s+ hat vorab mit seinem Präsidenten Markus Mair (57), Vorstandsvorsitzender der Styria Media Group AG, gesprochen. <b><BR /><BR />Herr Mair, Sie stehen dem VÖZ seit 2018 als Präsident vor. Wie haben sich die Herausforderungen für die Tageszeitungen in diesen Jahren verändert?</b><BR />Markus Mair: Die Herausforderungen, mit denen Tageszeitungen konfrontiert sind, kann man als dramatisch bezeichnen. Wir befinden uns generell in einer multiplen Krisensituation, zuerst Corona, dann die Energiekrise, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine usw. Das bedeutet, dass nicht nur erhebliche Mehrbelastungen für Energie, sondern auch für Papier gestemmt werden müssen. Die Digitalisierung erfordert zudem eine Transformation des Geschäftsmodells, weil die Werbeeinnahmen durch die großen US-Plattformen in ganz Europa abgesaugt werden. Das heißt, die Leserin, der Leser beziehungsweise die Käuferin, der Käufer werden immer wichtiger. Ein Umstand, auf den viele Verlage mit Abo-Modellen auch für die Digitalausgaben reagieren.<BR /><BR /><b>In der Corona-Pandemie haben Medien einerseits vom erhöhten Informationsbedarf der Menschen profitiert, andererseits sind Werbeeinnahmen weggebrochen. Wie ist die Lage in der Branche aktuell?</b><BR />Mair: Absolut richtig, generell können wir in Krisensituationen ein erhöhtes Informationsinteresse der Menschen verzeichnen. In Österreich haben die Medienunternehmen verlegerischer Herkunft die Herausforderungen in Summe ganz gut gemeistert, die wirtschaftliche Erholung hatte auch bis zum Frühjahr dieses Jahres eingesetzt. Leider ist diese positive Entwicklung aufgrund des Krieges und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Verwerfungen jäh gestoppt worden. Ich gehe davon aus, dass vor allem kleinere Verlagsunternehmen massiv in Bedrängnis geraten werden.<BR /><BR /><b>Inwiefern hat sich die Beziehung klassischer Medien zu sozialen Medien gewandelt?</b><BR />Mair: Insbesondere während der Pandemie konnten wir vor allem in sozialen Netzwerken viele Fake News beobachten. Im Gegensatz dazu haben Zeitungen und Magazine mit sachlicher Information gepunktet und dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Orientierung, Seriosität und professioneller Recherche entsprochen. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion rund um den Umgang mit Falschmeldungen und sogenannten Echokammern auf diversen Plattformen sogar eine große Chance für redaktionelle Medien. Nachrichten zu verifizieren und zu kuratieren, unterscheidet Zeitungen ganz wesentlich von den sozialen Medien.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56479518_listbox" /><BR /><BR /><b>Die wohl größte Herausforderung ist es, den Spagat hinzubekommen zwischen langjährigen Print-Abonnenten und jüngeren Zielgruppen, die sich überwiegend digital informieren. Wie kann dies gelingen?</b><BR />Mair: Mit Sicherheit keine leichte Übung, wobei eine aktuelle Untersuchung in Österreich belegt, dass auch bei den 18- bis 29-Jährigen 52 Prozent Papier beim Lesen bevorzugen. Ein Wert, der zumindest Anlass zur Hoffnung gibt. Dennoch ist klar, dass viele junge Menschen Zeitungsinhalte am Mobiltelefon konsumieren. Hier muss es gelingen, die jungen Nutzerinnen und Nutzer mit Inhalten, die ihrer Lebenswelt und ihren Interessen entsprechen, als treue Leser beziehungsweise Abonnenten zu gewinnen. Internationale Untersuchungen zeigen jedenfalls, dass viele junge Menschen bereit sind, für Inhalte zu bezahlen – man denke nur an Abo-Bezahlmodelle bei Streaming-Plattformen.<BR /><BR /><b>Und wie sieht es mit der Bereitschaft der Leser aus, für digitale, redaktionelle Inhalte Geld auszugeben?</b><BR />Mair: Die Bereitschaft ist zugegebenermaßen in Österreich noch überschaubar, wobei wir bei unseren Zeitungen auf eine gewisse erfreuliche Entwicklung in diesem Zusammenhang blicken können, die uns auf diesem Weg bestärken. Klar ist, dass sich der Content durch Qualität und einen Mehrwert für die Leser auszeichnen muss. <BR /><BR /><b>Wird es in 10 bis 15 Jahren noch gedruckte Tageszeitungen geben?</b><BR />Mair: Mit Sicherheit – allerdings wird sich angesichts der Entwicklung auf dem Papiermarkt mittelfristig die Frage stellen, ob die Zeitung noch an jedem Tag gedruckt ausgeliefert wird. Ähnlich wie bei der „New York Times“ wird es zu Kombiangeboten von Print und Online kommen. Das Wochenende bietet für viele Menschen auch Zeit fürs Lesen, vor allem längerer Artikel. Hier liegt die gedruckte Zeitung mit Sicherheit klar vorn, denn der Bildschirm eines Smartphones eignet sich dafür wohl weniger. <BR /><BR /><b>Wie werden sich Medienhäuser dann finanzieren, hauptsächlich über digitale Dienste?</b><BR />Mair: Die Entwicklung und der Ausbau digitaler Abo-Modelle müssen vorangetrieben werden. Selbstverständlich werden sich Medienhäuser aber auch weiterhin aus einem Bündel an unterschiedlichen Erlösen finanzieren. Werbeerlöse bleiben zweifelsohne eine Einnahmequelle, Transaktionserlöse aus verschiedenen digitalen Services, Lizenz- und Urheberrechtsentgelte, aber auch Erlöse anderer Geschäftszweige werden relevant bleiben. <BR /><BR /><b>Die Medienlandschaft entwickelt sich rasant – wie kann eine kluge Medienpolitik aussehen, die diesen Wandel unterstützt?</b><BR />Mair: Ich denke, kluge Medienpolitik antizipiert die Herausforderungen des Marktes und sichert gerade in einem kleinen Land wie Österreich Medien- und Meinungsvielfalt, weil diese essenziell für das Fortkommen unserer Gesellschaft und unseres demokratischen Zusammenlebens ist. Eine Maßnahme der letzten Zeit, die auf den digitalen Wandel abzielt, ist die Digitaltransformations-Förderung, die die österreichische Bundesregierung dieses Jahr auf den Weg gebracht hat. Im Jahr 2022 werden zum Beispiel 54 Millionen Euro zur Unterstützung digitaler Abo- und unterschiedlichster Digitalisierungsprojekte österreichischer Medienunternehmen ausgeschüttet. Eine überaus wichtige Maßnahme, da man von partiellem Marktversagen sprechen kann, denn schließlich befinden sich die traditionellen Medien mit ihren unabhängigen journalistischen Produkten in einem ungleichen Wettbewerb zu den Online- und Social-Media-Plattformen, die nahezu keinerlei inhaltliche Qualitätsstandards erfüllen müssen. <BR /><BR /><b>Was wünschen Sie sich von der anstehenden Reform der Medienförderung in Österreich?</b><BR />Mair: Die geplante Reform der Medienförderung stellt eine gute Ergänzung zur bestehenden Presseförderung dar. Das klare Bekenntnis für die Stärkung des unabhängigen Qualitätsjournalismus und die Förderung von Aus- und Weiterbildung bei Journalistinnen und Journalisten sowie der Medienkompetenz in den Schulen sind positiv zu bewerten. Gemeinsam mit der geplanten Unterstützung der regionalen und der internationalen Berichterstattung beinhaltet das Medienpaket wichtige Ansätze für den Erhalt der Medienvielfalt in Österreich. Insbesondere die Vermittlung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen ist wichtig für die Stärkung unserer demokratischen Gesellschaft.<BR />