller zur Verfügung und muss nicht 5 Jahre warten. Zum anderen kann es vorkommen, dass der Steuerbonus höher ist als die fällige Steuer des Bauherrn, weil der Absetzbetrag lediglich auf 5 Jahre aufzuteilen ist (und nicht wie anderen Boni auf 10 Jahre). In dem Fall ginge aber ein Teil des Geldes verloren.<BR /><BR />Das Steuerguthaben abzutreten, war verständlicherweise sehr gefragt. Es dauerte jedoch nicht lange, bis das System missbraucht wurde, weshalb sich der Staat ab letztem Herbst genötigt sah, mehrere Male die Regeln zu ändern: Zuerst wurden Bestätigungsvermerke eingeführt, dann die Zahl der Abtretungen stark beschränkt, um sie dann wieder zu lockern – und wie es aussieht momentan nicht zum letzten Mal. <BR /><BR />Zurzeit dürfen Steuerguthaben jedenfalls insgesamt nur 3 Mal und nicht mehr unbegrenzt verkauft werden. Und auch die Käufer sind per Gesetz festgelegt: Bei der ersten Abtretung dürfen Unternehmen und sogenannte Finanzintermediäre (Banken, Versicherungen usw.) kaufen, bei der zweiten und dritten nur mehr Banken & Co. <BR /><BR />Genau wegen dieser Beschränkungen ist das gesamte System im Moment ins Stocken geraten. Denn die Banken können auch nur so viel Guthaben annehmen, wie sie mit ihrer eigenen Steuerschuld verrechnen können. Und diese Grenze ist zurzeit vielfach erreicht. <BR /><BR />„Wir bewegen uns sehr nah an unserer Kapazitätsgrenze, sodass wir aktuell keine neuen Steuerguthaben von Firmenkunden mehr aufkaufen. Und auch Anfragen von Privatkunden können wir leider nicht mehr so berücksichtigen wie bisher“, bestätigt Christian Huber, Leiter der Abteilung „Banking, New Business & Digital Channels“ der Südtiroler Sparkasse. Kunden, mit denen man bereits Verträge getroffen habe, würden natürlich noch bedient, neue Anträge nehme man aber kaum mehr an. Dazu kommt eine andere Schwierigkeit: „Der Gegenwert eines Steuerguthabens ist nicht in Stein gemeißelt. Wegen der steigenden Rohstoff- und Materialpreise kann es vorkommen, dass das Guthaben schlussendlich größer ausfällt als ursprünglich mitgeteilt. Das müssen wir berücksichtigen“, erklärt Huber. <BR /><BR />Ähnliches ist vom Raiffeisenverband zu hören: Mehrere Raiffeisenkassen seien an ihren Grenzen angelangt. Man warte daher auf eine Gesetzesänderung. <BR /><BR />Mehr Luft hat dagegen noch die Volksbank: „Wir sind noch sehr weit entfernt davon, unsere steuerliche Kapazitätsgrenze zu erreichen“, erklärt Fabio Martucci, Verantwortlicher für das Produktmanagement in der Volksbank. „Das liegt aber auch daran, dass wir die Strategie verfolgen, keine Guthaben anderer Banken aufzukaufen, sondern nur jene unserer Kunden. Und daran gedenken wir auch nichts zu ändern.“ <h3> Löst Gesetzesänderung das Problem?</h3> Viele Banken in Italien hoffen nun auf eine weitere Gesetzesänderung. Im Gespräch ist unter anderem eine vierte Abtretung, die allerdings nur an Kunden der jeweiligen Bank gehen dürfte. Für Südtirols Bankenvertreter ist das eine unzureichende Maßnahme, um dem Markt wieder zu beleben. „Nachdem die Abtretungen Nummer 2 und 3 nach wie vor nur an Banken und Versicherungen erfolgen dürfen, und die immer weniger Möglichkeiten haben, wird es schwierig. Hilfreich wäre es, wenn schon die zweite Abtretung an Bankkunden möglich wäre“, erklärt Christian Huber. Ähnlich sieht man es beim Raiffeisenverband: „Die vierte Abtretung an die Bankkunden nützt wenig, besser wäre, wenn bereits die zweite an den Bankkunden erfolgen könnte. Das würde Freiräume schaffen.“<BR /><BR />Vielleicht löst sich das Problem aber auch von selbst. Denn aktuell steht auch die Frage im Raum, wie lange es den Superbonus überhaupt noch geben wird. Schließlich hat Regierungschef Mario Draghi kürzlich klar gemacht, dass er von dieser Förderung nichts hält. Die Preise für Sanierungsarbeiten hätten sich mittlerweile mehr als verdreifacht, weil der Superbonus jeglichen Anreiz zu Preisverhandlungen nehme. Das bedeute auch 3 Mal so hohe Kosten für die Staatskassen.