<BR /><BR /><b>Ein häufiger Grund, der viele Interessierte vom Kauf eines E-Autos abhält, ist der befürchtete hohe Wertverlust – also die Sorge, später beim Wiederverkauf deutlich weniger zu bekommen. Wie realistisch ist diese Sorge?</b><BR />Matthias Vogt: Tendenziell ist der Wertverlust bei E-Autos noch höher als bei Verbrennerfahrzeugen. Bei neueren Modellen am Gebrauchtwagenmarkt sind jedoch keine eklatanten Unterschiede mehr zu beobachten. Insgesamt hängt der Wiederverkaufswert weniger vom Antriebskonzept, also E-Auto oder Verbrenner, ab, sondern deutlich stärker vom konkreten Modell. Es gibt Fahrzeuge, die sehr stabil im Wert bleiben, andere verlieren deutlicher – das betrifft übrigens auch Verbrenner. Fahrzeugklasse, Modellwechsel, Marken- und Modellimage und Nachfrage spielen hier eine entscheidende Rolle.<BR /><BR /><b>Auch Förderungen dürften den Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos maßgeblich beeinflussen…</b><BR />Vogt: Förderprogramme beeinflussen die Preisstruktur – fällt die Förderung weg, sinkt oft die Nachfrage nach Neufahrzeugen und das drückt indirekt auch die Gebrauchtpreise. Allerdings sehen wir schon, dass sich langsam, aber sicher ein attraktiver Gebrauchtwagenmarkt etabliert.<BR /><BR /><b>Für wen könnte ein gebrauchtes E-Auto eine interessante Option sein?</b><BR />Vogt: Ich würde sagen, dass es grundsätzlich für sehr viele eine valide Option sein kann. Der Gebrauchtkauf wird immer interessanter – gerade bei Fahrzeugen, die fünf bis sechs Jahre alt sind. Viele dieser Fahrzeuge sind heute voll alltags- und sogar langstreckentauglich, beispielsweise ein VW ID.3 oder ID.4 oder auch ein Tesla Model 3, jeweils aus den Baujahren 2019 bis 2021. Damit bekommt man bereits moderne E-Autos mit ausgereifter Technik, aktueller Sicherheitsausstattung und ordentlicher Ladeleistung. Grundsätzlich sollte man darauf achten, dass das Fahrzeug nicht zu alt ist – denn bei zu frühen Modellgenerationen sind Reichweite, Ladegeschwindigkeit oder Softwarestand oft nicht auf heutigem Niveau. Wer allerdings maximale Reichweite oder modernste Technik erwartet, sollte vielleicht eher zum Neuwagen greifen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1186329_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Worauf sollte man beim Kauf eines gebrauchten E-Autos besonders achten?</b><BR />Vogt: Das zentrale Bauteil ist natürlich die Antriebsbatterie – sie ist das teuerste Einzelteil im Fahrzeug. <BR /><BR /><b>Wie kann ich erkennen, ob die Batterie noch passt?</b><BR />Vogt: Die Batterie lässt sich gut prüfen – im Gegensatz zu einem Verbrennungsmotor, der oft ein schwarzes Loch ist. Ausgelesene Daten liefern den „State of Health“, also den aktuellen Zustand der Batterie im Vergleich zum Ursprungswert. Wer die Batterie pfleglich behandelt hat – sprich: moderates Laden, möglichst keine dauerhafte Vollladung oder Tiefentladung –, kann oft mit einem sehr guten Batteriezustand rechnen. Und: Ein Blick ins Wartungsheft ist unerlässlich – denn viele Garantiebedingungen setzen eine regelmäßige Wartung voraus. Als Industriestandard hat sich eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometern in der Praxis durchgesetzt.<BR /><BR /><b>Wo kann ich konkret den „Gesundheitszustand“ der Batterie messen lassen, und was wären gute Werte?</b><BR />Vogt: Ein spezialisierter Gebrauchtwagen-Check oder die Auslesung durch ein Diagnosegerät bei einer Werkstätte mit Mitarbeitern, die geschult im Umgang mit E-Autos sind, zeigt den „State of Health“. Zwischen 85 und 95 Prozent Restkapazität ist in der Praxis absolut üblich – auch bei Fahrzeugen mit 100.000 Kilometern Laufleistung. Defekte kündigen sich in der Regel durch Zellabweichungen an und sind oft früh erkennbar.<BR /><BR /><b>Wie lang ist die durchschnittliche Lebensdauer heutiger Traktionsbatterien?</b><BR />Vogt: Eine schonend genutzte Batterie kann problemlos zehn bis 15 Jahre halten. Größere Akkus haben zudem im Vergleich zu ganz kleinen einen Vorteil: Sie müssen seltener geladen werden, was ihre Lebensdauer erhöht. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-70541064_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Ist die Batterie dann doch einmal defekt – bin ich gleich ein Vermögen los?</b><BR />Vogt: Zunächst muss geklärt werden, was genau defekt ist. In den meisten Fällen reicht es, einzelne Module oder Zellen zu tauschen – das ist deutlich günstiger als ein Kompletttausch und bewegt sich im niedrigen vierstelligen Bereich. Nur in seltenen Fällen muss wirklich die gesamte Batterie ersetzt werden – das kann dann fünfstellige Beträge kosten – also ab 10.000 Euro. Insgesamt sehen wir aus zahlreichen Praxis-Tests, dass die Batterie wesentlich verschleißärmer ist als noch vor Jahren angenommen. Die Horrorvorstellungen, die sich nach wie vor mancherorts hartnäckig halten, können wir nicht bestätigen.<BR /><BR /><b>Worauf sollte ich bei E-Autos am Gebrauchtwagenmarkt sonst noch achten?</b><BR />Vogt: Auch ein E-Auto ist ein Auto, das heißt, klassische Verschleißteile wie Lager, Achsgelenke oder Bremsen sollte man bei gebrauchten E-Autos nicht vernachlässigen. Letztere verschleißen durch Rekuperation zwar weniger, können aber durch Rost beeinträchtigt sein – das sollte man sich genau anschauen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1186332_image" /></div> <BR /><BR /><b>Blicken wir zum Schluss noch auf den Entwicklungsstand bei E-Autos: Wie weit sind wir – ist der Übergang vom Handy zum Smartphone schon passiert oder muss er erst noch kommen?</b><BR />Vogt: Ich würde sagen: Der große Technologiesprung – also der Übergang vom Handy zum Smartphone, wie Sie es umschreiben – hat bei E-Autos bereits stattgefunden. Jetzt geht es um kontinuierliche Verbesserungen: mehr Energiedichte, schnelleres Laden, geringerer Verschleiß. Die Sprünge sind mittlerweile nicht mehr so groß, vergleichbar mit jener von einer zur nächsten Smartphone-Generation. Diese Evolution ist wichtig, aber weniger dynamisch als noch vor einigen Jahren.<BR /><BR /><b>Warum tun sich E-Autos in einigen Ländern Europas, darunter Deutschland und Italien, noch schwer, in der Breite akzeptiert zu werden?</b><BR />Vogt: Das hängt sicher mit den noch immer verbreiteten Vorurteilen zusammen. Da hilft eigentlich nur Aufklärung und selbst ausprobieren. Das heißt nicht, E-Autos zu idealisieren, sondern darzulegen, was sie heute können und wo ihre spezifischen Besonderheiten liegen. In einigen Jahren wird man darüber deutlich weniger reden müssen, weil jeder direkt oder indirekt Erfahrungen mit E-Autos gemacht haben dürfte. Erst vergangene Woche kam mein Nachbar zu mir und schwärmte von seinem neuen E-Auto, es sind persönliche Erfahrungen wie diese, die die flächendeckende Akzeptanz vorantreiben werden.