Auch wenn der Access to COVID-19 Tools Accelerator (ACT-A) der Weltgesundheitsorganisation dazu beigetragen hat, die enorme Ungleichheit bei Tests, Behandlungen und Impfstoffen zu lindern, fehlt es ihm an den nötigen Finanzmitteln zur Unterstützung von Ländern mit niedrigem Einkommen.<BR /><BR />Wissenschaftliche und ökonomische Forschungen haben gezeigt, dass eine zukünftige, über die Luft verbreitete Pandemie Millionen von Menschen töten oder in wirtschaftliches Chaos stürzen könnte – insbesondere hinsichtlich wachsender Urbanisierung und dem immer stärkeren Klimawandel. Dass ein weiteres neues Pathogen auftaucht, ist unvermeidlich, und wenn es kommt, könnte es durchaus zu einer existenziellen Bedrohung der Menschheit werden. Wie beim Kampf gegen die globale Erwärmung ist auch hier der Preis des Nichtstuns viel höher als die Kosten entschiedener Maßnahmen.<BR /><BR />Im letzten Oktober hat die italienische G20-Präsidentschaft einen PPR-Plan veröffentlicht, um zu gewährleisten, dass die Welt auf die nächste globale Gesundheitskrise besser vorbereitet ist. In den nächsten Tagen werden die G20-Finanzminister und Zentralbankgouverneure einen Bericht von der Gemeinsamen Arbeitsgruppe der G20 für Finanzierung und Gesundheit erhalten – der Körperschaft, die zur Leistungsüberwachung gegründet wurde.<BR /><BR />Ein nächster entscheidender Schritt besteht dann darin, einen effektiven, gut finanzierten Finanzvermittlungsfonds (FIF, Financial Intermediary Fund) ins Leben zu rufen. Die WHO und die Weltbank schätzen, dass das PPR jährlich unter einer Finanzierungslücke von mindestens 10,5 Milliarden Dollar leidet. Diesen Betrag sollten wir als das absolute Minimum zusätzlicher jährlicher Finanzmittel betrachten, mit denen der gleichberechtigte Zugang zu Impfstoffen, Testmöglichkeiten und Therapien; die Überwachung von Pathogenen; Forschung und Entwicklung; sowie Herstellung und Gesundheitsinfrastruktur unterstützt werden.<BR /><BR /><BR /><b>Geld muss aufgebracht werden</b><BR /><BR />Es gibt keinen guten Grund dafür, warum die G20 nicht in der Lage sein sollten, jährlich weitere 10,5 Milliarden Dollar aufzubringen. Dies ist ein winziger Bruchteil der Billionen von Dollar, die zur Bekämpfung der aktuellen Pandemie ausgegeben wurden – ganz zu schweigen von den Billionen, die eine weitere globale Gesundheitskrise kosten würde.<BR /><BR />Um Erfolg zu haben, muss der FIF aber vier Bedingungen erfüllen: Erstens sollte er nicht durch gelegentliche Verpflichtungs- oder Aufstockungsinitiativen finanziert werden, da diese nicht verlässlich genug sind. Stattdessen müssen sich die Regierungen darauf einigen, die ersten fünf Jahre im Voraus zu finanzieren und gleichzeitig Schritte zu unternehmen, um die finanziellen Verpflichtungen des FIF in ihre jährlichen Haushalte zu übernehmen.<BR /><BR />Diese Startfinanzierung sollte innovative und vielfältige Finanzmechanismen umfassen, mit denen die Investitionen des FIF bestmöglich gehebelt werden können. Dazu muss das Rad nicht neu erfunden werden. Bereits heute bilden Regierungen, Entwicklungsbanken, Philanthropen und Konzerne neue Partnerschaften, um Nettonull-Emissionsziele zu erreichen. Die Staatschefs der G20 sollten eine Expertengruppe gründen, um die besten Maßnahmen grüner Finanzierungsmodelle zu ermitteln, die auch für die Investitionen in PPR verwendet werden können.<BR /><BR /><b>3 weitere wichtige Punkte</b><BR /><BR />Darüber hinaus sollten, da die fiskalen Möglichkeiten der Länder mit geringem oder mittlerem Einkommen stark beschränkt sind, alle zusätzlichen Investitionen, die sie in ihre Gesundheits- und PPR-Systeme fließen lassen, als Sacheinlagen in den FIF betrachtet werden (vorausgesetzt, dass sie mit den allgemeinen Zielen des Fonds übereinstimmen).<BR /><BR />Zweitens muss der FIF über einen Prüfmechanismus verfügen, der auf allgemein anerkannten Kennzahlen der sozioökonomischen Folgen einer Investition beruht, um die effiziente Verwendung dieser neuen Ressourcen zu gewährleisten. Ein solcher Mechanismus dient dazu, den Geldgebern das Vertrauen zu geben, dass ihr langfristiges Engagement für den FIF messbare Erfolge zeigt.<BR /><BR />Drittens darf die Finanzierung des FIF keine Programme untergraben, mit denen bereits andere dringende öffentliche Gesundheitsbedürfnisse gedeckt werden. Die Beiträge der Länder mit hohem Einkommen müssen zusätzlich zur bestehenden offiziellen Entwicklungshilfe erfolgen, um zu gewährleisten, dass sich der FIF nicht an bereits vorhandenen Unterstützungsgeldern bedient.<BR /><BR />Und schließlich muss der FIF – wie in der Erklärung der G20-Staatschefs von Rom bestätigt wurde – auf universalen Zugang und inklusive Verwaltung setzen, um zu gewährleisten, dass er in den Augen der Länder mit geringem und mittlerem Einkommen ausreichend legitim erscheint. Beispielsweise sollten pharmazeutische Innovationen und Produktionsverfahren anhand des Prinzips der kollektiven Intelligenz verwaltet werden, was dazu führt, dass das entsprechende Wissen bestmöglich weitergegeben wird.<BR /><BR /><BR /><b>Von unfairem Geber-Nehmer-Rahmen ausbrechen</b><BR /><BR />Der FIF muss von einem überholten und unfairen Geber-Nehmer-Rahmen loskommen. Dazu müssen die Vertretungsverhältnisse innerhalb seiner formalen Verwaltungsstruktur gleichberechtigt zwischen Ländern mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommen verteilt werden. Außerdem muss es nicht nur einen harten Kern globaler und regionaler Umsetzungsinstitutionen geben – wie die WHO und die Afrika-Zentren für Seuchenkontrolle –, sondern es sollten auch unabhängige Experten aus der gesamten Gesellschaft vertreten sein.<BR /><BR />Um bürokratische Streitigkeiten zwischen weltweiten Verwaltungskörperschaften zu vermeiden, sollte die Schirmherrschaft über den FIF von der Weltbank übernommen werden, und die WHO muss eine führende Rolle bei der Strategieentwicklung und Ausführung spielen. Gleichzeitig müssen beide Organisationen erkennen, dass der beste Weg zum Aufbau von Expertise und Kapazitäten darin besteht, in völlig transparenten Partnerschaften die größtmögliche Beteiligung aller Interessengruppen zu fördern.<BR /><BR />Im Rahmen der diesjährigen G20-Präsidentschaft muss der FIF zur Reife kommen. Aber zunächst müssen sich die Teilnehmer der Frühjahrskonferenzen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds in diesem Monat auf die Finanzierung und die Architektur des Fonds einigen, um zu gewährleisten, dass er die vier oben angegebenen Bedingungen erfüllt.<BR /><BR />Wenn uns die COVID-19-Pandemie eins gezeigt hat, ist es, dass wir eine radikale Richtungsänderung brauchen. Ein klug strukturierter, vollständig finanzierter PPR-Fonds ist ein wichtiger Schritt, um das WHO-Ziel der Gesundheit für alle Menschen zu erreichen.<BR /><BR />Aus dem Englischen von Harald Eckhoff<BR /><BR />Mariana Mazzucato ist Professorin der Ökonomie für Innovationen und Öffentliche Werte am University College London, Gründungsdirektorin des Institute for Innovation and Public Purpose der UCL, und Verfasserin ihres jüngsten Buches Mission Economy: A Moonshot Guide to Changing Capitalism (Penguin Books, 2022). Alan Donnelly, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments, ist Gründer und Moderator der Gesundheits- und Entwicklungspartnerschaft der G20.<BR /><BR />Copyright: Project Syndicate, 2022.<BR /> <a href="https://www.project-syndicate.org/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.project-syndicate.org</a><BR />