Der Plan der Stadtverwaltung von Paris sieht vor, dass für SUV und andere schwere Autos eine Stunde Parken im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise 6 Euro kosten soll und in den Außenbezirken 12 Euro statt 4 Euro. Für 6 Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig. Die neue Regelung soll ab dem 1. September dieses Jahres greifen. Abgesegnet haben das harte Durchgreifen die Bewohner der französischen Hauptstadt im Rahmen einer Bürgerbefragung. <BR /><BR /><b>Herr Reiterer, hat es Sie überrascht, dass sich eine Mehrheit für die höheren Parkgebühren für SUV aussprach?</b><BR />Harald Reiterer: Sagen wir es so, ich finde das Abstimmungsergebnis hochinteressant. Es beweist, dass Bürger sehr wohl imstande sind, den Bereich Mobilität differenziert zu betrachten. Und offenbar hat sich das Bewusstsein durchgesetzt, dass öffentlicher Raum in Innenstädten knapp und wertvoll ist – wer mehr Raum in Anspruch nimmt, muss auch mehr zahlen. Diesem Grundsatz kann auch ich sehr viel abgewinnen, auch wenn sich die Frage stellt, ob eine derart starke Erhöhung verhältnismäßig ist. <BR /><BR /><b> Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Inovev sind die Autos europäischer Hersteller heute um 7 cm höher, 10 cm breiter und 20 cm länger als noch im Jahr 2000. </b><BR />Reiterer: Das ist vor allem das Ergebnis des SUV-Trends. Stadtgeländewagen sind zudem hauptverantwortlich dafür, dass trotz effizienterer Motoren und dem Aufkommen alternativer Antriebsformen, die Emissionen durch den Individualverkehr in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen sind. SUV werden seit ihrer Erfindung in den allermeisten Fällen nicht für den Einsatz im Gelände erworben; wenn Maßnahmen wie erhöhte Parkgebühren oder noch höhere Steuern für verschmutzende Fahrzeuge dazu beitragen, dass man das eigene Kaufverhalten hinterfragt, in der Familie auf das Zweit- oder gar Drittauto verzichtet und stattdessen das neue E-Carsharing nutzt oder zumindest den eigenen SUV öfter mal zuhause lässt, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Innenstädte zu kommen, hat man schon viel erreicht. Einen Aspekt haben wir bislang noch gar nicht angesprochen...<BR /><BR /><embed id="dtext86-63412551_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Nämlich?</b><BR />Reiterer: SUV, die im Innenstadtbereich parken, brauchen nicht nur mehr Raum, sie ragen manchmal auch über die eingezeichneten Parkflächen hinaus und werden dadurch zum Hindernis für andere Verkehrsteilnehmer. Es geht also beim Thema SUV auch um die Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger. Wie weit das SUV-Phänomen greift, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Deutschland: Dort wird darüber diskutiert, ob man die Fahrspuren auf Autobahnen wegen immer größerer Autos verbreitern soll, damit die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gewahrt bleibt - und Parkplätze könnten in Zukunft 15 cm breiter werden. Eine durchaus fragwürdige Entwicklung, finde ich. <BR /><BR /><b>Könnten Sie sich das Pariser Modell auch für Südtirol vorstellen?</b><BR />Reiterer: Mobilität ist ein sehr dynamisches Feld, und gerade in Sachen nachhaltige Mobilität wird sich in Zukunft noch viel tun. Auch wissen wir, dass es eine Mischung aus „Push & pull“ braucht, also aus Anreizen und Hürden. Prinzipiell sind die Argumente, die für die Pariser Innenstadt gelten, dieselben wie für die Städte in Südtirol. Ich könnte mir eine höhere Parkgebühr für SUV also durchaus vorstellen. <BR /><BR /><b>Wie glauben Sie, würden die Bürger bei einer Befragung in den Städten abstimmen?</b><BR />Reiterer: Das ist eine interessante Frage. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre, würde ich sagen, dass die Erfolgsaussichten für einen derartigen Vorschlag wohl in Brixen und Bruneck am größten wären. In Meran und Bozen wäre ich hingegen skeptisch, dort war man zuletzt eher dazu geneigt, althergebrachte Ansätze in Sachen Mobilität vorzuziehen. Vom Prinzip her wird aber nirgends ein Weg daran vorbeiführen, dass Fahrzeuge, die weniger Fläche verbrauchen und weniger Emissionen ausstoßen, bevorzugt behandelt werden. Das Ergebnis ist eine Verkehrsentlastung der Innenstädte. <BR />Dass eine solche Beruhigung Vorteile hätte, steht denke ich außer Frage. Die Lebensqualität für die Bewohner steigt, ohne dass es Nachteile für die Wirtschaft gäbe – ganz im Gegenteil. In meinen Vorträgen erwähne ich gerne das Beispiel Bozen: Vor einigen Jahrzehnten war der ganze Waltherplatz mit Autos zugeparkt, heute kann sich das kaum jemand mehr vorstellen. Ein Beweis, dass Entwicklung in Sachen Mobilität auch in Vergangenheit bereits erfolgt ist, nur eben in kleinen Schritten. Die eigene Bequemlichkeit zu überwinden und Gewohnheiten aufzugeben, ist nie leicht.