Am Donnerstag hat die Zentralbank der Eurozone zum achten Mal die Zinsen gesenkt. Der für Banken und Sparer wichtige Einlagenzins sank um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent. Damit hat die Notenbank den Einlagenzins seit Beginn der Zinssenkungen im vergangenen Sommer halbiert. Zugleich nahm die EZB den Refinanzierungssatz (Refi-Satz), zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, um ebenfalls 0,25 Prozentpunkte, von 2,4 Prozent auf 2,15 Prozent zurück.<BR /><BR />Die Notenbankchefin hielt sich aber auch die Tür für weiter sinkende Zinsen offen und machte abermals deutlich, dass künftige geldpolitische Entscheidungen von der Entwicklung der Konjunkturdaten abhängig seien. An den Finanzmärkten wird derzeit zwar noch mit einer weiteren Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte gerechnet, wobei die Zinssenkung am Markt nicht mehr voll eingepreist ist<BR /><BR />Am Devisenmarkt reagierte der Euro mit Kursgewinnen auf die Aussagen von Lagarde. Im Handel mit dem US-Dollar legte der Kurs deutlich zu und erreichte bei 1,1495 Dollar ein Tageshoch. Dabei ist der Wirtschaftsausblick der Eurozone nach Einschätzung der EZB leicht eingetrübt. Umfragedaten sprächen insgesamt für etwas schlechtere Aussichten, sagte Lagarde am Donnerstag nach dem Zinsbeschluss. Im Zusammenhang mit dem internationalen Zollkonflikt hätten Vorzieheffekte zwar dafür gesorgt, dass die Industrie gestärkt worden sei. Doch habe der mehr auf den Binnenmarkt ausgerichtete Servicesektor an Fahrt verloren.<BR /><BR />„Höhere Zölle und ein stärkerer Euro dürften es Unternehmen erschweren, zu exportieren“, sagte Lagarde. Hohe Unsicherheit laste überdies auf den Investitionen. Doch sorgten einige Faktoren dafür, dass die Wirtschaft widerstandsfähig bleibe und das Wachstum mittelfristig gesichert bleiben dürfte. Dazu zählten ein starker Arbeitsmarkt, steigende Realeinkommen, robuste Unternehmensbilanzen und lockerere Finanzierungsbedingungen. Dies sei teilweise auch auf die Zinssenkungen der EZB zurückzuführen.<h3> Wohl nur wenig Wachstum im Euroraum</h3>Die EZB traut der Wirtschaft im Euroraum heuer nur wenig Wachstum zu. Trotz des anhaltenden Zollstreits mit den USA bleiben die Euro-Währungshüter jedoch bei ihrer Prognose von 0,9 Prozent aus dem März, wie die Notenbank mitteilte. Für 2026 erwartet die EZB nun einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Euroraum um 1,1 Prozent. Im März war die Prognose mit 1,2 Prozent noch etwas optimistischer. Für mehr Wachstum dürften die geplanten Verteidigungsausgaben in Europa in Milliardenhöhe sorgen. Für 2027 sagt die Notenbank unverändert 1,3 Prozent Wachstum voraus.<BR /><BR />Die Inflation im Euroraum wird nach Einschätzung der Notenbank dagegen schneller zurückgehen als zuletzt erwartet. Für das laufende Jahr rechnet die EZB mit einer Inflationsrate von 2,0 Prozent. Im März hatte die EZB noch 2,3 Prozent prognostiziert. Für 2026 erwartet die EZB nun einen durchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise im Euroraum von 1,6 Prozent statt wie zuvor 1,9 Prozent. Für 2027 sagt die Notenbank eine Jahresinflation von 2,0 Prozent voraus.<h3> Lagarde will nicht vorzeitig aus dem Amt zu scheiden</h3>Lagarde betonte auch, dass sie ihre Amtszeit zu Ende bringen will. Sie habe nicht vor, vorzeitig aus dem Amt zu scheiden, sagte Lagarde am Donnerstag auf der Pressekonferenz in Frankfurt nach dem Zinsbeschluss. Ihre Zukunft sei viel weniger wichtig als die Zukunft der Wirtschaft und der Geldpolitik. <BR /><BR />„Ich kann Ihnen sehr deutlich sagen, ich war immer fest entschlossen und bin es vollkommen, meine Aufgabe zu erfüllen,“ sagte sie. „Und ich bin entschlossen, meine Amtszeit zu beenden“, fügte sie hinzu. Die achtjährige Amtszeit der 69-Jährigen an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) endet am 31. Oktober 2027.<BR /><BR />Die „Financial Times“ hatte vor kurzem den Gründer des Weltwirtschaftsforums WEF in Davos, Klaus Schwab, damit zitiert, Lagarde habe mit ihm zuletzt im April in Frankfurt den Führungswechsel beim WEF besprochen. Er werde Chairman bleiben, bis Lagarde bereit sei zu übernehmen, spätestens Anfang 2027. Das Gespräch soll Anfang April stattgefunden haben.