Strom und Gas werden in Italien und damit auch in Südtirol merklich teurer. Das sind die Hintergründe. <BR /><BR /><BR />Der Strompreis ist an der italienischen Strombörse in der vergangenen Woche gegenüber der Vorwoche um 17 Prozent auf durchschnittlich 163 Euro je 1000 Kilowattstunden in die Höhe geschnellt. <BR /><BR />Der Auslöser für diesen Preisanstieg ist die zunehmende Verteuerung des Erdgases, weil die Lieferungen nicht mit dem unerwartet starken Wirtschaftswachstum in heurigen Jahr Schritt halten. Besonders Russland, von wo der Großteil der Erdgasversorgung der EU stammt, liefert deutlich weniger als erforderlich. Italien erhält zwar auch Erdgas über Pipelines aus Algerien, Libyen und bald auch über die Tap-Pipeline aus Aserbaidschan am kaspischen Meer, aber der Hauptlieferant für die gesamte EU bleibt weiterhin Russland.<BR /><BR /><b>Erdgaslager nicht gefüllt</b><BR /><BR />Seit Beginn des Jahres haben sich die Erdgaspreise verdoppelt und die Preissteigerung könnte mit dem Beginn der kalten Jahreszeit weiter anhalten. Gerade im Winter könnte es zu Lieferengpässen für Haushalte und Betriebe kommen, weil die Erdgaslager heuer wegen der kalten Witterung im Frühjahr unzureichend aufgefüllt wurden. <BR /><BR />Als Lager dienen erschöpfte Erdgaslagerstätten, die im Sommer gefüllt und im Winter erforderlich sind, um eine ungestörte Versorgung der Kunden zu gewährleisten.<BR /><BR />Auch mit Importen von verflüssigtem Erdgas aus Katar und anderen Exportländern einschließlich den USA kann die negative Entwicklung nicht gestoppt werden. In Europa verfügt man nämlich nur über unzureichende Entladestationen für verflüssigtes Erdgas und außerdem haben China, Südkorea und Japan sich bereits den Großteil der Lieferungen zu sehr hohen Preisen gesichert.<BR /><BR /><b>Teures Erdgas, teurer Strom</b><BR /><BR />Teures Erdgas verteuert in vielen Fällen auch die Stromproduktion. In Italien stammt nämlich ein großer Teil der Stromerzeugung aus thermischen Kraftwerken, die vorwiegend mit Erdgas betrieben werden. Zwar haben großzügige Fördermaßnahmen dazu geführt, dass zahlreiche Fotovoltaik- und Windkraftanlagen zusammen mit den Wasserkraftwerken inzwischen fast 40 Prozent des italienischen Strombedarfs decken, doch ohne Gaskraftwerke und beachtliche Stromimporte könnte die Versorgung von Industrie und anderer Wirtschaftszweigen sowie der Haushalte nicht gewährleistet werden.<BR /><BR /><b>Viel für Emissionen bezahlen</b><BR /><BR />Zur Verteuerung der Stromproduktion in Gaskraftwerken trägt neben dem Preisanstieg beim Erdgas auch die starke Verteuerung der CO2-Zertifikate bei. Um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu fördern, müssen Anlagenbetreiber, die fossile Brennstoffe (Erdgas, Erdöl und Kohle) einsetzen, Emissionszertifikate bei den Versteigerungen durch die EU-Kommission erwerben. Werden zusätzliche solche „Verschmutzungsrechte“ benötigt, kann man sie auf dem Markt zukaufen. Für eine Tonne des Treibhausgases Kohledioxid mussten zu Beginn des Jahres rund 30 Euro bezahlt werden. Inzwischen ist der Preis der Emissionszertifikate auf über 60 Euro gestiegen. Kraftwerksbetreiber, die über zu wenig CO2-Zertifikate verfügen, müssen die benötigten Zertifikate kaufen oder die Leistung des Kraftwerks drosseln.<BR /><BR /><b>„Fit for 55“</b><BR /><BR />Die EU-Kommission hat ein ehrgeiziges Ziel zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen vorgeschlagen. Mit dem „Fit for 55“-Paket soll durch Maßnahmen in den Bereichen Klima, Energie, Verkehr und Steuern erreicht werden, dass bis 2030 die jährlich emittierten Treibhausgase um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden.<BR /><BR /> Für die Stromerzeugung bedeutet das, dass bis 2030 mindestens 70 Prozent der Elektrizität mit Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden sollte. Das würde aber riesige Investitionen besonders in Fotovoltaik- und Windkraftanlagen erfordern, die auch wesentlich beschleunigt durchgeführt werden sollten. <BR /><BR />Sauberer Strom hätte unter anderem den Vorteil, dass wesentlich weniger für Importe von Erdgas und Erdöl ausgegeben werden müsste. Doch die durch großen Energieverbrauch gekennzeichneten Wirtschaftszweige machen sich bereits große Sorgen, dass die „Fit for 55“-Maßnahmen ihre Produktionskosten stark erhöhen könnten. Sie befürchten so, dass sie nicht mehr der Konkurrenz von außerhalb der EU gewachsen wären. Dies gilt besonders für die Stahlerzeugung sowie die Produktion von Zement, Kunstdünger und Keramikwaren.<BR /><BR /> Die angestrebte starke Senkung der Treibhausgase dürfte deshalb noch zu harten Auseinandersetzungen im Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs führen, der sich schon bald mit diesem Thema befassen wird.