„Ich bin nicht ganz zufrieden“, lautete sein selbstkritisches Fazit. „Wenn ich eine Lektion gelernt habe, dann die: Manches dauert eben länger, als wir Unternehmer es gewohnt sind.“ Von Politik und Verwaltung hätte er sich öfter mehr Mut und Tempo gewünscht. Zwar habe sich in einigen Bereichen etwas bewegt, doch die großen „Baustellen“ seien weitgehend dieselben geblieben.<BR /><BR />Er, der – wie UVS-Direktor Josef Negri betonte – stets über den Tellerrand der Industrieinteressen hinausschaute, stellte seine Präsidentschaft unter das Motto „enkeltaugliches Wirtschaften“. Für Oberrauch bedeutet das weit mehr als Klimaschutz: Es geht um eine Wirtschaft, die langfristig tragfähig, sozial verträglich und ökologisch verantwortungsvoll ist. „Wir sind es der Jugend schuldig, dass sie Gestaltungsräume vorfindet – und eine Zukunft, an die man glauben kann.“<h3> Demografischer Wandel als größte Herausforderung</h3>Ganz oben auf seiner Agenda – damals wie heute – steht der demografische Wandel. Für Oberrauch ist er „die größte Herausforderung unserer Zeit“. „Wir steuern sehenden Auges auf dieses Problem zu. Machen wir nicht denselben Fehler wie beim Klima“, mahnte er. „In nicht einmal zehn Jahren müssen 15 Prozent weniger Menschen dieselbe Leistung erbringen wie heute.“<BR /><BR />Die Situation könnte sich weiter zuspitzen – durch sinkende Geburtenraten und zunehmende Abwanderung. Oberrauch verwies auf eine Studie der Fondazione Nordest: Zwischen 2011 und 2023 haben rund 14.000 junge Menschen Südtirol verlassen. „Auf fünf abgewanderte Südtiroler kommt nur eine zugezogene Person aus dem Ausland.“<BR /><BR />Im European Regional Attractiveness Index (ERAI) liegt Südtirol nur auf Platz 120 von 216 Regionen – deutlich hinter Trentino und Nordtirol. Um Südtirol als Arbeitsort attraktiver zu machen, sieht Oberrauch auch die IDM Südtirol gefordert: „Anstatt immer mehr Touristen anzuwerben, sollte IDM verstärkt Südtirol als Arbeitsort promoten und europaweit Fachkräfte anwerben.“<h3> Fachkräfte halten – nicht nur gewinnen</h3>Ein entscheidender Hebel sei dabei auch professionelles Relocation Management: „Ziel ist es, nicht nur Mitarbeiter zu gewinnen, sondern sie langfristig zu halten – indem man ihnen das Ankommen erleichtert.“ Dazu gehöre Hilfe bei Wohnungssuche, Behördenwegen, Sprachkursen oder der Integration der Familie. Denn: Ganz Europa buhle aktiv um Talente. Wer zu langsam sei, verliere.<BR /><BR />Das neue IDM-Statut sei derzeit in Ausarbeitung – eine Chance, Aufgaben neu zu definieren. Und was ist mit der Tourismuswerbung? „Nebensaisonen oder strukturschwache Regionen können schon noch beworben werden, aber darüber hinaus sehe ich keinen großen Bedarf.“ Sein Gedanke auch hier: „Weg vom Mehr, hin zum Besser.“<h3> Strukturelle Reformen</h3>Auch die oft geforderte Spending Review ist für Oberrauch ein Element enkeltauglichen Wirtschaftens – allerdings nicht im Sinne eines reinen Sparprogramms: „Spending Review bedeutet nicht, Leistungen zusammenzustreichen, sondern Strukturen zu hinterfragen.“ Gerade im Gesundheitsbereich gebe es Verbesserungsmöglichkeiten – etwa durch die Vereinheitlichung von IT-Systemen. „Manche Dinge macht man nur, weil man sie immer schon so gemacht hat“, so Oberrauch. Beispiel: Die getrennten Landesabteilungen für Handwerk und Industrie, obwohl beide dieselben Aufgaben erledigen. „Das ist ineffizient.“<h3> Klimaschutz mit wirtschaftlichem Augenmaß</h3>Nachhaltigkeit ist für Oberrauch die zweite große Aufgabe. „Wir müssen wirtschaftliche Prosperität und Klimaschutz unter einen Hut bringen.“ Dass dies gehe, zeige das Beispiel Fotovoltaik: „Man leistet einen Beitrag zum Klimaschutz und Unternehmen können mittel- bis langfristig unabhängiger von Verwerfungen an den Energiemärkten werden.“ In der Förderpolitik könne man in Zukunft ruhig noch konsequenter auf die Aspekte Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz achten. „Investitionen, die diesen Zielen nicht dienlich sind, können ruhig gestrichen werden.“ Unternehmer seien als Teil der Lösung des Klimaproblems zu sehen. <h3> Digitalisierung: Rückstand aufholen</h3>Auch Digitalisierung zählt Oberrauch zu den zentralen Herausforderungen. Doch Südtirol sei hier – wie Italien insgesamt – nicht optimal aufgestellt. „KI, Automatisierung und Co. sorgen für tiefgreifende Veränderungen.“ In der öffentlichen Verwaltung müsse das Thema viel stärker vorangetrieben werden, sie dürfe jedoch kein Selbstzweck sein: „Sie muss spürbare Vorteile für Bürger und Unternehmen bringen – etwa durch effizientere Abläufe, einfacheren Zugang zu Leistungen und bessere Datenvernetzung.“<h3> Der Irap-Erfolg</h3>Zu guter Letzt ging Oberrauch dann doch auf Erreichtes ein: Die Irap, laut dem Unternehmer die „dümmste aller Steuern“, weil sie personalintensive und investitionsfreudige Betriebe bestrafe, sei wieder auf 2,68 Prozent herabgesenkt worden. Zudem lobte er die stets gute Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern im Land. Auch beim Thema Wohnen seien Fortschritte gelungen, wenngleich der Weg hin zu einem funktionierenden Mietmarkt noch länger sei, der nicht zuletzt wichtig sei, um Arbeitskräfte anzuziehen und die Abwanderung einzudämmen. <h3> Ermüdende Tourismusdebatte</h3>Dass die öffentliche Debatte in seiner Amtszeit stark auf den Tourismus fokussiert war, habe ihn nicht gestört. Sehr wohl aber mitunter die Unausgewogenheit der Wahrnehmung. Er warnt davor, den Tourismus als alleinigen wirtschaftlichen Motor zu sehen und andere Wirtschaftsbereiche zu übergehen. „Auch war es wohl nicht immer zielführend, dass der Tourismus laut auf Kritik von außen reagiert hat. Die Branche ist, wie wir alle, auf eine positive Grundhaltung in der Gesellschaft angewiesen.“<h3> Rieper designiert</h3>Das Kapitel Heiner Oberrauch an der UVS-Spitze endet offiziell mit der Wahl seines Nachfolgers am 4. Juni. Designiert wurde Alexander Rieper, der ein Amt übernehmen wird, das auch in den nächsten vier Jahren klare Haltung und Mut zur Veränderung verlangen wird.