Franz Schöpf, Direktor des Landesamtes für Innovation, erklärt im Interview, wo es hakt, welche Chancen es gibt und warum jetzt der richtige Moment zum Handeln ist.<BR /><BR /><b>Herr Schöpf, in puncto Forschung und Entwicklung steht Südtirol seit Jahren schlecht da. 2022 (aktuellere Daten liegen nicht vor) wurden 0,76 Prozent des Bruttoinlandsproduktes darin investiert – die EU würde eigentlich Ausgaben von 3 Prozent als erstrebenswert erachten. Woran liegt’s?</b><BR />Franz Schöpf: Tatsächlich gibt es in Südtirol noch großes Aufholpotenzial bei Investitionen in Forschung und Entwicklung – auch wenn es durchaus Unternehmen gibt, für die Innovation zum Alltag gehört. Meist handelt es sich dabei um größere Firmen, die international wettbewerbsfähig bleiben müssen und daher stärker unter Veränderungsdruck stehen als kleinere Betriebe.<BR /><BR /><b>Digitalisierung gilt als Voraussetzung für Forschung und Entwicklung. Wie gut sind Südtirols Unternehmen in diesem Bereich aufgestellt?</b><BR />Schöpf: Vor allem mittelgroße Betriebe investieren zunehmend in Digitalisierung. Bei kleinen Unternehmen besteht allerdings noch Nachholbedarf.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-69462114_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was sind die Gründe?</b><BR />Schöpf: Zum einen ist die Auftragslage vielfach noch gut, der Leidensdruck also gering. Zum anderen ist die Einstiegshürde gerade für kleinere Betriebe – besonders in traditionellen Sektoren – höher. Digitalisierung ist kein Spaziergang. Sie erfordert neue Strukturen, Investitionen und auch Überzeugungsarbeit im Team. Aber: Da die gesamte Wirtschaft sich digitalisiert, bleibt letztlich nur die Wahl – mitgehen oder zurückfallen.<BR /><BR /><b>Was bringt die Digitalisierung konkret?</b><BR />Schöpf: Digitale Systeme liefern in Echtzeit Daten zu Kunden, Lagerbeständen, Produktionsprozessen oder Maschinenzuständen – Informationen, die früher manuell erfasst oder geschätzt wurden. Das erleichtert die Steuerung der Produktion, vermeidet Engpässe, hilft bei Absatzprognosen und ermöglicht eine vorausschauende Wartung.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1153023_image" /></div> <BR /><BR /><b>Können Sie ein Beispiel nennen?</b><BR />Schöpf: Eine Großbäckerei kann durch digitale Abläufe exakt planen, wie viele Brötchen an Feiertagen verkauft werden – das optimiert den Wareneinkauf enorm. Gleichzeitig ist die Organisation skalierbar: Ob sie 40 oder 100 Hotels beliefert, macht administrativ kaum noch einen Unterschied. Ohne Digitalisierung wäre das nicht zu stemmen. Wer seine Kernprozesse digitalisiert hat, kann verlässlich datenbasierte Entscheidungen treffen, effizient wachsen und gleichzeitig Raum für Innovation schaffen. Und: Digitalisierung ist auch eine Antwort auf den demografischen Wandel. In Zukunft wird es immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu finden.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-69462119_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Ein digital gut aufgestelltes Unternehmen hat es weniger schwer, Personal zu finden?</b><BR />Schöpf: Absolut. Junge Menschen sind mit digitalen Technologien aufgewachsen und schätzen moderne Arbeitsumgebungen.<BR /><BR /><b>Das Land fördert Digitalisierung und Innovation. Wie sehen diese Förderungen konkret aus?</b><BR />Schöpf: Es gibt Beiträge von Land, Staat und EU. Besonders relevant für Digitalisierungsprojekte sind die Landesbeihilfen für Prozess- und Organisationsinnovationen: Kleine Unternehmen erhalten bis zu 45 Prozent Zuschuss, mittlere bis zu 35 Prozent. Darüber hinaus gibt es Förderungen für klassische Forschungs- und Entwicklungsprojekte oder Innovationsberatung. <BR /><BR /><b>Wird das Angebot gut genutzt?</b><BR />Schöpf: Noch nicht in dem Maße, wie es möglich wäre. Zwischen 2020 und Ende 2024 wurden beim Amt für Innovation und Technologie 425 Anträge auf Prozess- und Organisationsinnovation gestellt – mit einem Gesamtvolumen von 74,3 Millionen Euro. Das ist nicht viel. <BR /><BR /><b>Vielleicht befürchten die Unternehmer, dass ihr Projekt sowieso nicht genehmigt wird…</b><BR />Schöpf: Die Hürde, um an eine Förderung zu kommen, ist sehr niedrig. Bislang wurden 93 Prozent der eingereichten Projekte genehmigt. Zudem sind die Beiträge sehr großzügig. Ein Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern kann für Investitionen bis zu 300.000 Euro ansuchen. Für größere Betriebe kommen dann pro Mitarbeiter 30.000 Euro dazu. Ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern kann somit für Investitionen bis zu drei Millionen Euro ansuchen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1153026_image" /></div> <BR /><BR /><b>Für Betriebe, die erste Schritte in Richtung Digitalisierung gehen wollen, gibt es im NOI Techpark eine Anlaufstelle – richtig?</b><BR />Schöpf: Ja. Im Rahmen der europäischen Initiative „European Digital Innovation Hubs“ finden Unternehmen im NOI Techpark Unterstützung, vor allem was die Integration von Künstlicher Intelligenz in die Arbeits- und Produktionsabläufe angeht. Man kann dort zum Beispiel den digitalen Reifegrad des Unternehmens messen lassen, geplante innovative Produkte prüfen, bevor man sie umsetzt, und die eigenen Mitarbeiter weiterbilden lassen. Zudem gibt es auch Beratung zu Finanzierungsmöglichkeiten und Förderungen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene. Für all diese Initiativen gibt es sehr interessante Fördersätze. Für Kleinunternehmen starten sie bei 70 Prozent, können aber auch bis zu 100 Prozent der Investition erreichen. Für mittelgroße Betriebe reichen die Zuschüsse von 60 bis 90 Prozent. <BR /><BR /><b>Wie viel Geld steht insgesamt zur Verfügung?</b><BR />Schöpf: Für heuer wurde aus dem Aufbauplan PNRR ein Budget von 1,2 Millionen Euro bereit gestellt. Wenn es aber nicht abgerufen wird, verfällt es am Ende des Jahres. Das ist also eine einmalige Chance.<BR /><BR /><b>Wo können sich Unternehmen sonst noch hinwenden, wenn sie sich über das Thema Digitalisierung informieren möchten?</b><BR />Schöpf: Das Land und die Wirtschaftsverbände haben Innovationsschalter eingerichtet, wo Unternehmen bei der Ausarbeitung eines Förderantrags bis hin zur Abrechnung der getätigten Ausgaben unterstützt werden. In der IDM Südtirol, beim Wirtschaftsverband für Handwerk und Dienstleister, dem Bauernbund und im Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) gibt es solche Anlaufstellen. Daneben gibt es noch private Beratungsagenturen, die sich auf die Begleitung von Förderprojekten spezialisiert haben.