Die Digitalwährung Bitcoin ist so teuer wie nie. Das sagt Professor Philipp Sandner dazu, einer der renommiertesten Experten in der Kryptowelt. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Herr Sandner, Bitcoin ist aktuell so viel wert wie niemals zuvor. Was macht die Kryptowährung bei Anlegern so begehrt?</b><BR />Philipp Sandner: Im Wesentlichen geht es da natürlich um das Spiel zwischen Angebot und Nachfrage. Und zwar eine Nachfrage, die weltweit generiert wird, schließlich ist Bitcoin ein globales Asset. Der Hauptgrund für die gestiegene Nachfrage von Bitcoin in westlichen Industrieländern sind derzeit vor allem Inflationssorgen. Bitcoin dient in diesem Fall als Wertaufbewahrungsmittel. In Schwellenländern ohne stabiles Banken- und Finanzsystem liegt der Vorteil von Bitcoin eher darin, Bitcoins ungehindert zu besitzen und zu transferieren. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Nun lässt sich eines nicht von der Hand weisen: die enormen Schwankungen, denen der Bitcoin immer wieder unterliegt. Im Mai lag der Kurs bei rund 63.000 US-Dollar, im Juli unter 30.000 US-Dollar und jetzt bei über 68.000 US-Dollar.</b><BR />Sandner: Es stimmt, die Volatilität ist sehr hoch, was in jungen Märkten, und der Kryptomarkt ist mit einer Historie von rund einem Jahrzehnt ein vergleichsweise junger Markt, durchaus nicht ungewöhnrlich ist. Nichtsdestotrotz sollte man etwas herauszoomen und sich die mittel- bis längerfristige Entwicklung ansehen und die ist eindeutig positiv. Im Grunde erleben wir einen Aufwärtstrend, der seit mittlerweile fast 8 Jahren anhält. Daran ändern auch kurzfristige, mitunter heftige Rücksetzer nichts. Dieser langfristige Aufwärtstrend ist in der ganz langsamen Verbreitung der Technologie begründet.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>Auffällig ist auch, wie massiv der Bitcoin-Kurs auf Nachrichten oder gar Tweets von Tech-Gurus wie Elon Musk reagiert. Ist das gesund?</b><BR />Sandner: Auch das sind letztlich Indizien dafür, dass wir uns beim Bitcoin in einer vergleichsweise frühen Phase befinden. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="705011_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Was macht Bitcoin als Inflationsschutz für viele Anleger so interessant?</b><BR />Sandner: Primär ist es die Knappheit: Die Bitcoinmenge ist auf 21 Millionen begrenzt. Das heißt, wenn die Nachfrage steigt, klettert direkt der Preis nach oben. Gold funktioniert ähnlich, die Menge ist auch begrenzt, aber nicht ganz so streng wie beim Bitcoin, weil Jahr für Jahr kleinere Mengen dazukommen, im Schnitt sind es 1,6 Prozent. Der große Vorteil von Gold liegt für vor allem ältere Anleger darin, dass man es anfassen kann, es also als physischer Wert existiert. Die Menge von Bitcoin ist hingegen durch ein Computerprogramm limitiert.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>Hat Bitcoin das Zeug dazu, Gold den Rang abzulaufen?</b><BR />Sandner: Aktuell ist es so, dass Bitcoin eine Marktkapitalisierung von 1300 Milliarden US-Dollar aufweist, Gold liegt bei rund 12.000 Milliarden. Das ist insofern erstaunlich, dass Bitcoin ja eine sehr kurze Geschichte besitzt, Gold hingegen seit Jahrhunderten als Wertaufbewahrungsmittel dienen. Ich halte es durchaus für möglich, dass Bitcoin zum Gold der Zukunft werden könnte. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Was sehen Sie als größte Gefahr für den Bitcoin: Fürchten Sie eher ein Verbot oder eine Stigmatisierung wegen des hohen Energieverbrauchs, der beim „Schürfen“ des digitalen Assets erforderlich ist?</b><BR />Sandner: Ein Verbot schließe ich zumindest in Europa und den USA aus heutiger Sicht aus. Man darf auch nicht vergessen, wieviel Innovationskraft in der Kryptowelt jenseits von Bitcoin steckt.<BR />Mit einem Verbot würde man diese Entwicklungen einbremsen. Auch ein digitaler Euro oder ein digitaler US-Dollar steht nicht in Konkurrenz zu Bitcoin. Euro und Bitcoin sind zwei grundverschiedene Assets, wir haben ja auch Euro auf dem Konto und Gold im Tresor. Der Energieverbrauch könnte hingegen tatsächlich zu einer Herausforderung für Bitcoin werden, auch wenn die Energie mittlerweile mehrheitlich, also zu 60 bis 65 Prozent, von erneuerbaren Quellen stammt. Dass Bitcoin aufgrund der Energieproblematik aber verschwinden könnte, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Bitcoin wird noch viele Jahre und Jahrzehnte existieren.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>An manchen Kryptobörsen sind bis zu 10.000 verschiedene Digitalwährungen gelistet. Könnte Bitcoin verdrängt werden?</b><BR />Sandner: Es gibt in der Tat sehr viele Kryptowährungen, aber Bitcoin und auch die Nummer 2 am Markt, Ethereum, werden nicht so leicht zu verdrängen sein. Darum rate ich jedem konservativen Krypto-Anleger, bei den Platzhirschen zu bleiben: Bitcoin in seiner Rolle als Wertaufbewahrungsmittel, Ethereum wegen der weltweiten Infrastruktur, die bereits von vielen Anwendern genutzt wird. Natürlich gibt es noch weitere interessante Projekte in der Kryptowelt, allerdings sollte man sich vorher schon genau überlegen, worin man da investiert. Es gibt unter den verschiedenen Kryptowährungen Projekte, die ein Team von Entwicklern, eine Community und eine Vision sowie im besten Falle einige Use Cases vorzuweisen haben und es gibt solche, die am Ende nichts als Betrügereien sind oder Scherz-Projekte wie Dogecoin oder Shiba Inu. Von Letzteren würde ich mich fernhalten. <BR /><BR /><BR /><BR /><b>Welche weiteren Einsteigertipps hätten Sie für Anleger, die bis dato noch nie in Kryptowährungen investiert haben?</b><BR />Sandner: Man sollte damit rechnen, dass der Markt auch weiterhin volatil bleiben wird, auch wenn die Schwankungen künftig vielleicht etwas weniger extrem ausfallen könnten. Zudem empfehle ich, niemals nur auf Kryptowährungen zu setzen. Durch die Inflation hat es keinen Sinn, Euros zu bunkern, die dann immer weniger wert werden. Vielmehr gilt es diversifiziert zu investieren, in Aktien, Immobilien, Bitcoin usw. Ganz wichtig ist, wenn man sich für ein Investment in Kryptowährungen interessiert, nur bei Börsen zu kaufen, die zum Beispiel durch die BaFin in Deutschland oder die SEC in den USA geprüft wurden. Es gibt nämlich auch unter den Kryptobörsen einige schwarze Schafe.<BR /><BR /><BR /><BR /><b>Wagen wir zum Abschluss einen Blick in die Glaskugel: Wird sich Bitcoin in den nächsten 5 Jahren eher bei 10.000 US-Dollar oder bei einer Million bewegen?</b><BR />Sandner: Ich halte beide Zahlen für eher unrealistisch. Wenn wir aber davon ausgehen, dass die Inflationsraten in den nächsten Jahren höher sein werden als in den zurückliegenden, dann denke ich, dass die Preise vom jetzigen Niveau aus gesehen steigen werden, 200.000 US-Dollar erachte ich als möglichen Zielwert in diesem Zeithorizont.