Der Präsident der Önologen, Stephan Filippi und Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler haben für s+ die aktuelle Lage eingeschätzt.<BR /><BR />Kellermeister vom Brenner bis in die Toskana haben derzeit vor allem eines gemeinsam: Die Bestände in den Weinkellern werden sichtlich weniger. Das liege zunächst an der hohen Qualität des Weins, ist Stephan Filippi, Präsident der Önologen und Kellermeister der Kellerei Bozen, überzeugt: „Wir haben derzeit einen großen Jahrgang im Keller, nicht nur bei den Weißweinen, sondern auch beim Vernatsch, dem Magdalener oder beim Lagrein.“ <BR /><BR /><embed id="dtext86-54968061_quote" /><BR /><BR />Dass sich qualitativ hochwertige Weine gut verkaufen, sei natürlich zu erwarten – „dann wird auch die Flasche schneller leer“, weiß Filippi. „Dass wir nach der Pandemie allerdings so gut durchstarten, haben wir uns nicht erwartet – das war schon überraschend.“ Grund dafür sei hauptsächlich die Rückkehr der Touristen. Es zeige aber auch, dass der Wein ein gutes Image habe: „Er gehört mittlerweile offensichtlich einfach zum guten Lebensgefühl dazu“, ist Filippi überzeugt. <BR /><BR />Noch bestehe kein Grund zur Sorge: Dass eine Sorte tatsächlich zur Neige geht, sollte frühestens im Herbst oder noch wahrscheinlicher zur Weihnachtszeit eintreten. Und auch dann würde es vermutlich vor allem Premium- oder Selektionslinien betreffen. <h3> Mehrmonatige Lücke im Sortiment möglich</h3>„Je nachdem, wie der Sommer verläuft, kann es schon sein, dass es dann 2 oder 3 Monate lang eine bestimmte Sorte Wein einfach nicht mehr gibt“, so Filippi. Denn zu diesem Zeitpunkt ist der Jahrgang 2022 aller Voraussicht nach noch nicht abfüllbereit. Problematisch sei das nicht, im Gegenteil: „Wir sind froh, wenn wir unsere Produkte verkaufen. Das heißt, wir haben vielleicht alles richtiggemacht.“ Auch Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbunds und der Kellerei Tramin, schlägt in dieselbe Kerbe: „Es könnte zwar sein, dass es schwierig wird, unsere Kunden konstant zu versorgen. Schlimmer wäre es aber, wenn wir Wein übrig hätten.“ <BR /><BR /><embed id="dtext86-54968064_quote" /><BR /><BR />Natürlich wäre es wünschenswert, reibungslos und ohne Ausfälle von einer Saison in die nächste überzugehen. „Aber der Wein ist eben ein Naturprodukt, er ist nicht vermehrbar und wächst, wie er wächst.“ Bleiben Herr und Frau Südtirol um Weihnachten also auf dem Trockenen? Nein, betont Kellermeister Filippi: „Wir passen schon auf, dass das nicht passiert. Die Betriebe wissen, wie sie mit der Situation umgehen müssen. Der Verkauf wird einfach präziser eingeteilt, auch beim Export wird das berücksichtigt. Und dass eine Sorte einmal ein paar Monate lang nicht erhältlich war, hat es auch schon in der Vergangenheit gegeben.<BR /><BR /> Ob sich die Keller bis zum Jahresende tatsächlich so leeren, wie derzeit vermutet, sei natürlich noch nicht absehbar – genauso wenig, ob sich der Trend der leeren Keller auch in den kommenden Jahren wiederholen könnte. „Man muss ja auch die derzeitige Inflation berücksichtigen: Die Leute haben weniger Geld zur Verfügung, und das werden wir auch beim Wein spüren“, so Filippi. „Ich würde behaupten: Wenn wir nächstes Jahr um diese Zeit dieselbe Knappheit beim Wein haben wie heuer, haben wir die Inflationskrise gut überstanden.“