Kapitän Jean-Claude Trichet geht in extrem turbulenten Zeiten von Bord. Mitten in der europäischen Schuldenkrise, die längst Erinnerungen an den tiefen Sturz der Weltwirtschaft nach der Lehman-Pleite 2008 hervorruft, leitet der Franzose am kommenden Donnerstag (6. Oktober) letztmals eine EZB-Ratssitzung. So viel ist sicher: Die Notenbank bleibt im Krisenmodus und muss mal wieder Feuerwehr spielen.Ob die Währungshüter aber den Rückwärtsgang einlegen und ihre jüngsten Zinserhöhungen von 1,0 auf nun 1,5 Prozent zurücknehmen, ist fraglich.Und das obwohl die Märkte Zinssenkungen bereits einpreisen und immer mehr Ökonomen angesichts der Rezessionsgefahren eine lockerere Geldpolitik fordern, um die Konjunktur anzukurbeln: Zwar ließ der Preisdruck zuletzt nach, aber die Inflationsrate im Euroraum bleibt deutlich über dem Zielwert der Notenbank von knapp unter 2,0 Prozent.Und Trichet wird nicht müde zu betonen: „Wir haben nur eine Nadel im Kompass. Wir müssen Preisstabilität garantieren.“Allerdings hatte Trichet schon im September von nachlassenden Inflationsgefahren gesprochen. Auch Janet Henry von HSBC in London sieht den Preisdruck auf dem Rückzug. Stattdessen habe sich der Ausblick rasant verschlechtert: „Die Rezessionsgefahren haben enorm zugenommen.“Daher passe ein Leitzins von 1,5 Prozent inzwischen anders als noch vor einem Monat nicht mehr ins Bild.Doch auch ohne Zinsschritt wird der Notenbank-Präsident zum Abschied wohl nochmals neue außergewöhnliche Rettungsmaßnahmen ankündigen. „Momentan ist die EZB die einzige Institution, die das System stabilisieren kann“, sagte die Sachverständige Beatrice Weder di Mauro kürzlich der „Financial Times Deutschland“.Dabei dürfte es vor allem um neue Liquidität für Geschäftsbanken gehen, deren Vertrauen zueinander derzeit wie in der Finanzkrise 2008 schwindet. Das zeigen die großen Summen, die die Finanzinstitute derzeit bei der EZB hinterlegen, anstatt das Geld für höhere Zinsen an eine andere Bank zu leihen: Dieses Verhalten gilt als klares Indiz für die Sorge, die andere Bank könnte in eine Schieflage geraten und das Geld nicht zurückzahlen.Dabei dürfte auch die Angst vor den Folgen einer möglichen Staatspleite auf die Banken eine Rolle spielen. Angesichts der erhöhten Spannungen im europäischen Bankensystem wird zudem erwartet, dass die EZB wieder am Markt für Pfandbriefe intervenieren wird.apa/dpa/reuters/afp